Kommen doch nicht zusammen: Die Rottweiler Vorstände Alois Schanz und Henry Rauner (Bild links, von links) und die Balinger Kollegen Edgar Luippold und Joachim Calmbach führen auch künftig eigenständige Volksbanken. Die Fusion zwischen den Balinger und Rottweiler Bankhäusern ist gescheitert. Foto: Maier/Schulz

Banken aus beiden Landkreisen finden doch nicht zusammen. Luippold: "Nach allen Seiten offen".  

Balingen/Rottweil - Die Ehe zwischen den Volksbanken Balingen und Rottweil kommt nicht zustande. Zwei Jahre nach den ersten Gesprächen sind die Fusionsbemühungen gescheitert. Die gemeinsame Zeit ist damit abgelaufen, noch bevor sie richtig begann.

Das Aus kommt überraschend, zumal der Rottweiler Chef Henry Rauner im Gespräch mit unserer Zeitung noch vor wenigen Tagen voller Zuversicht war. Und jetzt das: Nach eingehender Beratung und Prüfung habe man über "wesentliche Aspekte des Zusammenschlusses" letztlich keine Einigung erzielen können, teilen die Balinger Vorstände Edgar Luippold und Joachim Calmbach gestern mit. Die Fusionsgespräche würden deshalb beendet. Die Rottweiler geben eine ganz ähnliche Erklärung heraus – in der sie allerdings darauf verweisen, dass die Balinger Volksbank "selbständig bleiben" möchte. Gestern sagte Rauner dann, dass der Aufsichtsrat der Volksbank Balingen vorige Woche mit dem Vorstand getagt und die Verschmelzung abgesagt habe. Das Aus kommt für Rauner "überraschend". Was ist der Grund für die gescheiterten Fusionsbemühungen?

Edgar Luippold erklärt auf Nachfrage, dass die Unterschiede in der Unternehmenskultur, im Führungsstil und in der Frage der künftigen Ausrichtung der geplanten Groß-Bank einfach zu groß gewesen seien. Zudem hat es offenbar auf höchster Ebene menschlich dann doch nicht gepasst. Angesichts der Bedenken, so Luippold, habe man sich entschieden, die Reißleine zu ziehen – und die Fusion abzublasen.

Die Ehe zwischen den Volksbanken Balingen und Rottweil war eigentlich fix für das kommende Jahr geplant. Wie bei einer richtigen Hochzeit stand schon (fast) alles fest. Den Vorstand sollte zunächst ein Rottweiler Vorstand führen (also Henry Rauner), der Aufsichtsratsvorsitzende sollte aus den Reihen der Balinger Bank kommen. Da der oberste Balinger Aufseher Ernst Höfer im kommenden Jahr ebenso ausscheiden wird wie sein Pendant auf Rottweiler Seite, Adelbert Hugger, hatte man sich gemeinsam auch schon einen Nachfolger ausgeguckt, einen Balinger.

Auch die Termine, an denen es zum Treueschwur hätte kommen sollen, wurden ins Auge gefasst. Am 14. Mai hätte die Fusionsversammlung in Balingen, am 10. Juni in Rottweil stattfinden sollen. Ebenso geklärt war die heikle Frage, wer auf der zweiten Führungsebene in der gemeinsamen Bank das Sagen haben wird.

Die Formel ist so einfach wie gnadenlos: Aus zwei mach eins, aus zwei Bereichen wird einer. Das bedeutete aber auch: Einer, der bislang Bereichsleiter war, musste dem Pendant aus der anderen Bank den Vortritt lassen. Die Vorstandsmitglieder, von einem externen Büro beraten, gingen da möglichst objektiv vor: Wer Bereichsleiter werden wollte, musste sich offiziell bewerben. Freilich wurde da um Posten geschachert, lagen Glück und Enttäuschung dicht beieinander, aber die Namen standen fest. Auch die kommenden Schritte waren geplant: Nachdem in Balingen bereits weitere Vertreterversammlungen stattgefunden hatten, waren derartige Veranstaltungen in Rottweil für den November geplant. In Balingen habe es kritische Stimmen gegeben sagt Luippold, aber die Mehrheit der Vertreter habe sich klar für die Fusion ausgesprochen.

Auch der Rottweiler Vorstand mit seinem Sprecher Henry Rauner und den weiteren Mitgliedern Alois Schanz und Gislinde Sachsenmaier hätte kritische Fragen zu parieren gehabt. Beispielsweise was die zukünftige Zahl der Vertreter anbelangt. In Rottweil gilt bislang der Schlüssel 30 zu eins: Pro 30 Mitglieder gibt es einen Vertreter. Diese Quote hätte auf 100 zu eins verändert werden sollen – das ist der Balinger Schlüssel.

Die Folge wäre in Rottweil gewesen: Rund zwei Drittel der insgesamt 734 Vertreter hätten ihre Aufgabe verloren. Für manchen einhergehend mit einem Bedeutungs- und Ansehensverlust.

Auch ein Thema: der neue Name. In der Vertreterversammlung im Mai hatte es schon kritische Anmerkungen gegeben. Nicht jeder Rottweiler mochte es als angemessen empfinden, dass seine Bank erst an zweiter Stelle genannt wird. Wo sie dazu noch das bilanzstärkere Haus darstellt.

Die Chemie stimme weiterhin

Und dennoch: Auf den Stand der Fusionsverhandlungen angesprochen, gab sich der Rottweiler Chef Henry Rauner noch vor wenigen Tagen sehr optimistisch. Man sei auf einem guten Weg, die Chemie stimme weiterhin, so Rauner.

Auch die Mitarbeiter hätten die Veränderung positiv aufgenommen. Rauner nannte Projekte, die gerade bearbeitet würden: Ein Thema war, die Arbeitsprozesse und die Qualitätsstandards zu vereinheitlichen, Beispiel: In beiden Häusern sollte die Baufinanzierung nach dem gleichen Muster abgewickelt werden. Jetzt ist das ganze Projekt abgewickelt.

Für die Balinger Bank wiederholt sich damit teilweise die Geschichte: 2003 hatte sie sich, damals noch unter Luippolds Vorgänger Klaus Maier, an die Volksbank Heuberg herangepirscht – ohne Erfolg. 2004 dann streckten sowohl die Volksbank Balingen alse auch die Volksbank Rottweil ihre Fühler aus nach der Raiffeisenbank Oberes Schlichemtal – beide kamen nicht zum Zuge, der glückliche Bräutigam war die Volksbank Ebingen. Jetzt hat offenbar Balingen den Rottweilern einen Korb gegeben.

Weitere – intensive – Verbandelungsversuche mit einer der sieben Genossenschaftsbanken im Zollernalbkreis (Ebingen, Hohenzollern, Tailfingen, Winterlingen, Heuberg, Onstmettingen, Geislingen-Rosenfeld) habe es seitdem nicht mehr gegeben, sagte Luippold gestern; auch deshalb, weil es im Kreis "einen Trend, ein Bewusstsein für die Eigenständigkeit" gegeben habe. Deswegen die Orientierung nach Rottweil – die nun im Sande verläuft.

Für Kooperationen und Partnerschaften sei man gleichwohl weiterhin "offen und gesprächsbereit", so Luippold. Größere Einheiten seien im Bankgeschäft angesichts des Wettbewerbs wirtschaftlich durchaus sinnvoll. Allerdings werde die Volksbank Balingen ganz sicher nicht jetzt und sofort, so kurz nach dem Ehe-Aus mit Rottweil, auf die Suche nach einem neuen Fusionspartner gehen. "Wir stehen nicht schlecht da", so Luippold, "wir müssen nicht um jeden Preis fusionieren". Das Ehe-Aus will erst einmal verdaut werden.