Vernissage in der Balinger Zehntscheuer: Social-Media-Künstler Wolf Nkole Helzle (rechts) und seine Partnerin, die Bildhauerin Mirja Wellmann, im Gespräch mit Oberbürgermeister Helmut Reitemann. Foto: Ungureanu Foto: Schwarzwälder-Bote

Vernissage: Wolf Nkole Helzle stellt seine "fotografischen Verdichtungen" in der Zehntscheuer aus

Von Gert Ungureanu

"USA Walk" und "Schwäbische Alb", "Bad Saulgau", "Berlin" und "Balingen" sind Eins, und Menschen aus aller Herren Länder, Tausende von ihnen, verschmelzen zur "multikulturellen Matrix": Social-Media-Künstler Wolf Nkole Helzle zeigt in der Zehntscheuer "fotografische Verdichtungen".

Balingen. War es ein Zufall? Der erste heiße Sommertag des Jahres fiel mit Tag eins des Balinger Kunstsommers zusammen. Oberbürgermeister Helmut Reitemann sprach von einem "Dreiklang", von "drei Kunstraketen": der Kirchner-Schau in der Stadthalle, den Arbeiten von Markus Lüpertz in der Rathausgalerie und Helzles "Verdichtungen" in der Zehntscheuer.

Erst auf den zweiten Blick sei zu erkennen, dass es sich nicht um Gemälde handle, sagte Kuratorin Heidrun Bucher-Schlichtenberger in der Einführung. Hunderte, Tausende Fotos habe der Künstler bei seinen Wanderungen aufgenommen, mit einer speziellen Software übereinander gelegt und per Weichzeichner extrem verdichtet, bis diese "hochaufgeladene Lichtwirkung" entstanden sei, die man aus den Arbeiten von William Turner oder Gerhard Richter kenne und die "dem Vorgehen der großen Impressionisten sehr ähnlich" sei.

Von einem "Phänomen der Gleichzeitigkeit" sprach die Kunsthistorikerin. Raum und Zeit würden in den Landschaftsbildern komprimiert, "Anfang und Ende fallen zusammen. Der Weg ist das Ziel." Und diesen Weg habe der Künstler meist zu Fuß, zuweilen auch auf dem Fahrrad erwandert. Wandern sei für ihn "eine Tätigkeit der Beine und ein Zustand der Seele". Auf den USA-Bildern sei zwar die Golden-Gate-Bridge zu erahnen, aber auch die Parallele zur Natur.

In den Porträts, die Wolf Nkole Helzle "Homo universalis" nennt, seien Tausende Gesichter vereint zu einem "virtuellen Gesicht" mit allen Strukturen menschlicher Existenz, die Bucher-Schlichtenberger als "überirdisch, aber auch bekannt und vertraut" bezeichnete. Menschen mit Behinderung, Kranke, Alte, Junge und Kinder verschmelzen zu einer Quintessenz des Seins.

Anders die "All-in-one"-Frauenporträts, in denen die Gesichter der Frauen mit der Natur verbunden sind: "Wir sehen, was sie sehen – einen Winterwald, einen Ausblick, einen Weihnachtsmarkt oder den Innenraum eines Museums", sagte die Kunsthistorikerin: "Die Gesichter bieten die Fläche für die Landschaften." Der in China entstandene Zyklus "Circles" zeigt Menschen, die in einem Kreis einem Kreis von etwa 40 Kunststudenten standen und von allen Seiten fotografiert wurden – und das Ergebnis ist eine Überlagerung all dieser Fotos – "stark Verdichtetes, Vordergründiges und Hintergründiges".

Helzle, Jahrgang 1950, gebürtiger Göppinger, der schon überall in der Welt unterwegs war und der heute mit seiner Partnerin, der Bildhauerin Mirja Wellmann im Zollernalbkreis lebt, hat im Oktober 2014 nach all den Weltmetropolen die Stadt Balingen porträtiert. "Es war der Beginn einer künstlerischen Liaison mit dieser Stadt", sagte Heidrun Bucher-Schlichtenberger.

 Die Ausstellung "Fotografische Verdichtungen – Menschen und Landschaften" ist bis 3. Oktober täglich von 13 bis 18 Uhr in der Balinger Zehntscheuer zu sehen.