Im Gespräch: Handball-Profi Martin Strobel, Tiziana Filippello und Leonie Linder. Foto: Privat Foto: Schwarzwälder-Bote

Interview: HBW-Star Martin Strobel erzählt von seiner sportlichen Karriere und erklärt, warum man manchmal eine Auszeit braucht

Über Europa- und Weltmeisterschaften sowie Olympische Spiele haben wir mit HBW-Spieler Martin Strobel gesprochen.

Wie fühlt es sich an, bei drei Weltmeisterschaften, drei Europameisterschaften sowie den Olympischen Spielen dabei gewesen zu sein mit den besten Sportlern der Welt?

Ja. Es fühlt sich super schön an. Dass man irgendwann solche Turniere spielen und dabei sein darf, ist eines der größten Sachen. Vor allem letztes Jahr bei den Olympischen Spielen, weil die besten Athleten aus allen Sportarten der ganzen Welt zusammenkommen und unterschiedlicher denn je sind.

Nach 135 Länderspielen mit der Deutschen Nationalmannschaft, haben Sie den Rücktritt aus heutiger Sicht bereut? Auch im Hinblick darauf, dass der HBW Balingen-Weilstetten eventuell absteigen könnte?

Bis jetzt bereu’ ich eigentlich gar nichts, war einfach ein gewisses Bauchgefühl dabei, nach vielen ereignisreichen Jahren brauchte ich jetzt diese Pause. Ich werde alles dafür tun in den restlichen Spielen, dass wir nächstes Jahr wieder in der ersten Liga stehen.

Haben Sie zu Ihrem Ex-Nationaltrainer Sigurdsson noch Kontakt?

So direkt nicht, er hat sich natürlich noch mal bei allen Spielern verabschiedet, die die letzten Jahre dabei waren und ihn begleitet haben. Wenn man ihn was fragen will, kann man ihn immer anrufen oder eine Nachricht schicken, und da kriegt man eine schnelle Rückmeldung. In dem Fall ist der Weg immer relativ kurz.

Hat die Trikot-Nummer 15 eine Bedeutung für Sie persönlich?

Eigentlich gar nicht, also es gibt kein direktes Erlebnis. Es war einfach so: Als ich in Balingen mit 17 angefangen hab, war das das erste Trikot, das mir damals überreicht wurde, da hatte ich die 15, und das hat sich jetzt so eingeprägt.

Hören Sie während des Spiels Beleidigungen oder Schimpfwörter der Zuschauer, die hineingerufen werden?

Eigentlich nicht, das nimmt man im Spiel gar nicht wahr. Klar, dass manchmal irgendwas durchkommt. Wenn jemand mal was sagt, ist es halt so, aber man nimmt es relativ selten wahr, weil der Geräuschpegel sehr hoch ist.

Wie fühlt sich ein Sieben-Meter an? Denken Sie in dem Moment daran, wie viele Menschen Ihnen, nicht nur in der Halle, sondern auch am Fernseher, zuschauen?

Ich bin nicht der erste Sieben-Meter-Schütze, aber ab und zu hab ich schon ein paar geworfen. Viele stellen sich es so vor, dass da ein ganz großer Druck ist. Natürlich ist er auch da, in bestimmten Situationen. Zum Beispiel das Spiel ist aus, und es gibt noch ein Sieben-Meter, der entscheidet über Sieg oder Niederlage oder Unentschieden, dann ist schon ein gewisser Druck da, aber sonst nimmt man das auch gar nicht so wahr. Also es ist eigentlich so Routine.

Trainieren Sie während der Winter- und Sommerpause genau so viel wie sonst?

Jein. Also es ist wichtig, dass man natürlich eine Erholungsphase in den Pausen oder der spielfreien Zeit hat. Aber es ist auch ganz wichtig, dass man nicht aufhört, etwas zu machen. Im Sommer sollte auf jeden Fall jeder Spieler ein, zwei Wochen haben, wo er mal den Körper runterfährt. Aber es ist auch wichtig, nicht ganz aufzuhören, etwas zu machen. Etwa draußen joggen, schwimmen oder radfahren. Sportarten, die man auch im Urlaub gerne macht, dass man den Kopf freibekommt.

Sollte der HBW absteigen, denken Sie auch an einen Wechsel, oder werden Sie für den HBW um den Aufstieg kämpfen?

Da habe ich mir bis jetzt noch keine Gedanken gemacht, mehr kann ich auch nicht dazu sagen. Für mich ist es eigentlich ganz klar, dass wir alles dafür tun und dass wir dann auch zum Ende der Saison unser Ziel erreichen, und damit ist für mich die Frage erledigt.

Haben Sie vor dem Handballspielen zuerst andere Sportarten ausprobiert?

Nee, im Verein habe ich immer nur Handball gespielt. Wir haben in der Freizeit, als wir klein waren, im Jugendbereich immer viel Fußball gespielt. Im Verein eigentlich nur Handball.

Wir wissen, dass Sie Ihr Studium "Internationales Management" abgeschlossen haben. Können Sie vom Profisport leben, oder arbeiten Sie noch etwas anderes?

Aktuell lebe ich vom Profisport, das Studium ist quasi als zweites Standbein gedacht, dass ich nach der Karriere nicht mehr viel Zeit brauche, um eine Ausbildung oder Sonstiges abzuschließen. Man weiß halt nie als Sportler, ob eine große Verletzung von heute auf morgen kommt. Dann kann man nicht mehr Handball spielen, deswegen war es mir immer wichtig, ein zweites Standbein zu haben.

Ist Ihre Familie bei den Spielen anwesend?

Teil, teils. Mein kleiner Sohn ist erst zwei Jahre alt geworden, hier in der Halle ist es natürlich immer sehr laut, deswegen war er noch nie hier. Er besucht uns manchmal im Training, ansonsten natürlich die ganze Familie. Ein Großteil davon ist eigentlich immer da, meine Eltern, Geschwister, Freunde, Bekannten.

Interessiert sich Ihre Frau für den Handballsport?

Äh ja, sie hat sich da in den letzten Jahren mit arrangiert, wie soll ich sagen, sie kommt nicht so direkt aus dem Handballsport. Sie ist auch nicht so sportbegeistert, aber man lebt es dann auch irgendwo schon mit. Es ist jetzt nicht so, dass sie jedes Mal mit dabei sein muss, sie kümmert sich auch viel um unseren Sohn, deswegen schaut sie sich Spiele, die übertragen werden, im Fernsehen an.

Hat Ihr kleiner Sohn auch schon ein Trikot vom HBW?

Er hat tatsächlich schon ein Trikot vom HBW, das hat er zum ersten Geburtstag, glaube ich, nicht von uns, sondern von jemand anderem geschenkt bekommen. Natürlich ist es viel zu groß, es passt auch heute noch nicht.

Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Familie auch nach dem Rücktritt aus der Nationalmannschaft zu kurz kommt?

Wir haben trotzdem noch viele Termine. Wenn wir mit dem HBW Auswärtsspiele haben, sind wir zwei bis drei Tage unterwegs. Meistens müssen wir freitags früh losfahren. Es kann sein, wir kommen erst Sonntagmorgen um 6 Uhr heim. Im Winter waren wir sonst immer vier Wochen lang weg. Bei den Olympischen Spielen war ich, glaube ich, fast zweieinhalb Monate weg.

Erhalten Sie Fanpost? Wenn ja, beantworten Sie diese auch?

Ja, die kommt regelmäßig. Also häufig Autogrammwünsche, die bekommen wir dann immer in die Kabine, oder auch auf die Geschäftsstelle. Dann werden sie uns ausgeteilt, dann versuche ich diese auch so schnell wie möglich zu beantworten.

Was war Ihr beeindruckenstes Erlebnis, sportlich oder auch persönlich?

Also ich glaube, sportlich ist es immer schön, aber persönlich war die Geburt meines Sohnes das, was mir am meisten bedeutete und auch immer noch bedeutet. Da sind auch Titel wertlos dagegen, dass ein gesundes Kind auf die Welt gekommen ist. Mit einer Olympiamedaille heimzukommen, war freilich auch ein schönes Ereignis. Das wichtigste aber ist eindeutig meine Familie.

 Die Fragen stellten Tiziana Filippello und Leonie Linder, Schülerinnen der Klasse 8c am Gymnasium Ebingen.