Verwarnungsgeld wegen lauten Lachens und Redens: Dagegen hat sich eine Balingerin erfolgreich gewehrt. Foto: Maier

Junge Balingerin siegt vor Gericht gegen das Ordnungsamt. Anwohnerin fühlte sich an der VHS gestört.

Balingen - Einen lupenreinen Freispruch hat am Montag eine 17-jährige Balingerin vor dem Amtsgericht erreicht. Das Ordnungsamt der Stadt wollte 35 Euro Verwarnungsgeld von ihr haben. Ihr angebliches Vergehen: Lärmbelästigung durch Lachen und Reden in der Nacht.

Richterin Kimmerle meinte dagegen: Die junge Frau wusste gar nicht, dass sie jemanden belästigt. Damit, so Kimmerle, sei der Tatbestand der Lärmbelästigung nicht erfüllt, da dieser ein vorsätzliches Verhalten beinhalte. Fraglich war zudem, ob konkret der 17-Jährigen eine Lärmbelästigung nachzuweisen gewesen wäre.

Genau aus diesem Grund hatte ihr Vater sich mit allen rechtlichen Mitteln gegen das von der Stadt geforderte Bußgeld gewehrt. Für ihn und seine Tochter ging’s ums Prinzip – und insgesamt ging es wieder einmal um die Frage, was in einer Stadt wie Balingen nachts angemessen ist oder auch nicht.

Der Fall war genau besehen eine Kleinigkeit und hatte im Frühsommer doch einige Wellen geschlagen (wir berichteten). Die 17-Jährige hatte sich mit Freunden am Abend des 11. April auf dem Parkplatz der Volkshochschule getroffen, um von dort aus weiter ins "TOP10" zu gehen. Sie unterhielten sich dort rund eineinhalb Stunden lang, es wurde auch gelacht, aus einem Auto dudelte Musik, aber nicht zu laut, wie die Jugendlichen sagten. Alkohol war, glaubt man den Jugendlichen, keiner im Spiel.

Einige Tage später erhielten sie allesamt ein Schreiben der Stadt mit dem Hinweis, dass sie eine Ordnungswidrigkeit begangen hätten: Lärmbelästigung. Die 17-Jährige fiel aus allen Wolken: "Wir haben uns normal unterhalten", sagte sie damals, und: "Reden kann doch nicht verboten sein." Keiner habe rumgegrölt, randaliert oder Müll hinterlassen.

Diese Aussage wiederholte sie gestern vor Gericht, wo die Sache verhandelt wurde, weil sie Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt hatte. Vor allem, sagte sie, habe es auch keine Beschwerden von Anwohnern gegeben. "Wenn uns jemand gesagt hätte, dass wir stören, dann wären wir sofort weitergezogen." Ähnlich äußerte sich ein 19-Jähriger, der an dem Abend als Chauffeur die Gruppe von der VHS zur Disco gefahren hatte: "Wir hatten nicht das Gefühl, jemanden zu stören."

Eine 46-Jährige Anwohnerin fühlte sich indes sehr wohl gestört. Sie beschrieb das Treffen der Jugendlichen als laut, neben der Musik habe sie durch ihre Schallschutz-Fenster auch Geschrei gehört und deshalb nicht schlafen können.

Auf die Frage, warum sie und ihr Mann die Gruppe auf deren störendes Verhalten nicht angesprochen hätten, sagte sie: "Was glauben Sie, was ich mir hätte anhören dürfen?" Sie habe schlechte Erfahrungen mit Jugendlichen gemacht, im Hof der VHS sei es schon öfter zu Lärmbelästigungen gekommen. Ihr Mann sei sogar schon einmal bedroht und auch angegriffen worden.

Statt sich an die Jugendlichen direkt zu wenden, rief sie nach eineinhalb Stunden die Polizei. Ihr Mann filmte zudem vom Balkon aus das Treffen im Hof. Zu diesem Vorgehen habe ihnen der Weiße Ring, ein Verein zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern, geraten. Die Bilder wurden vor Gericht nicht als Beweis verwertet, weil sie möglicherweise wiederrechtlich aufgenommen worden seien, so Richterin Kimmerle.

Der Anwalt der 17-jährigen Schülerin sagte, dass ein Bußgeld für diese Situation – Gespräche in der Nacht – absolut unangemessen sei. Dann könne das Ordnungsamt an jedem Wochenende der halben Stadt ein Bußgeld aufdrücken. Die 17-Jährige war indes die einzige aus der Gruppe, die sich gegen das Verwarnungsgeld zur Wehr gesetzt hatte – sieben andere Personen hatten es akzeptiert, um sich weiteren Ärger und vor allem ein Gerichtsverfahren zu ersparen. Hätten auch die anderen Einspruch erhoben, so der Anwalt, dann wären wahrscheinlich alle ohne Bußgeld davongekommen.