Almut Petersen (Mitte) und Harald Eppler leiteten eine der fünf Arbeitsgruppen zum Thema Energiewende. Foto: Schnurr Foto: Schwarzwälder-Bote

Weit über 100 Interessierte suchen bei Veranstaltung in Balingen Wege zur Energiewende im Zollernalbkreis

Von Wolf-Ulrich Schnurr

Balingen. Neu war an den Überlegungen zur Energiewende nichts, die in der Balinger Stadthalle diskutiert wurden. Wohl aber deren strukturierte Sammlung, die der veranstaltende Kreisverband der Grünen angeregt hatte.Drei Ziele, verdeutlichte Eberhard Müller vom GrünenOrtsverband Balingen, sollten an diesem Abend mit Blick auf das Thema erreicht werden: Impulse "nach Stuttgart" und an Politiker im Zollernalbkreis gegeben, vor allem aber die Frage geklärt: "Was können wir selbst tun?"

In fünf Schritten skizzierten fachkundige Referenten das Thema, das in anschließenden Arbeitsgruppen vertiefend diskutiert wurde: Bürgerbeteiligung, Energiespeicherung, Wirtschaftsfaktor im ländlichen Raum, Blockheizkraftwerke und Regionalisierung der Energieerzeugung.

Letzteres erwies sich als ein Kernpunkt der Veranstaltung "Energiewende Zollernalb". Die Referenten stimmten darin überein, dass die Regionaliserung für den Kreis eine Chance darstelle: Die Leitungsverluste seien geringer, als wenn man Öko-Strom von der Nordsee bezieht; regionale Energieerzeugung nutze dem hiesigen Arbeitsmarkt und verringere die internationale Abhängigkeit; die Bürger würden hinsichtlich Mitsprache und finanziell beteiligt.

"Die regionale Energiewende fängt mit mittelständischen Unternehmen, Stadtwerken und Energiegenossenschaften an", betonte etwa Christopher Seng Balinger vom Solar-Unternehmen Relatio. Er verdeutlichte den Nutzen für den Zollernalbkreis: Bürger und Mittelständler investierten in eigene Kraftwerke, das Geld bleibe vor Ort, wovon lokales Handwerk und Banken profitierten, und eigener Strom werde dezentral produziert.

Ähnliche Argumente brachte auch Almut Petersen ein, Mitglied im Kreisvorstand der Grünen: Geld, das in die Energiewende investiert wird, bleibe – anders als bei fossilen Brennstoffen – im Wirtschafts- und Steuerkreislauf der Region. Erneuerbare Energien seien nach der Anfangsinvestition auf lange Sicht auch billiger: "Die Sonne stellt keine Rechnung." Zudem falle die Beseitigung ökologischer Folgeschäden weg. "Jeder Tag, den wir die Energiewende hinauszögern, kostet Geld", unterstrich Petersen.

Das Thema Energiewende hat bundespolitisch unter dem neuen Umweltminister und aufgrund der Debatte über steigende Stromkosten an Rückenwind verloren. Dennoch zog die Veranstaltung deutlich mehr als 100 Interessierte in den Konferenzsaal der Balinger Stadthalle, die zum Teil auf Tischen und Heizkörpern saßen.

Nach der Einführung in die verschiedenen Aspekte des Themas entspann sich eine rege Diskussion zwischen den Zuhörern und den Leitern der Arbeitsgruppen. Gemeinsam erarbeitete Ideen und Ergebnisse soll Jürgen Menzel, Berater der Grünen-Landtagsfraktion, nun nach Stuttgart mitnehmen.

Menzel hatte zuvor die politische Dimension des Themas umrissen: Ziel der Landesregierung sei, den Anteil umweltfreundlicher Stromquellen bis 2020 von 25 auf 38 Prozent zu steigern, wobei Windkraft zehn, Photovoltaik zwölf Prozent ausmachen soll. Grün-Rot hat mit diesem Ziel im Blick bereits die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen, dass der Bau von Windkraftanlagen leichter möglich wird, aber die Kommunen dennoch bestimmen können, wo auf ihrer Gemarkung diese stehen dürfen.

Wie die bei der Landesregierung hoch im Kurs stehende Bürgerbeteiligung aussehen kann, beschrieb Bürgermeister Oliver Schmid am Beispiel des Projekts "Klimastadt Geislingen": Unter reger Bürgerbeteiligung wurden in sechs Arbeitskreisen ökologische Ideen erarbeitet, von denen 25 vom Geislinger Gemeinderat beschlossen wurden.