"Wenn uns unsere Patienten nach einer erfolgreichen Therapie besuchen, ist das immer sehr schön": Kinderkrankenschwester Petra Sauter auf Station Foto: Hauser Foto: Schwarzwälder-Bote

Die 51-jährige Krankenschwester Petra Sauter arbeitet mit krebskranken Kindern / Im Interview spricht sie über ihren Beruf

Von Lisa Hauser

Die 51-jährige Kinderkrankenschwester Petra Sauter wohnt in Geislingen und arbeitet seit 1987 mit einigen Unterbrechungen in der Abteilung Hämatologie/Onkologie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin in Tübingen.

Was ist Ihre genaue Tätigkeit im Krankenhaus?

Auf unserer Station werden Kinder und Jugendliche mit Krebserkrankungen und Störungen der Blutbildung behandelt. Mein Aufgabenbereich ist dabei breit gefächert. Er beinhaltet zum Beispiel die Kontrolle der Temperatur und Atmung, das Blutabnehmen, die Versorgung von Kathetern, Drainagen und Wunden, das Wechseln von Verbänden, das Verabreichen von Medikamenten und Infusionen bis hin zum Assistieren bei Punktionen. Wir führen die vom Arzt verordneten Chemo- und Antikörpertherapien durch und überwachen diese. Eine weitere wichtige Tätigkeit ist die Anleitung der Eltern der kranken Kinder und Jugendlichen.

Wie muss man sich so eine Anleitung vorstellen?

Bei der Behandlung krebskranker Kinder und Jugendlicher ist die Einbindung der Eltern sehr wichtig. So können die Eltern den ganzen Tag über bei ihren Kindern auf der Station sein, viele von ihnen übernachten auch auf einer Liege neben dem Bett ihres Kindes. Wir zeigen den Eltern, wie sie ihre Kinder während der oft langen Therapie richtig pflegen und unterstützen können und was es dabei alles zu beachten gibt. Auch für die Psyche der Kinder ist es wichtig, dass die Eltern bei ihnen sind. Sie stehen diese schwere Zeit gemeinsam mit ihren Kindern durch, was auch für uns als Pflegepersonal von enormem Wert ist. Darüber sind wir sehr dankbar und froh, denn der Pflegenotstand ist auch bei uns auf der Station deutlich zu spüren. Die Gelder für die Kliniken werden immer mehr gekürzt und es gibt einfach zu wenig Ärzte und Pflegepersonal. Ein großer Dank gilt da auch dem Förderverein für Krebskranke Kinder, der immer wieder mithilft, Pflegestellen zu finanzieren. Die Zusammenarbeit zwischen den Ärzten, uns Schwestern, den Eltern und den Kindern ist ebenfalls sehr wichtig. Zum Glück funktioniert dies in unserer Klinik sehr gut. Das ist sicher auch einer der Gründe, warum unsere Klinik einen so guten Ruf hat. Außerdem werden unsere Patienten und deren Eltern von Sozialarbeitern, Psychologen, Lehrern, Physiotherapeuten, Erzieherinnen, einer Pfarrerin und einer Maltherapeutin unterstützt.

Zu welchen Zeiten müssen Sie arbeiten?

In unserer Klinik wird im Schichtbetrieb gearbeitet. Es gibt einen Frühdienst, einen Spätdienst und einen Nachtdienst. Der Früh- und Spätdienst dauert 8 Stunden, beim Nachtdienst arbeitet man 10 Stunden. Früher habe ich gerne den Nachtdienst übernommen. Heute dagegen arbeite ich lieber im Früh- oder Spätdienst, denn die Umstellung vom Nachtdienst auf den Früh- oder Spätdienst fällt mir mit zunehmendem Alter immer schwerer.

Von woher kommen Ihre Patienten?

In unserer Klinik wird eine spezielle Antikörpertherapie eingesetzt, die nur sehr wenige andere Kliniken anbieten können. Deshalb haben wir Patienten aus der ganzen Welt. Manche unserer Patienten wurden bereits in anderen Kliniken vorbehandelt und kommen dann zu uns, da die Antikörpertherapie die letzte Hoffnung für sie ist.

Wie viele Kinder betreuen Sie?

In vielen Kliniken gibt es die Funktionspflege. Die anfallende Arbeit auf der Station wird dabei auf das gesamte Pflegepersonal aufgeteilt. Es gibt dann zum Beispiel eine Pflegekraft, die nur Medikamente ausgibt und eine andere, die bei allen Patienten auf der Station den Blutdruck misst. Wir hier in Tübingen haben dagegen die Zimmerpflege. Das heißt, ich betreue drei bis fünf Kinder, für deren Pflege bin ich dann während meiner Schicht verantwortlich. Es gibt also keine Aufteilung der einzelnen Aufgaben wie bei der Funktionspflege. Drei bis fünf Patienten hört sich im ersten Moment wenig an. Da wir aber eine Intensivmedizin betreiben, ist man als Pflegekraft sehr gefordert.

Wie lange dauern die Therapien?

Das hängt davon ab, wie schwer krank das Kind oder der Jugendliche ist. Die Therapie kann ein halbes Jahr, ein Jahr oder sogar noch länger dauern. Dadurch baut man schon eine Beziehung zu den Patienten und deren Eltern auf.

Haben die Kinder in der Klinik auch Unterricht?

Ja, wenn es den Kindern gut geht, werden sie von den Kliniklehrern unterrichtet. Allerdings schreiben die Kinder keine Klassenarbeiten. Unsere Lehrer erkundigen sich bei der Heimatschule auf welchem Stand man gerade ist. Manchmal kommen auch Lehrer von der Heimatschule. Es gab sogar schon ein paar Fälle, in denen die Älteren neben der Therapie für das Abitur gelernt haben.

Wenn Sie nach einem anstrengenden Tag nach Hause kommen, was tun Sie als Erstes?

Ich esse und lege mich entweder in unseren Garten oder auf das Sofa, um ein wenig zu entspannen.

Was ist das Schönste, das Sie in Ihrem Beruf erlebt haben?

Wenn uns unsere Patienten nach einer erfolgreichen Therapie besuchen, ist das immer sehr schön. Viele ehemalige Patienten schicken uns auch Karten zu Ostern, Weihnachten oder aus ihren Ferien. Es tut gut, die wieder gesunden Kinder und Jugendlichen zu sehen, da es leider auch Patienten gibt, denen wir nicht mehr helfen können. Doch wenn ich unsere ehemaligen kleinen und großen Patienten sehe, motiviert es mich sehr, weiterzumachen.

Was war das Lustigste, das Sie in Ihrem Beruf erlebt haben?

Mit Kindern erlebt man ja immer wieder lustige Situationen. Was mir da spontan einfällt, war ein ungefähr drei Jahre alter Junge, der es liebte, einen Kinderwagen über die Station zu schieben und "Hakuna Matata" aus "König der Löwen" zu singen.

u Die Fragestellerin besucht die Klasse 8 des Progymnasium Rosenfeld.