Vier, die sich im Ernstfall aufeinander verlassen können: Peter Weissinger mit Tarik (links) und Thomas Pastoors mit Rica. Foto: Rapthel-Kieser Foto: Schwarzwälder-Bote

Nachsuchgespanne: Schweißhundestation Schönbuch ist über Landkreisgrenzen hinaus im Einsatz / "Auf den Gefährten verlassen"

"Ich muss mich auf meinen Gefährten vornedran verlassen können", sagt der 52-Jährige Mössinger Thomas Pastoors. Mit Gefährten meint er die vierjährige Hundedame Rica. Denn wo Pastoors mit seinem Bayerischen Gebirgsschweißhund im Einsatz ist, geht es immer um Leben und Tod.

Mössingen. Pastoors ist einer von vier ausgebildeten Hundeführern der Schweißhundestation Schönbuch. Insgesamt 166 anerkannte Nachsuchgespanne, also Hund und Herrchen, sind beim Landesjagdverband Baden-Württemberg gelistet, im Einsatz sind sie Jahr für Jahr tausende Male.

Gerufen werden sie immer dann, wenn es darum geht, angeschossenem oder auch angefahrenem Wild nachzuspüren und es von seinem Leiden zu erlösen. Ein blutiges Geschäft, denn die Hunde sind darauf abgerichtet, dem Blut, die Jäger sagen "Schweiß", nachzuspüren. Bevor ein sogenannter Schweißhund in den Einsatz geht, muss er jahrelang trainiert, viele Fährten erschnüffelt, viele gefährliche Begegnungen mit Wild hinter sich gebracht haben. "Die Prüfung ist sehr schwierig", bestätigt die Veterinärin und Nachsuchführerin Christina Jehle. Sie ist beim Landesjagdverband für Hundewesen und Wildbrethygiene zuständig, kennt fast alle der Nachsuchgespanne und ihren Alltag aus eigener Erfahrung. In der Prüfung gilt es für den Vierbeiner, über eine Strecke von rund einem Kilometer einer Blutspur von maximal einem Viertelliter nachzuspüren. Und: Die Spur ist mindestens zwanzig Stunden alt. Das heißt, andere Tiere haben sie gekreuzt oder verwischt, der Geruch ist längst nicht mehr so stark.

Das muss viele Monate geübt werden, der Jäger muss lernen, seinen Hund zu lesen. Wann ist er abgelenkt, wann zeigt er an und wie? "Das sind viele Jahre der Ausbildung und des Einsatzes, bis ein Hund so richtig gut und erfahren ist", bestätigt auch Peter Weissinger (50), der oft zusammen mit Pastoors auf Nachsuche geht.

Ihre Hunde sind verwandt. Weissingers Tarik ist der Halbbruder von Rica, etwas älter und auch erfahrener. Tarik und Peter Weissinger haben im vergangenen Jahr weit mehr als 30 Einsätze gehabt. Einer der spektakulärsten und von den Medien landesweit beachtete war die Nachsuche der beiden Hundeführer in Jungingen. Die vier mussten einem angeschossenen, wütenden Keiler nachspüren. Der hatte zuvor Hund und Herrchen eines Hechinger Nachsuchgespannes bereits übel verletzt. Bergwacht und Feuerwehr waren vor Ort, der Jäger musste mit dem Hubschrauber in die Klinik transportiert werden, und sein Hund landete auf dem Operationstisch des Veterinärs. Beide sind inzwischen aber längst wieder wohlauf.

"Sowas ist aber im Vergleich zur Zahl der Einsätze sehr, sehr selten", betont Christina Jehle. Hund und Herrchen seien über den Landesverband versichert, bei den meisten Einsätzen hätten sie Schutzkleidung an. "Der Junginger Einsatz fand zwar ein großes Medienecho, uns beiden sind aber ganz andere Nachsuchen viel eher in Erinnerung", erzählt Weissinger.

Etwa als es galt, in unmittelbarer Nähe der viel befahrenen B 27 bei Mössingen einem angefahrenen Rehbock nachzuspüren. "Wenn der über die Straße rennt und der Hund hinterher, das ist für alle sehr gefährlich", räumt Pastoors ein. Den Rehbock stellten die beiden schließlich an einer Hauswand direkt neben einem Gastank. "Wir haben uns angeschaut, und es war klar: Geschossen wird hier nicht", sagt Weissinger. Er erlöste das angefahrene Tier schließlich mit einem Messer.

Auch Einsätze, bei denen sie körperlich an ihre Grenzen gehen mussten, haben sich den beiden ins Gedächtnis gebrannt. Wenn es stundenlang durch unwegsames Gelände geht, steil bergauf und immer wieder dorniges Gestrüpp im Weg ist. "Körperliche Fitness ist das A und O", betont Pastoors. Ihm ist es wichtig, dass verletzte Tiere nicht lange leiden müssen, dass Nachsuchgespanne im Falle eines Autounfalles oder eines Fehlschusses schnell vor Ort sind, um das Wild zu erlösen.

Deswegen sind Pastoors und Weissinger mit ihren Vierbeinern auch an den Wochenenden oft auf Abruf bereit. In vielen Gemeinden sind solche Service-Hunde von der Hundesteuer befreit. In Mössingen nach einigen Interventionen des engagierten Waidmannes jetzt auch. Das freut Pastoors: "Auf die 90 Euro im Jahr kam es der Stadt nun endlich auch nicht mehr an."