Referent Johannes Smeets (links) und Michael Ruf, Vorsitzender des Heimat- und Kulturvereins der Gesamtgemeinde Baiersbronn. Foto: Kühnel Foto: Schwarzwälder-Bote

Bücherschau: Johannes Smeets beleuchtet Entwicklung rund ums Lesen

Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Sprachentwicklung bei den Urmenschen und dem E-Book, das heute benutzt wird? Dieser Frage ging Johannes Smeets in einem Vortrag nach.

Baiersbronn (dk). Unter dem etwas abstrakten Titel "Das Lesen – das Buch – das Bücherlesen" entführte Johannes Smeets in seinem Vortrag, den er im Rahmen der Ausstellung "Autoren aus Baden-Württemberg und ihre Bücher" im Hauff Märchen-Museum hielt, die interessierten Zuhörer in einer weiten "Tour d’Horizon" zunächst in das ferne Afrika, wo bisher die ältesten Funde des Homo sapiens gemacht worden sind.

Lange Zeiträume

Wann die ersten Menschen anfingen zu sprechen, könne die Wissenschaft bislang nicht genau sagen, so Smeets. Auch sei es schwierig, sich eine Vorstellung von den langen Zeiträumen zu machen, die seither vergangen sind – vom ersten Auftreten des Menschen bis zur Entwicklung der Sprache und dann noch viel später zur Schrift, ohne die die Entwicklung und Weitergabe von Kultur kaum denkbar ist. Smeets berichtete anschaulich von der Entwicklung der Keilschrift im alten Mesopotamien, dann über die Entstehung der ägyptischen Hieroglyphen, warf einen Blick in die Schreibstuben mittelalterlicher Klöster und endete bei der Entwicklung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg in Mainz ab dem Jahr 1450.

Das Zusammentreffen der Papierproduktion, die ab 1390 in Deutschland nachgewiesen ist, und der ersten Bibelübersetzung von Martin Luther ab 1523 führte im 16. Jahrhundert zu einem regelrechten Innovationsschub, sowohl technischer wie auch sprachlicher Art. "Luther war es gelungen, einen ungezwungenen Sprachgebrauch als literaturfähig anzuerkennen und selbst die Bibel in einer allen verständlichen Sprache darzubieten", so Smeets.

Die Alphabetisierung machte in Deutschland deutliche Fortschritte. Heute sollten alle lesen und schreiben können, und doch wird von über sieben Millionen Menschen in Deutschland ausgegangen, die das nicht oder nur eingeschränkt können. Deren Teilhabe am öffentlichen Leben ist deutlich eingeschränkt. Doch auch diejenigen, die Lesen können, tun dies oft nur wenige Minuten am Tag, wie Smeets differenziert mit Zahlen belegte.

Erstaunliche Details

Auch auf die Entwicklung der Buchproduktion in Deutschland in den letzten Jahren ging er ein und nannte erstaunliche Details, zum Beispiel, dass im Jahr 2015 rund 1500 Lizenzen von deutschen Kinder- und Jugendbüchern nach China vergeben worden seien, also ins Chinesische übersetzt wurden. Mit seinem Vortrag gab Johannes Smeets einen zusammenfassenden Überblick über eine Entwicklung, die "uns in der Rückschau aus vielerlei Gründen doch zum Staunen bringt". Dem Referenten gelang es mit seiner sonoren Stimme mühelos, die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer zu wecken, die ihm bei seinen weiten Ausführungen gerne folgten.

Am Ende blieb dann die Erkenntnis, dass Bücher – ob in gedruckter oder in digitaler Form – Erfahrungen, Orientierung, Wissen und Erkenntnisse für das eigene Leben vermitteln können, was sie auch in Zeiten des Internets unverzichtbar macht. Smeets schloss mit einem Zitat von Hermann Hesse: "Es ist mit dem Lesen wie mit jedem anderen Genusse: er wird desto tiefer und nachhaltiger sein, je inniger und liebevoller wir uns ihm hingeben."

 Die Wanderausstellung "Autoren aus Baden-Württemberg und ihre Bücher" im Richard-von-Weizsäcker-Gymnasium und in Hauffs Märchen-Museum ist noch bis zum 2. Februar zu sehen. Das Märchen-Museum ist Mittwoch, Freitag, Samstag und Sonntag von 14 bis 17 Uhr sowie Donnerstag von 17 bis 19 Uhr geöffnet. Im Richard-von-Weizsäcker-Gymnasium kann die Ausstellung Montag bis Freitag von 9 bis 16 Uhr besucht werden.