Für die Grünen ist die Planung nicht realistisch und auch alles andere als solide. Foto: Maier

Für Erwin Feucht ist Planung nicht realistisch und auch alles andere als solide. Balingen geht locker auf die 40-Millionen-Euro-Marke zu.  

Balingen - Von einer "Katastrophe" und einer "Frechheit" sprechen die Balinger Grünen mit Blick auf den Haushaltsentwurf der Balinger Stadtverwaltung für das laufende Jahr. Die Planung sei nicht realistisch und auch alles andere als solide, so Erwin Feucht.

Dass die Grünen die Finanzpolitik der Stadtverwaltung kritisieren, gehört für sie fast schon zum guten Ton, zum Selbstverständnis. In den vergangenen Jahren ist die Kritik immer milder geworden – in diesem Jahr nun fällt sie umso heftiger aus.

Geht es nach den Grünen, dann ist ein "einfaches Durchwinken" des Haushalts in der Januar-Sitzung des Gemeinderats nicht vorstellbar – zumal zwischen der Beratung im Gremium und der von der Stadtverwaltung angesetzten Sitzung, in der der Haushalt beschlossen werden soll, gerade einmal eine Woche liegt. Und wirklich Zeit, die Zahlen zu prüfen, sei auch nicht geblieben, meint Feucht im Gespräch mit unserer Zeitung: Im Dezember erst wurde der Haushaltsentwurf im Gemeinderat eingebracht.

Die Grünen bringen mehrere fundamentale Kritikpunkte an dem "Machwerk" (Feucht) vor: So plane die Stadtverwaltung für dieses Jahr neue Schulden mit einem Volumen von sieben Millionen Euro – und das, obwohl die städtischen Einnahmen so hoch ausfallen wie noch nie. Am Ende des Jahres werde damit trotz der Tilgungszahlungen für die laufenden Kredite die Schuldenobergrenze von 30 Millionen Euro, die sich Stadtverwaltung und Gemeinderat einmal gesetzt hatten, gerissen. Und der Gipfel des Schuldenbergs sei noch nicht erreicht: In den Jahren 2017 und 2018 seien, Stand heute, weitere Kreditaufnahmen geplant: "Damit steuern wir locker auf die 40-Millionen-Euro-Marke zu."

Eine solche Schuldenaufnahme sei zu rechtfertigen, wenn Großprojekte anstünden, so Feucht weiter. In den vergangenen Jahren habe man etwa für die Sanierung der Stadthalle, den Neubau der Tribüne im Au-Stadion oder das Lochenbad einiges Geld in die Hand genommen.

Das Problem nun sei aber, dass die neuen Schulden aufgenommen werden sollen, obwohl aktuell keine Großprojekte in den Planungen berücksichtigt sind – obwohl zumindest eines, die Gartenschau im Jahr 2023 – definitiv kommen werde. Gerade zur Gartenschau aber gebe es bislang auch keine finanzielle Planung – ein Fehler, meint Feucht.

Ebenso fehlt nach Meinung der Grünen eine vernünftige Planung für die mit dem Ende der Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge in Meßstetten verbundene gewaltige Aufgabe der Flüchtlingsaufnahme in der Stadt. Bisher gilt für die Kommunen im Zollernalbkreis das sogenannte Lea-Privileg: Durch die Aufnahme in Meßstetten hat der Kreis sein Flüchtlings-Soll erfüllt. Wenn die Lea wie geplant Ende dieses Jahres schließt, dann muss allerdings auch Balingen mehr Flüchtlinge unterbringen. Doch darauf sei man bisher in keinster Weise vorbereitet, so Feucht. Neben den Herausforderungen, die damit etwa auf die Kindergärten und Schulen zukommen, müsse dringend günstiger Wohnraum geschaffen werden – übrigens nicht nur für die Flüchtlinge, so Feucht, sondern auch für Balinger Bürger: "Wir brauchen nicht immer mehr ›Stadtvillen‹, sondern endlich auch wieder sozialen Wohnungsbau."

Dass es offenbar finanzielle Probleme gebe und die Stadt vor gewaltigen Herausforderungen stehe, das habe die Stadtverwaltung dem Gemeinderat nicht rechtzeitig mitgeteilt. Das sei erst mit der Einbringung des Haushalts deutlich geworden, ebenso seien scheibchenweise mögliche künftige Großvorhaben ans Licht gekommen: etwa der Wunsch des HBW nach einer neuen Halle oder der möglicherweise drohende Abriss und Neubau der Realschule.

Zugleich sei in der Dezembersitzung des Gemeinderats die Klausurtagung zum Thema Finanzplanung angekündigt worden. Dieses Vorgehen bezeichnet Feucht als "eine Frechheit", als "keinen guten Stil": Der Gemeinderat solle nun im Januar den Haushalt beschließen, und kurze Zeit später grundsätzlich über die städtischen Finanzen und neue Schulen reden? Feucht fordert, dass es eigentlich andersherum ablaufen müsste: erst Grundsatzdebatte, dann Beschluss. Anders sei eine solide Haushaltsführung und eine vernünftige Planung nicht möglich.