Der Einzug von Osiander ins Modehaus Ruof in Balingen wird nicht überall gern gesehen. Foto: Maier

Geschäftsführer reagiert auf Leserbriefe: "Zahlen Gewerbesteuer in Balingen - das bringt der Stadt schönes Plus."

Balingen - Dass der Buchhändler Osiander in Balingen eine Filiale eröffnet, sorgt seit Bekanntwerden im Frühjahr für Diskussionen. Nun, wenige Wochen vor der Eröffnung, meldet sich Hermann-Arndt Riethmüller, Seniorchef und Mitglied der Geschäftsführung des Tübinger Unternehmens, zu Wort.

Anlass sind Leserbriefe, insbesondere der von Peter Seifert, der in unserer Zeitung am 7. September "ernste Fragen zur Osiander-Eröffnung" gestellt hatte. Seifert befürchtet, wie andere auch, dass große Filialisten wie Osiander die Angebotsvielfalt in Balingen zerstören könnten, dass die Stadt durch Osiander nicht reicher, sondern ärmer werde, auch deshalb, weil möglicherweise bisher angestammte Buchhandlungen angesichts der Konkurrenz schließen müssen. Insbesondere hatte Seifert darauf verwiesen, dass die Gewerbesteuer der derzeitigen, inhabergeführten Balinger Buchhandlungen "mit Sicherheit" höher ausgefallen sei als das, was Osiander zukünftig der Balinger Stadtkasse einbringen werde.

Der geschäftsführende Gesellschafter Hermann-Arndt Riethmüller sagt dazu mit Blick aufs Geld: "Das Gegenteil ist richtig: Osiander wird der Stadt ein schönes Plus an Gewerbesteuer einbringen."

Dafür, so Riethmüller, sorge das Gewerbesteuergesetz. Danach werde die Gewerbesteuer aus dem Gewerbeertrag errechnet, der sich aus dem Unternehmensgewinn und den Zurechnungen zusammensetzt, zu denen Zinsen und Mieten gehören. Laut Riethmüller bezahlen viele kleine angestammte Buchläden praktisch überhaupt keine Gewerbesteuer, weil sie auch keinen Gewinn machen.

Riethmüller bezieht sich dabei auf eine Statistik, wonach der Gewinn bei Buchhandlungen mit bis zu zehn Mitarbeitern im Jahr 2011 0,6 Prozent des Umsatzes betrug. Zudem gebe es für solch kleinen Buchhandlungen keine Zurechnungen, weil hier pro Unternehmen ein Freibetrag von 100 000 Euro gelte. "Eine Buchhandlung mit einer Million Umsatz und einer Miete von 24 000 Euro pro Jahr zahlt also keine Gewerbesteuer, weil kein Gewinn anfällt und die Zurechnungen dank des Freibetrags keine Rolle spielen", so Riethmüller.

Riethmüller geht Wette und Verpflichtung ein

Ganz anders sehe es dagegen bei Osiander aus: Mit einem Gewinn von 2,5 Prozent vor Steuern und Zurechnungen von mehr als zwei Millionen Euro betrage der Gewerbeertrag fast 2,5 Millionen Euro. Dieser Gewerbeertrag werde entsprechend den auf die Gemeinden entfallenden Lohnsummen verteilt. In Balingen rechne Osiander mit einem Umsatz von zwei Millionen Euro, der durchschnittliche Lohnsummenanteil aller Osiander-Buchhandlungen liege bei etwa 16 Prozent. Angesichts des aktuellen Balinger Gewerbesteuer-Hebesatzes von 350 werde Osiander also zwischen 8000 und 10 000 Euro Gewerbesteuer bezahlen. In Balingen.

Selbstbewusst, wie eine Wette, ergänzt Riethmüller: "Sollte eine Balinger Buchhandlung tatsächlich mehr Gewerbesteuer zahlen als wir, verpflichten wir uns hiermit, den Differenzbetrag einer sozialen oder kulturellen Balinger Institution zur Verfügung zu stellen."

Zudem betont Riethmüller, dass Osiander in Balingen keine anonyme Filiale betreiben, sondern eine Buchhandlung eröffnen werde, die mit guter Beratung, einem aktuellen Angebot und einem spannenden Lesungsprogramm kulturelle Akzente setzen werde. Dafür stehe Osiander als ein in der Region verwurzeltes Familienunternehmen.