Die erste bekannte Ansichtskarte aus Balingen stammt ungefähr aus dem Jahr 1895. Foto: Stadtarchiv

 "Grüße aus Balingen – Historische Ansichtskarten"­ zeigt mehr als hundert Jahre alte Motive.

Balingen - Wer vor hundert Jahren Post aus Balingen bekam, empfing auch mal "durstige Grüße" von einem trinkenden Mann auf einem Fass. Postkarten wie diese sind ab dem 18. November im Zehntscheuer Balingen zu sehen.

Ihren Boom erlebten Postkarten lange bevor Reisende mal eben per Whats -App ein paar Schnappschüsse aus dem Urlaub in die Heimat senden konnten. "Genau genommen zwischen 1895 und 1920", weiß Stadtarchivar Hans Schimpf-Reinhardt.

In dieser Zeit nämlich wurde nicht nur der Druck von Farbbildern, sondern generell auch die preiswerte Massenproduktion von Ansichtskarten technisch möglich. Ungefähr aus dem Jahr 1895 muss auch die älteste Balinger Postkarte stammen – genau kann das aber niemand mehr sagen.

Insgesamt zeigt die Ausstellung über 300 Exemplare. Davon hat das Stadtarchiv etwa 220 Karten eingescannt und im DIN-A-4-Format ausgedruckt. "So können auch mehrere Besucher gleichzeitig eine Postkarte betrachten", erklärt Schimpf-Reinhardt die Problematik einer solchen Ausstellung.

Normalerweise hat das Stadtarchiv über die Weihnachtszeit historisches Spielzeug, wie zum Beispiel Puppen und Eisenbahnen aus aller Welt, ausgestellt. "Dieses Jahr wollten wir aber mal was ganz anderes machen und den Balingern diesen über die Jahrzehnte entstandenen Schatz präsentieren", erklärt der Stadtarchivar, während er auf die hunderten, teilweise sichtlich in die Jahre gekommenen Sammlerstücke deutet.

Besonders spannend findet Schimpf-Reinhardt die Eindrücke vom Wandel des Stadtbildes. "Wenn man eine Stadtansicht von 1930 mit der ähnlichen Perspektive auf einer Postkarte aus dem Jahr 1950 vergleicht, sieht man plötzlich dicht besiedelte Gebiete, wo früher nur Wiesen waren", erzählt er begeistert: "Legt man diese beiden Karten übereinander, hat das einen faszinierenden Effekt."

Umgekehrt gibt es natürlich auch Postkarten, die Objekte und Bauwerke zeigen, die heute nicht mehr existieren. "Zum Beispiel gab es früher einen Fußgänger-Steg, der von der Stadt direkt zum Friedhof herüberführte", sagt Schimpf-Reinhardt. Ein anderes Bild zeigt eine stählerne Brücke über die Eyach kurz nach dem Hochwasser 1895.

Dabei haben die Karten auf den verschiedensten Wegen zu Schimpf-Reinhardt gefunden: Ein Teil stammt aus Privatbesitz und wurde der Stadt einfach geschenkt, andere Exemplare wurden von Stiftungen übergeben, und wieder andere hat das Stadtarchiv von Ansichtskarten-Antiquariaten aus dem gesamten Bundesgebiet aufgekauft.

"Für eine enorme Bereicherung unserer Bestände sorgte auch die Auflösung des Postkartenverlags Gebrüder Metz in Tübingen zu Beginn der 1990er-Jahre", weiß Schimpf-Reinhardt. "Dabei kamen die meisten Schätze zum Vorschein, die dann die Städte im Landkreis in ganzen Mustermappen kauften."

Neben den vielen historisch interessanten Ansichten aus Balingen hat der Stadtarchivar auch ein etwas skurriles Lieblingsstück, etwa aus dem Jahr 1908, gefunden: Auf einem Fass ist die Friedrichstraße perspektivisch abgebildet; betitelt ist die Ansicht mit "Durstige Grüße aus Balingen", die ein fröhlich prostender Herr mit Bierglas in der Hand ausrichtet.

Nachdem die Karten teilweise über hundert Jahre deutschland- und womöglich auch weltweit verteilt waren, sind sie nun wieder zurück an ihrem Ursprungsort – in Balingens Stadtkern.

 Info: Die Ausstellung "Grüße aus Balingen – Historische Ansichtskarten" ist vom 18. November 2016 bis 2. April 2017 im Zehntscheuer Balingen zu sehen. Geöffnet ist immer dienstags bis sonntags von 14 bis 17 Uhr.