Enten sind es gewohnt, im Freien herumzuwatscheln und nach Futter zu suchen. Auch sie müssen seit Mitte November im Stall bleiben – und leiden darunter, wie Geflügelhalter berichten. (Symbolfoto) Foto: Krampertz

"Tierquälerei" und fraglicher Nutzen der Maßnahme. Ministerium entscheidet kommende Woche über Verlängerung.

Zollernalbkreis - Über eine Verlängerung der Stallpflicht für Geflügel wegen der Vogelgrippe entscheidet Anfang kommender Woche das Ministerium für Ländlichen Raum. Gegen diese regt sich Unmut bei Rassegeflügelzüchtern und privaten Tierhaltern – auch im Zollernalbkreis.

"Wir halten von der Stallpflicht gar nichts", sagt beispielsweise Ernst Hoss aus Ostdorf, Vorsitzender des Kreisverbands der Geflügelzüchter. Bislang gebe es an der Zollernalb keine Gefährdung – anders als in den Gegenden, die näher am Bodensee liegen.

Die Probleme, die sich in den vergangenen Wochen für die Züchter gezeigt haben, sind vielfältig. "Unsere Tiere sind es nicht gewöhnt, im Stall eingesperrt zu sein", sagt Hoss – anders als viele Vögel großer Geflügelbetriebe, die mitunter ihr ganzes Leben nicht ins Freie gelangten.

Bei den Rassehühner könne der ungewohnte Aufenthalt drinnen zu einem Nachwuchsmangel führen: "Es gibt Probleme mit der Befruchtung: Die Hähne ›treten‹ die Hennen nicht gerne im Stall", weiß Ernst Hoss.

Doch wer qualitativ hochwertige Tiere züchten will, müsse viele Jungtiere haben. Gut möglich also, dass nach einer längeren Stallpflicht bei Geflügelschauen schlechtere Bewertungen vergeben werden müssen.

Ohnehin bringe die Stallpflicht aus seiner Sicht nichts, ärgert sich Hoss: Eine Übertragung des H5N8-Virus’ könne auch über Mäuse erfolgen. Zudem sei es trotz Stallpflicht erlaubt, Geflügel in Volieren hinauszulassen. In diese aber würden kleinere Wildvögel wie Spatzen gelangen – auch dadurch könnte das Virus auf Haushühner überspringen.

"Unlogisch" findet Sabrina Krampertz aus Oberdigisheim die Anordnung des Ministeriums: "Was sollen meine Tiere denn anrichten?" Sie und ihr Partner Thomas Samanidis halten derzeit 19 Hühner, zwei Hähne und sechs Laufenten.

Laufenten leiden besonders

"Die Stallpflicht ist Tierquälerei", sagt Krampertz, vor allem für die Enten, die normalerweise bei jedem Wetter im Freien seien. "Die Tiere leiden darunter. Sie müssen raus, an die Sonne." Man erkenne beispielsweise an den matt werdenden Kämmen der Hühner, dass es diesen an Vitamin D mangle.

Mit dem erzwungenen Aufenthalt in der Scheune sind die Hähne von Krampertz und Samanidis aber bislang am schlechtesten zurechtgekommen: Zwei von ihnen, die sich im großen Garten aus dem Weg gehen konnten, sind im Stall aggressiv geworden und aufeinander losgegangen. Sie mussten deshalb geschlachtet werden.

"Wir haben uns gefreut, dass die Stallpflicht zuende gehen sollte", sagt die Oberdigisheimerin. Doch wenn eine Verlängerung über Dienstag, 31. Januar, hinaus komme, womöglich bis Mai, nehme man den Tieren den Frühling. "Das halten sie nicht aus."

Neue Verdachtsfälle

Isabel Kling, Sprecherin des Ministeriums, kennt den Ärger der privaten Tierhalter und Geflügelzüchter, und äußert Verständnis dafür. Sie sagt auch, dass Verstöße gegen die Stallpflicht zwar Ordnungswidrigkeiten seien, aber nur verfolgt würden, wenn Veterinäramt oder Privatleute diese anzeigten. Allerdings sei H5N8 ein "extremes Virus". Seitens des Ministeriums hoffe man daher auf das Verantwortungsgefühl jedes Einzelnen, so Kling.

Bei einem Vogelgrippe-Verdachtsfall – und sei es nur in der kleinen Schar eines Hobbyzüchters – müsste eine bis zu zehn Kilometer durchmessende Beobachtungszone eingerichtet werden. Bei einer Infektion in einem Betrieb müsste der ganz Bestand "gekeult" werden. Das ist diesen Winter in Norddeutschland bereits mehrfach geschehen: Zehntausende Tiere wurden dort mit Strom oder Gas getötet.

In Baden-Württemberg sind solche Massenschlachtungen bislang nicht notwendig gewesen. Die Stallpflicht hat ein Überspringen der Vogelgrippe auf Nutztiere bislang verhindert.

Anders sieht es bei den Wildtieren aus: In den Kreisen Sigmaringen und Ulm sind diese Woche drei neue H5N8-Verdachtsfälle gemeldet worden.