Helfen Nicu Malyarcuc (Dritter von links) beim Erreichen seines Ziels "Ohne Krücken" (von links): Friedrich Gaiser vom Verein Seestern sowie Thomas Kalencuk und Stefan Wurster vom Sanitätshaus Wurster. Fotos: Gaiser Foto: Schwarzwälder-Bote

Mit Hilfe aus Baiersbronn und Freudenstadt startet junger Mann aus Rumänien in neue Zukunft

Von Helga Michel

Baiersbronn/Freudenstadt. "Ohne Krücken" heißt das Projekt von Friedrich Gaiser aus Baiersbronn und von Nicu Malyarcuc, einem 26-Jährigen aus dem Norden Rumäniens. Und auf diesem Weg ist Nicu Malyarcuc, der durch eine Blutvergiftung ein Bein verloren hat, schon ein ganzes Stück weiter – mit Hilfe aus Baiersbronn und Freudenstadt.

Die Geschichte von Friedrich Gaiser und Nicu Malyarcuc ist eine Geschichte über Freundschaft und über den langen Weg Nicu Malyarcucs zurück zu einem Leben auf zwei Beinen. Friedrich Gaiser ist Vorsitzender des Vereins "Seestern – Hilfe für bedürftige Menschen in Rumänien". Eher zufällig hat Gaiser Nicu Malyarcuc bei einer Hilfsreise nach Rumänien im Herbst vergangenen Jahres kennengelernt, weil er an einem Bahnübergang halten musste: ein Haus, davor ein Rollstuhl, ein junger Mann mit Gehhilfen. Gaiser fiel die Zusage von Stefan Wurster, Geschäftsführer des Sanitätshauses Wurster, ein, zu helfen, wenn seine Hilfe gebraucht wird.

Noch aus Rumänien rief Gaiser Wurster an, welche Daten er braucht, um sich ein Bild zu machen. Nach dem Gespräch folgte ein Versprechen an Nicu Malyarcuc: Du kommst nach Deutschland. Dort bekommst Du eine Prothese. Als es dann im März soweit war, habe Nicu fast ein wenig Angst gehabt, vor allem wegen der langen Busreise, erzählt Gaiser. Aber der junge Mann machte sich trotzdem auf den Weg – war fast 30 Stunden unterwegs von Rumänien bis nach Baiersbronn, wo er bei Gabi und Friedrich Gaiser während seines Aufenthalts in Deutschland lebte. Die Verständigung klappte gut, zum Teil auch mit der Hilfe der Dolmetscher Franz Hirsch und Katharina Grösser.

Mitte März folgte der Termin bei Stefan Wurster, um einen Gipsabdruck und eine vorläufige Prothese anzufertigen. Mit der sollte Nicu Malyarcuc zunächst üben. Denn, so Gaiser: "Es ist ein gnadenlos hartes Training, bis man mit einer Prothese umgehen kann." Nach dreieinhalb Wochen hat der junge Mann dann seine endgültige Prothese bekommen. Gymnastik, immer wieder Übungen auf dem Hometrainer, immer wieder Termine bei Wurster halfen Nico Malyarcuc mit jedem Tag ein wenig mehr in ein Leben auf zwei Beinen. Neben Wurster und seinem Team halfen auch viele andere, mit Fahrdiensten zum Beispiel oder mit Physiotherapie, unter anderem in der Physiotherapieabteilung des Krankenhauses Freudenstadt.

Nicu Malyarcuc lebt mit dreien seiner vier Geschwister im Haus der verstorbenen Eltern in einem Weiler im Norden Rumäniens und kümmert sich um seinen achtjährigen Bruder. Gaiser hofft, dass Nicu dranbleibt, dass er vielleicht auf zwei Beinen auch eine Chance bekommt, Arbeit zu finden, eine Chance auf Zukunft.

Am Tag vor der Heimfahrt seien Nicus Augen immer glasiger geworden, erzählt Gaiser. "Es war ein sehr harter Abschied, auch für meine Frau und mich." Am Abend und am Morgen vor der Abreise hat Nicu Malyarcuc geweint. Gaisers haben ihm versprochen, dass er sie jederzeit besuchen kann. "So entstehen Freundschaften fürs Leben", sagt Friedrich Gaiser.

Um Nicu Malyarcuc Hoffnung auf ein besseres Leben zu geben, hat Gaiser auch ein Treffen mit Roland Zahn arrangiert. Ein Mann, der sich mit seiner Beinprothese auf Wanderschaft begab und damit für Schlagzeilen sorgte.

Im Juni haben Gaiser und seine Frau gemeinsam mit zwei weiteren Mitgliedern des Vereins Seestern Nicu Malyarcuc in Rumänien besucht. Nicu gehe es den Umständen entsprechend gut, doch ganz ohne Krücken kommt er noch nicht aus. "Doch das ist weiterhin das Ziel", sagt Gaiser. Nicu Malyarcuc soll noch einmal nach Deutschland kommen, zur Feineinstellung der Prothese. Für den Verein Seestern geht die Arbeit nicht aus: Dranbleiben bei Nicu Malyarcuc, heißt es weiterhin. Außerdem hat Gaiser bereits ein weiteres Ziel: Menschen in der Nähe der Stadt Ileanda zu helfen. Dort lebten die Bewohner eines ganzen Dorfs in Häusern, die sich in einem schlechten Zustand befinden, manche nur mit einer Folie als Dach. Warme Decken, gut erhaltene Kinderkleidung und Lebensmittel sollen die Not lindern.

Bei einem Kaffeenachmittag mit Bildervortrag am kommenden Sonntag, 21. September, im evangelischen Gemeindehaus Baiersbronn informiert der Verein über die jüngsten Aktionen und neue Projekte. Zu Gast ist Pastor Paul aus Ileanda. Beginn ist um 15 Uhr.

Weitere Informationen: www.seestern-ev.net oder unter Telefon 07442/123330