Verbotsschild mit Trauerflor im Stuttgarter Schlossgarten: Die Gegner von Stuttgart 21 lassen nicht locker. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder-Bote

Christdemokraten wollen Tiefbahnhof vorantreiben und wittern darin eine "einmalige Chance" / Grüne kontern in "Balinger Erklärung"

Zollernalbkreis. Christdemokraten, CSU und Grüne nehmen Stellung zu Stuttgart 21 – mit unterschiedlichem Tenor. Karsten Amann schreibt im Namen der CDU Württemberg-Hohenzollern und der CSU Schwaben: "Stuttgart 21 einmalige Chance für Südschiene aus Baden-Württemberg und Bayern."

Die Grünen im Regionalverband haben hingegen zu einem Tagesordnungspunkt in der heutigen Regionalversammlung, die ab 10 Uhr im Sitzungssaal des Balinger Landratsamts stattfindet, eine "Balinger Erklärung zum Projekt Stuttgart 21" verabschiedet. Darin heißt es: "Der vorliegende Verwaltungsentwurf wertet aus unserer Sicht die Vorteile des Projekts Stuttgart 21 zu einseitig und teilweise sachlich unrichtig und spart die vorhandenen Risiken völlig aus, so das wir diesen Text nicht unterstützen können."

Während die Bezirksverbände der CDU Württemberg-Hohenzollern und der CSU Schwaben gemeinsam die zügige Umsetzung von Stuttgart 21 fordern, verweisen die Grünen auf die neuen Erkenntnisse, die in den vergangenen Monaten bekannt geworden sind, unter anderem das SMA-Gutachten zu den bahnbetrieblichen Engpässen, eingeräumte Kostensteigerungen und externe Prognosen für weitere Kostensteigerungen, die "alle Befürchtungen bestätigen und ein unbeirrtes Festhalten an diesem Projekt, auch aus Sicht unserer Region, verbieten".

"Die Wettbewerbsfähigkeit unserer Bundesländer steht und fällt mit der Qualität ihrer Infrastruktur", unterstreichen die Bezirksvorsitzenden, der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Schockenhoff und der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. "Stuttgart 21, die Anbindung des Flughafens Stuttgart an das Hochgeschwindigkeitsnetz, die Neubaustrecke Wendlingen – Ulm und deutlich schnellere Verbindungen von und nach Augsburg und München sind zentrale Investitionen in die Zukunftsfähigkeit von Baden- Württemberg und Bayern."

Seit Bestehen des Länderfinanzausgleiches würden Baden-Württemberg und Bayern Jahr für Jahr Milliarden an andere Länder zahlen und damit andernorts Verkehrsprojekte finanzieren. "Nun ist endlich einmal der Süden am Zug", sagt Schockenhoff und spricht von einer "historischen Infrastrukturmaßnahme", von der der ländliche Raum profitiere.

Nach wie vor sei nicht erkennbar, wieso die europäische Metropolregion Stuttgart ohne eine Realisierung von Stuttgart 21 nicht in das europäische Schienennetz eingebunden sein sollte, argumentiert Gerd Hickmann von der Grünen-Fraktion im Regionalverband. "Stuttgart 21 sieht in der Hauptverkehrszeit keinen attraktiver 15-Minuten-Takt von Tübingen/Reutlingen nach Stuttgart vor". Für die Fahrgäste zwischen Tübingen/Reutlingen und Stuttgart entstehe effektiv nur ein 30-Minuten-Takt.

Baden-Württemberg werde trotz des finanziellen Engagements für Stuttgart 21 auch in Zukunft die Investitionen in der Fläche nicht vernachlässigen, sicherte CDU-Politiker Schockenhoff zu. Die "ständigen Falschbehauptungen der Stuttgart 21-Gegner", dass die Mittel für das Bahnprojekt bei einem Projektstopp automatisch anderweitig in Baden-Württemberg eingesetzt würden, müssten aufhören. Die Gelder würden dann in andere Bundesländer fließen.

Die Grünen verweisen hingegen auf die bahnbetrieblichen Probleme des nur noch achtgleisigen Tiefbahnhofs. Zudem befürchten sie, dass die veranschlagten Baukosten von 4,1 Milliarden Euro für Stuttgart 21 sowie 2,9 Milliarden für die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm nicht ausreichen würden und dass für Schienenprojekte in anderen Landesteilen außerhalb des Kernprojekts Stuttgart 21 keine Mittel mehr zur Verfügung stehen werden.

Das Projekt stoße zudem auf eine geringe Akzeptanz. "Ein fairer Vergleich zwischen den Lösungen Tiefbahnhof (Stuttgart 21) und Ertüchtigung des bestehenden Kopfbahnhofs (Kopfbahnhof 21) muss endlich stattfinden", fordern die Grünen in ihrem Antrag. Dazu müsse die Ausformung der Wendlinger Kurve zwischen der Neckartalbahn und der Neubaustrecke Stuttgart-Ulm als zweigleisige und kreuzungsfreie Einschleifung, die Anbindung des Flughafens sowie der Ausbau der durchgängigen Züge aus dem Zollernalbkreis in den Knoten Stuttgart gewährleistet sein. "Hierfür bietet Stuttgart 21 keine Lösung." Wichtig sei zudem die Elektrifizierung der Zollernbahn sowie der Strecken Tübingen – Horb, der Ammertal- und Ermstalbahn.