Im Archiv im Untergeschoss stehen, mit dem jeweiligen Ortswappen gekennzeichnet, dicke Ordner mit den Kleindenkmalen im Kreis. Foto: Schwarzwälder-Bote

Andreas Zekorn bearbeitet täglich Anfragen von Nutzern / Oft finden sich die Antworten in alten Zeitungen

Von Gert Ungureanu

Zollernalbkreis. Wie ist man seinerzeit mit BSE umgegangen? Wie wurde auf das Hochwasser reagiert? Welche Bands sind in den wilden 1960er-Jahren in Balingen aufgetreten? Wann sind die ersten Gastarbeiter auf die Zollernalb gekommen? Antworten auf solche und andere Fragen findet man im Kreisarchiv im Balinger Landratsamt.

Die Informationen kommen vom Landwirtschaftsamt, vom Veterinäramt und vom Katastrophenschutz, vom Kreisjugendring und von der Ausländerbehörde zu Kreisarchivar Andreas Zekorn. Der sichtet sie, seine Mitarbeiter sortieren sie ein – und wenn eine Anfrage kommt, kann der Kreisarchivar zwar die Antwort nicht aus dem Ärmel schütteln, aber er weiß, wo sie zu finden ist.

Für den 56-jährigen promovierten Historiker gibt es keine Sommerferien, geschweige denn ein "Sommerloch": "Es geht normal weiter", sagt er. "Täglich kommen Anfragen." Allein an diesem Tag wollte ein Nutzer Informationen zum Verbleib der Glocken der evangelischen Kirche in Hechingen, ein anderer, der eine wissenschaftliche Arbeit über das "Unternehmen Wüste" schreibt, erkundigte sich nach dem Standort der Verwaltungsgebäude in Balingen, und wieder ein anderer suchte im Gewerberegister einen Eintrag zu einer Firmengründung in Tailfingen.

"Jeder, der ein berechtigtes Interesse hat, kann unser Archiv einsehen", sagt Andreas Zekorn und fügt schmunzelnd hinzu, das gelte allerdings nicht für jemand, der die Steuererklärung seines Nachbarn einsehen wolle. Immerhin habe es eine Anfrage von Sigmaringer Bürgern gegeben, die alte Freiheitsbriefe aus dem 16./17. Jahrhundert einsehen wollten, als das Gebiet unter österreichischer Vormundschaft stand, "wohl in dem Glauben, dass ihnen etwas vorenthalten wird, was ihnen rechtmäßig zusteht".

Viele Antworten sind in alten Zeitungen zu finden. Die gibt es im Kreisarchiv auf Mikrofilm, und zwar fast lückenlos. Fast, räumt Zekorn ein. Denn er ist immer noch auf der Suche nach Ausgaben des Eyach Boten aus den Jahren 1881/82, dem Zoller Nummer 174 vom Juli 1935 sowie den Ausgaben zwischen September und Dezember 1935. Vom Haigerlocher Anzeiger fehlen ganze Jahrgänge zwischen 1889 und 1934.

Aber Zeitungen sind nicht die einzigen Quellen: Das digitale Verzeichnis umfasst derzeit 9521 Bücher, zudem zahlreiche Audio-Dokumente und Filme, die nach und nach digitalisiert und auf den Server gelegt wurden. Es habe sich gezeigt, dass Tonträger und DVDs mit der Zeit unbrauchbar werden. Eine "Präsenzbibliothek" sei es, erklärt der Zekorn. Die Bücher würden nicht ausgeliehen, seien aber im Archiv einsehbar: "Darunter sind viele Unikate."

Zu den Aufgaben eines Kreisarchivs gehöre einerseits die Rechtssicherung für Bürger und Amt, die Behördenhandeln nachvollziehbar machen soll. "Eine wichtige Aufgabe ist es aber auch, ein Abbild der Gegenwart zu schaffen für die Zukunft." Und dazu muss der Kreisarchivar unzählige Unterlagen und Dokumente sichten und einige wenige davon für das Archiv auswählen: "Die Übernahmequote liegt in den vergangenen fünf Jahren bei 3,8 Prozent, alles andere landet im Reißwolf."

Ein Riesenschritt sei bewältigt worden bei der Erfassung der Kleindenkmale im Kreis: 3392 Objekte wurden in den Städten und Gemeinden des Landkreises erfasst, fotografiert und beschrieben – und liegen mittlerweile in digitaler Form vor. Ziel für die Zukunft: sie in ein Bürger-Geoportal des Landkreises zu integrieren, so dass sich die Nutzer bei Interesse online informieren können. Zudem sei geplant, ähnlich wie in anderen Landkreisen eine Publikation herauszubringen.

Seit kurzem befinden sich auch die Unterlagen der Initiative Eckerwald im Kreisarchiv – "als Depositum, sie sind weiter in privatem Besitz, werden aber hier erschlossen". Das Franz-Dreher-Buch sei fast fertig: Es fehle nur noch die Einleitung. Und für die 250-Jahr-Feier des kleinen Nusplinger Ortsteils Heidenstadt bereitet Andreas Zekorn einen Vortrag vor. Dazu hat er die Ruggerichtsprotokolle zur Hand genommen, in denen es um Ortssauberkeit geht oder um einen "Übelstand, welchem abzuhelfen ist", um Straßenbau, Sauberkeit des Schulhauses, Ortsgefängnis oder Postanbindung.

"Die Arbeit ist sehr vielfältig, man darf gar nicht daran denken, was alles zu erledigen ist. Das würde einen erdrücken." Entspannung sucht Zekorn am Abend, beim Laufen: "Dann habe ich wieder einen klaren Kopf."