Das Leibfritz-Gebäude in der Friedrichstraße wird abgerissen, doch die Geschichte des Hauszeichens mit Adam und Eva geht weiter. Es soll wieder am Neubau angebracht werden. Foto: Maier Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatgeschichte: Hauszeichen des früheren Blikle-Gebäudes soll am Neubau wieder einen Platz finden

Das Gebäude Mode Leibfritz in der Balinger Friedrichstraße wird abgerissen – diese Nachricht versetzte Waldemar Rehfuss in helle Aufregung. Er beruhigte sich erst wieder und freute sich umso mehr, als feststand, dass das historische Hauszeichen erhalten geblieben ist.

Balingen. Dieses Kleindenkmal schien verschwunden zu sein, jetzt ist es wieder aufgetaucht. "Das ist eine Sensation", schätzt Rehfuss den Fund ein, denn für ihn sind Hauszeichen wichtige Bestandteile der Balinger Stadtgeschichte.

Diese Kleindenkmäler erinnern daran, dass die Balinger Innenstadt 1809 ein Raub der Flammen geworden war, aber bereits ein Jahr später ein Haus nach dem anderen wieder errichtet wurde. Wie Rehfuss berichtet, brachten die Besitzer der Gebäude in der Friedrichstraße sogenannte Hauszeichen an ihren Gebäuden fest, zumeist über der Haustür. "Aus Freude über den Neuanfang", wie Rehfuss vermutet.

Nach Ansicht des verstorbenen Stadthistorikers Eugen Gröner waren die Hauszeichen in der Friedrichstraße ein Ersatz für Hausnummern, denn sie waren sonst nirgends mehr in der Stadt zu finden. Er hatte sich bereits 1986 mit diesen Kleindenkmälern beschäftigt und in einem Beitrag für die Heimatkundlichen Blätter festgehalten, dass die Hauszeichen mit Buchstabengruppen, Figuren, Zahlen oder Berufszeichen verziert waren. "Diese haben keinen großen künstlerischen Wert, sondern sind Volkskunst, Handwerkskunst im besten Sinne des Wortes", so seine Einschätzung.

Gröner bedauerte damals, dass Mitte der 1980er-Jahre nur noch acht Hauszeichen übrig geblieben seien. Dagegen seien es in den 1920er-Jahren noch 19 gewesen, was wiederum ein anderer Historiker herausgefunden hatte: der ehemalige Schwenninger Stadtarchivar Rudolf Ströbel. Er schrieb 1959 ebenfalls in den Heimatkundlichen Blättern, dass er bei einem Besuch in Balingen anstelle der alten Hauszeichen nur noch "Auslagen hinter Glaswänden" vorfand. "Es gehört dies zu dem überall festzustellenden Verlust unserer alten Städte, nicht etwa durch den Krieg, sondern durch das nachfolgende Wirtschaftswunder", so Ströbels Kommentar.

In seinem Bericht wies er unter anderem darauf hin, dass er bereits 1925 in Balingen war und seinem Hobby frönte: dem Sammeln von Hausmarken und ähnlichem volkstümlichen Schmuck an den Häusern. Er hatte damals nicht nur notiert, wo diese in Balingen zu finden waren, sondern auch deren Verzierungen beschrieben. Und auf diese Aufzeichnungen griff er für seinen Bericht mehr als 30 Jahren später zurück.

"Die weitere Forschung muss den in Balingen ansässigen Heimatfreunden überlassen bleiben", gab Ströbel seinen Lesern mit auf den Weg. Das ließ sich Rehfuss nicht zweimal sagen. Ströbels genaue Schilderungen waren für ihn die "Initialzündung", sich den Balinger Hauszeichen anzunehmen. Er konnte aber auch nicht verhindern, dass Jahr für Jahr immer mehr verschwanden.

Dies sollte im aktuellen Fall nicht passieren. Auf vielen Bildern war das Hauszeichen zu sehen, und zwar am linken Teil des Leibfritz-Gebäudes. Dort war früher der Tabakladen Blikle untergebracht. Rehfuss wurde bei den Besitzern vorstellig mit der Bitte, das Hauszeichen vor dem Abriss zu sichern. Wie Eugen Gröner war er der Ansicht, dass es hinter einer Holztäfelung verborgen war. Seine Enttäuschung war groß, als die Täfelung weg, aber das Hauszeichen nicht mehr da war. Doch die Besitzerfamilie hat nun Entwarnung gegeben: Das Hauszeichen war bereits vor Jahren abgenommen und an einem sicheren Platz aufbewahrt worden.

Schon einmal hatte Rehfuss den Verlust eines Hauszeichens gerade noch verhindern können. Als in der Friedrichstraße das Gebäude Seiler Mebold umgebaut wurde, lag das betreffende Hauszeichen bereits auf einem Dreckhaufen. Rehfuss entdeckte es dort. Inzwischen ist es wieder am Haus zu bewundern.

Auch das Blikle-Hauszeichen soll wieder angebracht werden, wenn der Neubau steht. Dann können sich Betrachter wie Gröner und Rehfuss den Kopf darüber zerbrechen, warum sich die früheren Besitzer für Adam und Eva entschieden haben, "die auf einem Podest stehen in tänzerischer Haltung, Adam mit einem Lendentuch, Eva mit langen, fliegenden Haaren", wie es Eugen Gröner beschrieben hat.