Baukultur in Baiersbronn – das Gesundheitszentrum Spritzenhaus. Foto: Braun

Einstimmiger Beschluss im Gemeinderat: Gremium sagt Ja zu überregionalem Ideenwettbewerb für Unterdorfsanierung.    

Baiersbronn - Die weitere Entwicklung des Unterdorfs in Baiersbronn liegt Bürgern und Gemeinderat am Herzen. Die Vorstellung der Ergebnisse des Ideenworkshops zur Unterdorfsanierung traf auf breites Interesse und zog ausgiebige Statements und Diskussionen nach sich.

Bürgermeister Michael Ruf konnte zum einzigen Tagesordnungspunkt der Sitzung am Dienstag zahlreiche Zuhörer begrüßen und ließ unter dem Motto "Quo vadis Baiersbronn?" das bisherige Vorgehen und die Erkenntnisse zur Ortsentwicklung und Baukultur Revue passieren. "Wohin soll die Reise unter dem Begriff Baukultur für Baiersbronn gehen?", fragte Ruf in die Runde und sprach von einer erfolgreichen Klausurtagung des Gemeinderats, in der unter anderem dieser Themenschwerpunkt beraten worden war.

"Wo sollen wir strategisch mit der Gemeinde Baiersbronn hin?", laute die zentrale Frage, deren Beantwortung nur mit einer breiten Bürgerbeteiligung und mit Hilfe kompetenten Fachwissens beantwortet werden könne, betonte Ruf. Als Gastredner begrüßte er Josef Mathis, ehemaliger Bürgermeister der Gemeinde Zwischenwasser und Vorstand des Vereins "Landluft – Verein zur Förderung der Baukultur in ländlichen Räumen", der seine Ansichten zu Baiersbronn schilderte. "Baiersbronn wird eine von drei Pilotgemeinden im Rahmen des Forschungsprojekts Baukultur konkret", teilte Mathis mit und erklärte den Begriff Baukultur im Allgemeinen. "Baukultur ist eine Querschnittmaterie, die die Gemeindearbeit jeden Tag begleitet, dabei definiert sich das Ortsbild über die Summe aller gebauten Dinge." Mit einer breit angelegten Bürgerbeteiligung könne man viel erreichen, allerdings setze das eine gute Planung voraus, denn die Beteiligung der Bürger sei auch schwierig.

"Es gibt bereits viele Dinge in Baiersbronn, es geht vielleicht darum, diese einmal neu zu überdenken und vieles in einen Gesamtzusammenhang zu bringen", riet der Experte, der mit seiner Heimatgemeinde bereits Preise für besondere Baukultur erhalten hat. Wichtig sei die Stärkung der dörflichen Struktur. Dies gehe nur über eine gemeinsame Identifizierung mit dem Projekt. Der Slogan "Unser Dorf" statt "Unterdorf" zeige die Identitätsgeschichte. Die im hinteren Teil des Rosensaals ausgestellten Pläne seien dabei kein fertiges Konzept für Baiersbronn, betonte Mathis. "Es sind nur Ideen und Anregungen. Sie sollten als Diskussionsgrundlage dienen." Tourismusdirektor Patrick Schreib mahnte in seiner Präsentation der bereits vorhandenen Einrichtungen und Angebote, sich zu überlegen, was man habe und was man machen wolle. "Wir haben keinen Spielraum mehr für Fehlentscheidungen" sei eine der zentralen Aussagen des Workshops gewesen.

Bürgermeister Ruf sprach von vielen Projekten, die miteinander vernetzt seien. "Der soziale Kitt, jeder kennt jeden, das ist es doch, was uns charmant macht und uns von der Stadt abhebt." Man habe sich viele Gedanken gemacht, von der Verwendung von heimischen Baustoffen über den Erlass einer bindenden Gestaltungssatzung bis hin zur jährlichen Verleihung eines Anerkennungspreises für besondere Bauwerke in der Gemeinde. "Einen Ideenwettbewerb sollten wir uns aber gönnen", betonte Ruf.

Ein flammendes Plädoyer für seine Heimatgemeinde hielt Ernst Schleh von der Freien Wählervereinigung. Schleh hob dabei die Notwendigkeit der Identifizierung der Bürger mit ihrem Ort hervor und sprach sich für mehr Investitionen seitens der Gemeinde aus. Die Gemeinde müsse auch mal Geld in die Hand nehmen und nicht nur auf private Investoren warten.

Gerhard Gaiser (SPD) erklärte, dass sich die Gemeinde um ortsprägende Grundstücke kümmern solle, um diese frühzeitig zu erwerben. Für Fritz Kalmbach (CDU) macht es Sinn, dass auch der Ortsbaumeister in das Thema Baukultur mit eingebunden ist, immerhin sei er einer der ersten, der beraten müsse. Den Leuten sollten keine Steine in den Weg gelegt werden, so Kalmbach.

Von der positiven Seite betrachtete es Ortsbaumeister Gerhard Warth: "Das ist schon immer meine Arbeit gewesen, am Ortsbild zu arbeiten. Ich bin zufrieden mit der Entwicklung hier."

Michael Seitz (SPD) forderte die Gemeinde auf, mutig zu sein. "Es gibt Bereiche, da sollte man mutig Geld in die Hand nehmen." Stimme das Konzept, würden auch die Besucherzahlen steigen. Horst Medel (CDU) bremste die aufbrandende Euphorie und machte deutlich, dass man den Bürgern nicht vorschreiben könne, tausende von Euro in die Hand zu nehmen, um ihre Häuser zu sanieren. "Schauen wir uns die Altersstruktur im Unterdorf an, die liegt eher im oberen Bereich", stellte Medel fest.

Bürgermeister Michael Ruf betonte, dass man den Hauseigentümern einen Grund geben müsse, warum sie investieren sollen. "Wir müssen Anreize schaffen und Impulse setzen."

Ernst Schleh (FWV) beantragte, im Rahmen der Bürgerbeteiligung auch den vielen Zuhörern das Wort zu erteilen. Die Projekte müssten der Gemeinde etwas wert sein, und man müsse gemeinsam an einem Strang ziehe, hieß es aus den Reihen der Zuhörer.

"So wie es aussieht, wird Baiersbronn die Mustergemeinde werden", lobte abschließend Josef Mathis, der dem Rat zur Entscheidung, einen Ideenwettbewerb auszuloben, gratulierte. Zum Zeitrahmen bis zum Gemeinderatsbeschluss erklärte er: "Das ist schon fast rekordverdächtig."