Sozialminister Lucha äußert sich in der Krankenhausdebatte im Zollernalbkreis. Foto: Murat Foto: Schwarzwälder-Bote

Interview: Sozialminister äußert sich zur Zukunft des Klinikums

Zollernalbkreis. Die Zukunft der Krankenhauslandschaft ist derzeit ein heiß diskutiertes Thema, der Kreistag beschäftigt sich in der Sitzung am Montag, 23. Oktober, (18 Uhr, Festhalle Ebingen) erneut damit; dabei soll der Auftrag erteilt werden, einen Förderantrag ans Land zu stellen. Ein gewichtiges Wort mitzureden in der Krankenhausdebatte hat das baden-württembergische Sozialiministerium – wir haben mit Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) gesprochen.

Herr Lucha, Sie und Ihr Ministerium haben die Gutachten mit den verschiedenen Varianten zur Zukunft der Krankenhauslandschaft im Zollernalbkreis bereits im vergangenen Jahr geprüft. Ergebnis: Allein ein konzentrierter Neubau "auf der grünen Wiese" würde mit Landesgeldern unterstützt. Warum?

Um diese Frage zu beantworten muss ich zunächst ein wenig ausholen. Ziel der Krankenhauspolitik des Landes ist es, dass den Bürgerinnen und Bürgern in Baden-Württemberg auch künftig am richtigen Ort das richtige Angebot für eine bestmögliche medizinische Versorgung zur Verfügung steht. Das wird jedoch nicht ohne einen Strukturwandel in unserer Krankenhauslandschaft funktionieren, da die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten immer komplexer und daher immer spezialisierter werden. Darüber hinaus müssen die Krankenhäuser vielfältige Qualitätsvorgaben einhalten, von den Mindestmengen, also wie oft eine bestimmte Leistung pro Jahr mindestens erbracht werden muss, bis zur personellen Ausstattung. Zusätzlich geschieht das alles vor dem Hintergrund immer engerer finanzieller Spielräume. Es liegt auf der Hand, dass diese Entwicklungen Auswirkungen auf die Krankenhausstruktur im Land haben müssen, wenn wir die medizinische Versorgung der Bevölkerung auch in Zukunft auf einem hohen Niveau halten wollen. Daran führt auch nach Einschätzung aller Fachexperten kein Weg vorbei. Vor diesem Hintergrund sowie den dem Ministerium vorliegenden Informationen aus dem Gutachten wäre eine Konzentration von Krankenhausleistungen an einem Standort grundsätzlich zu begrüßen. Zumal das Krankenhaus in Albstadt dringend sanierungsbedürftig ist.

Das heißt im Umkehrschluss: Wenn der Landkreis als Träger des Klinikums das derzeitige Zwei-Häuser-Modell beibehalten will, gibt es für notwendige Modernisierungen oder Sanierungen kein Geld aus Stuttgart?

Wenn man die Frage nach zukunftsfähigen Krankenhäusern mit in der Regel eher größeren und leistungsfähigeren Kliniken verbindet, dann hat eine Zwei-Standort-Lösung eher schlechtere Karten. Denn durch die Konzentration von medizinischem Knowhow an einem Standort wird die Versorgungsqualität der Menschen erheblich verbessert; außerdem wird auf diesem Weg die notwendige Personalgewinnung erleichtert.

Wäre eine Zentralisierung allein in Balingen eine förderfähige Option?

Die Frage des geeigneten Standorts hängt von verschiedenen Faktoren wie der Verfügbarkeit eines Baugrundstücks, dessen Erreichbarkeit und mehr ab. Der genaue Standort ist auf Vorschlag des Krankenhausträgers im Rahmen der Planungsgespräche mit dem Ministerium abzustimmen.

Können Sie schon Aussagen darüber treffen, wann man im Zollernalbkreis mit Fördergeldern für den Neubau eines Zentralklinikums rechnen könnte?

Der nächste Verfahrensschritt für die Neuausrichtung der Krankenhausstrukturen im Zollernalbkreis wäre die Abstimmung des Landkreises mit dem Ministerium über seine konkreten konzeptionellen Vorstellungen zur zukünftig bedarfsgerechten stationären Versorgung. Daran anschließen würde sich die Beratung des Antrags im Landeskrankenhausausschuss mit dem Ziel einer entsprechenden Ausweisung im Landeskrankenhausplan. Ein schriftlicher Antrag des Zollernalbkreises liegt dem Ministerium dazu bislang nicht vor. Eine Aussage über die Förderung des Projektes kann aber erst erfolgen, wenn die bedarfs- und krankenhausplanerischen Fragestellungen geklärt sind.

Die Sanierungen und Neubauten der Krankenhäuser Albstadt und Balingen wurden in den vergangenen Jahrzehnten bereits mit Millionen an Fördergeldern aus Stuttgart unterstützt, zuletzt das Balinger Haus mit 33 Millionen Euro. Ende 2015 wurde dieser Neubau eingeweiht – können Sie verstehen, dass viele Bürger im Zollernalbkreis es nicht verstehen, dass dieser Neubau nach knapp zwei Jahren schon wieder zur Disposition steht?

Ein Unverständnis in der Bürgerschaft kann ich angesichts der geschilderten Umstände nachvollziehen. Es ist jedoch zu bedenken, dass hier die enorme Veränderungsgeschwindigkeit im Gesundheitswesen auf langwierige Planungs- und Umsetzungsprozesse beim Krankenhausbau trifft. Auch bei einer Entscheidung für einen zentralen Neubau würden bis zu dessen Inbetriebnahme erfahrungsgemäß noch einige Jahre ins Land gehen. In dieser Zeit übernimmt der 2015 eingeweihte Bau eine wichtige Funktion für die Menschen.

Stichwort gewährte Zuschüsse: Müssen diese möglicherweise – wenn ein zentraler Neubau kommt – ans Land teilweise zurückbezahlt werden?

Es ist unser Ziel, dass eine derartige Situation nicht eintritt.

Im Zollernalbkreis gibt es Befürchtungen, dass im Falle einer Zentralisierung und der Schließung – insbesondere des Albstädter Krankenhauses – die wohnortnahe Versorgung auf der Strecke bleibt. Wie wollen Sie den Menschen diese Sorgen nehmen?

Die Krankenhäuser im Land sind zentraler Bestandteil der gesundheitlichen Daseinsvorsorge und leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur medizinischen Versorgung. Gerade auch im ländlichen Raum muss eine gute Gesundheitsversorgung auch in Zukunft sichergestellt sein. Dafür setzen wir auf leistungsstarke, fachlich hochwertige Krankenhäuser, gute ambulante Versorgungsangebote etwa durch medizinische Versorgungszentren sowie eine enge Verzahnung von ambulanten und stationären Angeboten durch sektorenübergreifende Versorgungskonzepte. Für den Zollernalbkreis wie für alle anderen Kreise im Land gilt: Es ist erklärtes Ziel der Landesregierung, dass für jeden Bürger am richtigen Ort das richtige Angebot zur Verfügung steht.