Im angeregten Gespräch: Anton Hofreiter mit den Bio-Landwirten und Grünen-Kandidat Erwin Feucht (von links). Foto: Privat

Grünen-Chef über Tierhaltung, Gentechnik, Glyphosat. "Mit Bio kann man die Welt ernähren".

Balingen-Ostdorf - Über die Landwirtschaft der Zukunft hat Anton Hofreiter, Vorsitzender der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, mit "Rinderflüsterer" Ernst Hermann Maier und Bio-Landwirt Manfred Kränzler und rund 100 Interessierten in Ostdorf diskutiert.

In naher Zukunft werden etwa neun bis zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben. Ist eine Landwirtschaft dann noch ohne Massentierhaltung, Gentechnik und Glyphosat möglich, um alle satt zu bekommen? Ein klares "Ja" kam von den Podiumsteilnehmern in der Uria-Halle der Familie Maier.

Bio-Landwirt und Bodenexperte Manfred Kränzler bewirtschaftet seit 2002 den Schönberghof in Isingen. Er geht neue Wege, macht Versuche und entwickelt weiter, statt auf konventionelle Methoden zu setzen. Eines seiner Steckenpferde ist der "Humusaufbau". Kränzler will "die Erde wieder verlebendigen" und zitiert Rudolf Steiner, den Begründer der biologisch-dynamischen Landwirtschaft. Was poetisch klinge, ermögliche der Erde, Nährstoffe und Wasser zu speichern.

Fruchtbarkeit und sogar Hochwasserschutz würden dadurch wieder möglich. Kränzler setzt auf Hauptkulturen mit bis zu zwölf Untersaaten und kann seine Erträge stetig steigern. Weltweit werde die Nahrung zu 80 Prozent von Kleinstbauern erzeugt, nicht von Konzernen, betont Kränzler. Was bedeute: "Mit Bio kann man die Welt ernähren."

Ernst Hermann Maier, der auch Vorsitzender des Uria-Vereins ist, macht seit Jahren mobil gegen Massentierhaltung und große Schlachthöfe, die Tiertransporte über weite Strecken erforderlich machen. Er tötet seine Rinder vor Ort auf der Weide: "Wir beamen sie direkt in den Kuhhimmel!"

Die Tiere sieht der "Rinderflüsterer" als Kulturbegleiter des Menschen, die Gras und Heu fressen und kein Kraftfutter aus Südamerika, geschweige denn Medikamente oder Hormone benötigen. Auf die globalen Zusammenhänge ging der Bundespolitiker Anton Hofreiter ein. Mehr als 800 Millionen Tiere würden pro Jahr in Deutschland geschlachtet, sagte er. Für die Tiermast müssten Futtermittel aus Südamerika importiert werden.

Überschüssiges Fleisch werde zum Beispiel nach Afrika exportiert. In Südamerika würden Menschen durch die Agroindustrie von ihrem Land vertrieben, um Monokulturen für den Sojaanbau zu schaffen. In Afrika würden die lokalen Wirtschaftsstrukturen durch Billigfleisch aus Deutschland zerstört. Hofreiter sieht in der Agroindustrie einen Auslöser für die "Klimakatastrophe" und fordert neben Transparenz für den Verbraucher eine Änderung der Verordnungen für Futtermittelimporte und die Tierhaltung.

Mehr als fünf Milliarden Euro Steuergelder flössen jedes Jahr als Subventionen in die Landwirtschaft, davon erhielten die drei bis vier größten Landwirtschaftsbetriebe rund 25 Millionen Euro. Weitaus sinnvoller findet es Hofreiter, öffentliche Gelder auszugeben, wenn Landwirtschaft für Natur-, Arten- und Klimaschutz sorge. Auch der Weltagrarbericht, 2008 von 400 Wissenschaftlern im Auftrag der Weltbank und der UN verfasst, sehe in der industriellen Landwirtschaft eine Sackgasse.

Durch den Abend führte der grüne Bundestagskandidat Erwin Feucht.