Elina Marvukaj (rechts) hat von ihrer Lehrerin Ute Susanne Grebe viel Unterstützung bekommen. Ihr Wunsch: Sie und ihre jüngeren Geschwister Xheni und Lear sowie die Eltern sollen in Deutschland eine neue Heimat finden. Foto: Ungureanu Foto: Schwarzwälder-Bote

Flüchtlinge: Waldorfschule setzt sich mit Unterschriftenliste für eine fünfköpfige Familie aus Albanien ein

Von Gert Ungureanu

Elina Marvukaj kommt aus Albanien. Seit einem Jahr besucht sie die elfte Klasse der Waldorfschule. Jetzt soll sie zusammen mit ihren beiden Geschwistern und den Eltern abgeschoben werden. Dagegen setzen sich Schüler, Eltern und Mitarbeiter der Waldorfschule ein.

Balingen-Frommern. In der albanischen Stadt Shkodra habe ihr Vater als Busfahrer gearbeitet, die Mutter hatte einen eigenen Imbissladen, erzählt die 18-Jährige. Dann sei ihr Vater angeschossen worden. Dabei sei es um Blutrache gegangen, "eine alte Geschichte aus dem Jahr, in dem ich geboren wurde". Blutrache werde in Albanien noch praktiziert, Tausende junge Männer würden aus Angst nicht aus dem Haus gehen. Die Angst sei geblieben.

Am 30. März 2014 kam die fünfköpfige Familie nach Deutschland und über Stationen in Dortmund, Bielefeld und Karlsruhe nach Balingen. Ein Jahr lang wohnten Eltern und Kinder in der Gemeinschaftsunterkunft in der Beckstraße, danach kamen sie in die Anschlussunterbringung nach Rosenfeld.

Eine ehemalige Schülermutter, die sich in der Flüchtlingsarbeit engagiert, habe sich dafür eingesetzt, dass Elina in der Waldorfschule aufgenommen wird, erzählt ihre Französisch-Lehrerin Ute Susanne Grebe und betont: "Das haben wir keinen Moment bereut." Elina habe sich vom ersten Tag an "ganz wurderbar integriert". Derzeit arbeite sie an einem Projekt zum Thema Inklusion. Dabei gehe sie der Frage nach, welche Rechte Menschen mit Behinderung haben.

Auch ihre Schwester Xheni, die die Klasse sechs am Balinger Gymnasium besucht, und ihr Bruder Lear, der in die Grundschule in Rosenfeld geht, sprechen gut Deutsch. Der 56-jährige Vater und die 46-jährige Mutter hätten zwar einen Sprachkurs bekommen, würden aber nur sehr schlecht Deutsch sprechen. "Sie würden gerne arbeiten", sagt Elina.

Gegen den Abschiebungsbescheid, der im Januar ins Haus flatterte, hat die Familie Widerspruch eingelegt und einen Tübinger Rechtsanwalt eingeschaltet – mit ungewissem Ausgang, denn Albanien gilt als sicheres Herkunftsland. Sollte sie tatsächlich in Deutschland bleiben dürfen, würde sie gerne Sozialarbeiterin werden – "wenn ich das Abitur schaffe". Xheni hat einen ganz anderen Traumjob: "Ich möchte Polizistin werden, aber keine Ahnung, ob ich das schaffe", sagt sie.

Lear hat sich noch nicht festgelegt. Er spielt gerne Fußball, kickt in der E-Jugend des SV Rosenfeld. "Wir sind auf Platz drei", sagt er. "Nur gegen Rangendingen haben wir verloren."

Ute Susanne Grebe hat bei einer Schulveranstaltung 350 Unterschriften gesammelt und einen Brief an Landrat Günther-Martin Pauli verfasst, in dem sie um Unterstützung bittet. Derweil leben die drei Geschwister und ihre Eltern mit der Angst, dass man sie eines Nachts abholen und in ihre Heimat abschieben könnte.