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Festival-Freitag in Balingen: Sänger Dee Snider hat leichtes Spiel mit Fans.

Balingen - "We’re Not Gonna Take It" – fünf Worte, nur ein Satz. Und doch all das, was das Bang Your Head ausmacht. Der Rock-Klassiker von Twisted Sister ist längst zur BYH-Hymne geworden. Und mit Sänger Dee Snider verbindet Festival-Macher Horst Franz auch eine ganz besondere Freundschaft: Der stets mit üppiger Lockenpracht und reichlich Make-up auftretende Frontmann war Trauzeuge des BYH-Machers. Und am Freitag vielleicht zum letzten Mal Gast in Balingen. Denn Twisted Sister sind auf Abschiedstournee, nachdem ihr Schlagzeuger A. J. Pero im vergangenen Jahr verstorben ist. Doch von gefühlsduseliger Stimmung war auf dem Messegelände und drumherum nichts zu spüren.

"We’re Not Gonna Take It" war dagegen omnipräsent: im Supermarkt, auf dem Parkplatz, im Metal Camp, in der Schlange vor dem Einlass und natürlich auf dem Festivalgelände selbst. Mal nur leise gesummt, dann lautstark und inbrünstig von einer kleinen Gruppe Fans skandiert. Der Festival-Freitag war ganz klar Twisted-Sister-Tag – und es war, aus Sicht des DRK, ein bisher "geordneter und eher ruhiger Festivalverlauf". 200 Mal waren die Helfer bereits gefordert, 18 Patienten mussten ins Krankenhaus. Die Polizei meldete: keine Vorkommnisse. So kann es weitergehen.

Bevor die schrillen Schwestern am Abend auftraten, hatten die Fans bereits viele Stunden Musik genossen. An Night Demon war es zur Mittagszeit, die letzte Müdigkeit aus den Festivalgängern zu schütteln. Und mit ihrem untadeligem Retro-Sound trafen die amerikanischen Newcomer durchaus den Nerv des Publikums. Auch wenn bei manchem Zuhörer doch die recht kühle Nacht ihre Spuren hinterlassen hatte. "Der Regen gestern hat uns nichts ausgemacht", meint beispielsweise Erik, der es sich mit seiner Gruppe in zwei Autos und einem Zelt gemütlich eingerichtet hat. "Wir sind kurz zurück zu unserem Lager, haben uns umgezogen, gevespert und sind dann wieder aufs Gelände", sagt der Reutlinger. "Slayer war genial, das mussten wir auch noch mit unseren Zeltnachbarn etwas feiern", sagt Erik und schmunzelt. Da sei es doch etwas spät geworden, und man habe die frösteligen Temperaturen etwas unterschätzt – "doch die Party geht natürlich weiter".

Auf der Bühne spielt mittlerweile Freedom Call. Die leichtverdaulichen Klänge mit viel positiver Energie und das fröhliche Gemüt der Franken verfehlen ihre Wirkung nicht. Etwas ursprünglicher wird es mit den amerikanischen Urgesteinen von Manilla Road. Bei der Formation Impellitteri bedient schließlich mit Rob Rock ein bekannter Geselle das Mikro und stellt somit das Gegengewicht zum Gitarrenvirtuosen und Namensgeber Chris Impellitteri dar. So darf der Nachmittag gerne weitergehen.

Die US-Trasher von Sacred Reich ziehen die Zügel dann aber mächtig an, die Saiten werden richtig geschrubbt. Und wer bis dato keinen Grund sah, seine langen Haare fliegen zu lassen, hatte jetzt keine Ausrede mehr. Ins gleiche Horn stößt auch Metal Church, die Band, die nach mehr als 20 Jahren endlich wieder mit Frontmann Mike Howe aufwarten kann. Unaufhaltsam rast der Thrash-Metal-Zug weiter, die Kanadier Annihilator sind dabei alles andere als auf "The Road To Ruin", aber gerade solche Songs haben ihnen schon früh einen Kultstatus eingebracht.

Und auch der Co-Headliner des Abends, Testament, gönnt den durchgeschwitzten Headbangern vor der Bühne kaum ein Päuschen. Dann hat das Warten endlich ein Ende. Der Platz ist voll, die Stimmung prächtig, aus tausenden Kehlen erklingt die Festival-Hymne von Twisted Sister. Dee Snider hat leichtes Spiel. Ein Hit nach dem anderen schmettern er und seine wilden Schwestern ins Publikum. Bis, ja, bis dann wirklich der letzte Akkord erklingt. Die Fans machen aber da weiter, wo sie bereits am Morgen begonnen hatten. "We’re Not Gonna Take It", schallt es aus unzähligen Kehlen.

 Am Samstag geht die 21. Auflage des Bang Your Head in ihre finale Runde. Melodischer und rockiger als bisher. Delain, Great White, Uriah Heep und Dirkschneider sorgen auf der Bühne für Abwechslung, Iced Earth beenden das Metal-Spektakel.