Foto: Maier

46-jähriger Balinger wird wegen Versicherungsschwindel in erheblichem Umfang zu Bewährungsstrafe verurteilt

Balingen - Zwölf vollendete Taten, zwei Versuche, 80.000 Euro Schaden: Wegen Betrugs in erheblichem Ausmaß ist am Donnerstag ein 46 Jahre alter Balinger vom Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Der Mann hatte die Taten eingeräumt.

Richterin Goßger sprach in der Urteilsbegründung von einer enormen kriminellen Energie, die den 46-Jährigen geleitet habe. So habe dieser insgesamt einen "erheblichen Schaden" angerichtet. Der Mann selbst, Sohn einer Balinger Unternehmerfamilie, hatte von einer "Ausnahmesituation" gesprochen, in der er die Taten in den Jahren 2013 und 2014 begangen habe; nach seiner Anhörung erkannte auch Richterin Goßger an, dass kurz vor der Tatzeit der Lebensentwurf des Mannes sowie dessen berufliche und private Situation zusammengebrochen sei.

Konkret hatte der Angeklagte, Inhaber zweier Kreditkarten bei der Volksbank Hohenzollern-Balingen und der Sparkasse Zollernalb, die darin enthaltenen Reiserücktrittsversicherungen betrogen. In zwölf Fällen gab er an, Reisen gebucht, allerdings wegen Krankheitsfällen doch nicht angetreten zu haben.

Tatsächlich gebucht war keine der teuren Reisen, die angeblich in die USA, nach Mexiko oder Hongkong führen sollten: Der 46-Jährige hatte sowohl die Buchungs- wie auch die Stornierungsunterlagen gefälscht, ebenso die Kontoauszüge, die die Bezahlung der Reisen dokumentieren sollten, sowie die ärztlichen Bescheinigungen, mit denen er die vermeintlich zum Reiserücktritt führenden Krankheiten dokumentierte. Verwendet hatte er dafür auch einen Arztstempel, den er in der Praxis eines ihm bekannten Mediziners geklaut hatte. Insgesamt entstand ein Schaden von etwas mehr als 80.000 Euro.

Beide Versicherungen haben bezahlt

Erst nach jeweils sieben solcher Fälle wurden die beiden Versicherungen stutzig – eine Anzeige im Sommer 2015 brachte die Ermittlungen in Gang. Richterin Goßger wunderte sich, dass die Betrügereien nicht viel früher aufflogen.

Der 46-Jährige selbst sagte, auch er sei davon ausgegangen, dass man ihm früher auf die Schliche komme – auf der anderen Seite sei es doch sehr leicht gewesen: Den ersten Versicherungsfall habe er identisch beiden Versicherungen gemeldet, in der Hoffnung, dass eine schon zahlen werde. Beide zahlten. Und so machte er weiter, in "gewerbsmäßigem Stil", wie es Richterin Goßger bewertete.

Auslöser für die Betrügereien sei im Jahr 2013 seine persönliche Situation gewesen, schilderte der 46-Jährige mit stockender Stimme und unter Tränen. Er hatte in diesem Jahr seinen Geschäftsführer-Job im väterlichen Betrieb verloren, für dessen Leitung er eigentlich bestimmt und in dem er zuvor 13 Jahre tätig gewesen war. Dazu kam die schwere Erkrankung seiner Tochter sowie der Tod einer für ihn wichtigen Bezugsperson innerhalb der Familie. "Ich wusste nicht mehr weiter", sagte der Angeklagte; er habe finanziellen Druck verspürt, unter Versagensängsten gelitten und sei vom Gefühl bestimmt gewesen, als Sohn und Vater nicht zu genügen.

Vor der Familie, insbesondere dem Vater, hielt er seine finanzielle Not, die trotz eines neuen Jobs mit dem Verlust des Geschäftsführerpostens verbunden war, zunächst geheim. Auch sein persönliches Umfeld wusste zunächst nichts – bis die Betrugsvorwürfe in diesem Frühjahr doch öffentlich wurden. "Das war eine Katastrophe". Darunter habe seine Familie, hätten insbesondere die Kinder stark gelitten, und auch er persönlich: Freunde hätten sich abgewandt, sein geliebtes ehrenamtliches Engagement im Verein habe er aufgegeben.

Mittlerweile geht es wieder aufwärts, auch mit Hilfe der Familie. Die Schadenssumme ist zwischenzeitlich komplett beglichen worden. Nachdem er seit Frühjahr 2016 von Arbeitslosengeld lebt, hat er nun eine neue Stelle in Aussicht. All das würdigte auch Richterin Goßger, hielt aber ebenso fest: "Sie wollten auf betrügerische Weise zu Geld kommen, das fehlte." Weswegen der Balinger neben der Bewährungsstrafe auch zu einer Geldauflage in Höhe von 5000 Euro verurteilt wurde. Das Urteil solle "spürbar" sein.

In einem anderen Punkt kam die Richterin dem Familienvater indes entgegen: Die Festplatte, die neben seinem PC beschlagnahmt worden war, soll er zurückbekommen. Darauf gespeichert sind die Bilder der Kinder, von Geburt an – und auch einige der Schreiben, mit denen er die Versicherungen betrogen hat. Sie sei sich aber sicher, so Goßger in Richtung des Mannes, "dass Sie diese nicht mehr verwenden werden".