Vor dem Hechinger Landgericht fand die Berufungsverhandlung statt. Foto: Ungureanu

Angeklagter mit Berufung erfolgreich. Begründung: "Tatnachweis war nicht zu führen."

Balingen/Hechingen - Die Berufung hat Erfolg gebracht: Das Landgericht Hechingen sprach am Montag einen 46-jährigen Balinger vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs an zwei Mädchen frei. Er erhält zudem eine Entschädigung. Das Amtsgericht Balingen hatte ihn 2015 noch zu einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt.

In seiner Begründung führte der Richter aus, dass sich bei der Zeugenbefragung sicherlich eine "Affinität" des inzwischen suspendierten Studienrats zu jungen und jugendlichen Mädchen herausgestellt habe. Dennoch: Die Beweisaufnahme habe nicht den Nachweis erbracht, dass der Angeklagte die Mädchen, die zum Zeitpunkt der vermeintlichen Taten unter 14 Jahre alt waren, sexuell missbraucht habe. "Ein Tatnachweis war nicht zu führen."

Einen Zug ins Rollen gebracht

Es könne aber auch nicht eindeutig gesagt werden, dass die Betroffenen lügten. Laut Richter seien aber Aussagen des älteren Mädchens über die Art und Häufigkeit der Übergriffe "detail- und qualitätsarm" gewesen. Sie habe einzelne Vorgänge, sogar den "schlimmsten Vorfall", nicht mehr einschätzen können. Zudem habe sie keine "dezidierte Schilderungen" darüber machen können, was die Vorgänge bei ihr selbst ausgelöst hätten.

Mit dem Verweis auf die Ausführungen der Gutachterin hielt der Richter fest, es könne sein, dass das Mädchen Aufmerksamkeit erregen wollte. Vorgänge aus der Vergangenheit, die keinen sexuellen Bezug gehabt hätten, seien uminterpretiert worden. Der Zeugin sei nicht im klaren gewesen, "was für einen Zug sie ins Rollen brachte".

Auch bei der jüngeren Zeugin sprach der Richter von "Detailarmut", die wohl mit deren Alter zu erklären sei. Es habe Abweichungen bei der Häufigkeit der Vorfälle gegeben und wie diese geschehen sein sollen. "Nach der umfangreichen Beweisaufnahme hat der Freispruch zu erfolgen", so der Richter.

Es sei zwar nicht gelungen, mehr Klarheit ins Verfahren zu bringen, gab er zu. Doch das Gericht sei bemüht gewesen, "dezidiert" die Vorfälle aufzuarbeiten.

In seinem Schlusswort sprach er die Hoffnung aus, dass es den "Beteiligten des Verfahrens" gelinge, den Blick nach vorne zu richten und die Belastungen abzufedern.