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Nur keine Angst vor Schaf Paula: Ramona Blind hat in Zillhausen eine spezielle Kleinkindgruppe ins Leben gerufen

Von Steffen Maier

Balingen-Zillhausen. Ganz plötzlich kommt Paula um die Ecke, sie soll heute ihren großen Auftritt haben, doch erst einmal löst sie großen Schreck aus. Wie es nun einmal ihre Art ist, stand sie bis vor wenigen Minuten hinter einem Zaun, begutachtete, was die Väter, Mütter, Großeltern und vor allem die Kinder nur wenige Schritte entfernt so trieben, und kommentierte das alles mit einem regelmäßigen Blöken. Soll wohl heißen: Ich will auch mitspielen!

Als Ramona Blind den Zaun öffnet, schießt Schaf Paula um die Ecke, beschnuppert alles und jeden, und vor der kleinen, etwas mehr als ein Jahr alten Leni bleibt sie stehen und blökt ihr besonders ganz laut ins Gesicht. Soll wohl heißen: Gib mir etwas zu essen! Leni erschrickt, fängt an zu weinen, ihre Mama nimmt sie auf den Arm, der Schreck ist aber schnell weg, Leni konzentriert sich wieder auf die Kaninchen. Alles gut. Und Paula kommt wieder hinters Gatter.

Kleinkinder, und was es da nicht alles gibt: In Balingen stehen für die ganz jungen Sprösslinge mittlerweile jede Menge Angebote und Betreuungsformen offen. Sie werden ganz normal in den Kindergarten geschickt, gemeinsam mit schon Älteren, sie werden in Krippen betreut, es gibt den Waldkindergarten – aber Ramona Blinds buchstäbliche Tierstunde in Zillhausen ist das einzige Angebot, das speziell Kleinkinder ab einem Alter von drei Monaten bis etwas eineinhalb Jahren ganz gezielt mit Tieren zusammenbringt.

Seit 2008 lebt Ramona Blind, die eine Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin absolviert und sich auf tiergestützte Therapieformen und Pädagogik spezialisiert hat, mit Mann und mittlerweile drei Kindern auf dem Hof in Zillhausen an der Straße in Richtung Streichen; die jüngste Tochter ist vier Monate alt. 2010 begründete die heute 31-Jährige den Begegnungshof- und Erlebnishof und gab ihm den Namen Nepomuk. Auf dem Hof leben zahlreiche Tiere friedlich zusammen, Hunde, Katzen, Kaninchen, Meerschweinchen, Schafe, zwei Minischweine namens Rosalie und Twinky, zwei Sauen, die auf die Namen Sam und Fridolin hören, dazu Esel und Hühner. Sie alle werden gehätschelt, umsorgt und gepflegt – schließlich sind die Tiere allesamt auch quasi Mitarbeiter.

Ramona Blind ist überzeugt vom positiven Einfluss, den Hund, Katze, Esel und Co. auf Menschen haben können. Tiere tragen demnach zur Entspannung und Stressabbau bei, sie können Selbstbewusstsein geben, sie lösen Freude aus, manchmal sind sie einfach nur da und das ist dann auch gut so. Mit ihren Tieren hat Ramona Blind schon Seniorenheime besucht, ebenso Kindergärten und Schulen – das neueste Ding ist die tierische Baby-Spielgruppe, die seit Anfang Mai läuft.

Die wenige Monate alten Kinder haben hier freitagmorgens für eine Stunde tierischen Umgang. Zu Beginn wird immer Musik gehört, die Gruppe sitzt im Kreis auf Strohballen unter einem schattigen, großen Baum. Dann kommen die Kaninchen, Meerschweinchen und die jungen Küken dazu, die Kinder wie Leni haben sich daran schon gewöhnt. Sie streicheln die Tiere sanft, weil sie gelernt haben, dass man sie nicht erschrecken und auch nicht allzu stark an ihnen zupfen darf. "Der Kontakt zwischen Mensch und Tier kann nicht früh genug beginnen", meint Ramona Blind. Sie wolle das Modell einer alternativen, auf der Verbindung mit der Natur basierenden Erziehung aufzeigen – und dabei mehr bieten als einen Streichelzoo.

Je nach Interesse soll es möglicherweise nach den Pfingstferien noch eine zweite Kinder-Tier-Runde geben. Acht Kinder ist die derzeitige Gruppe groß, mehr sollen es auch nicht sein, so Blind: So können sich Mensch und Tier besser aneinander gewöhnen. Siehe Paula: Beim nächsten Termin nach den Ferien bekommt das Schaf seine zweite Chance. Möglicherweise ist es mit seinem Geblöke für die jungen Krabbler dann schon gar nicht mehr so erschreckend.

Weitere Informationen: Im Internet unter www.www.begegnungs-und-erlebnishof-nepomuk.de