Nico Sackmann erntet Rhabarber. Fotos: Susanne Plaß Foto: Schwarzwälder-Bote

Zuckerrüben vom Nachbarfeld werfen deutsches Team zurück

Von Susanne Plaß

Baiersbronn. Dänemark gewann nach 2014 auch 2015 den "Native Cooking Award" auf Lolland. Das deutsche Team kochte spitze, zupfte jedoch vom Nachbarfeld süße Erdfrüchte und wurde dafür auf den fünften Platz verwiesen.

"Wir hatten uns so gut vorbereitet, waren alle fit in Kräuter- und Pflanzenkunde und brachten viele Ideen in unser Quartett ein. Und dann haben wir uns beim Lesen der Landkarte geirrt", sagt Nico Sackmann vom Hotel Sackmann in Schwarzenberg, Kapitän der deutschen Köche-Mannschaft, enttäuscht.

Seit vier Jahren veranstalten Susanne und Jesper Hovmand-Simonsen vom Gut Knuthenlund auf der Ostseeinsel diesen außergewöhnlichen Wettbewerb, um auf die Produkte aus eigener und Partner-Produktion aufmerksam zu machen und Netzwerke zu Top-Köchen zu knüpfen. Der mit insgesamt 40 000 Dänischen Kronen dotierte "Native Cooking Award" ist der einzige internationale Kochwettbewerb in Dänemark und zieht bis zu 3000 Gäste auf die Farm. Damit stellt er auch einen touristischen Mehrwert für das 25 000 Einwohner große Lolland dar.

"Wir laden pro Jahr immer fünf Nationen mit vier Köchen auf Sterneniveau und einem Küchenchef als Juror ein", erzählt die sympathische Gutsherrin, die 2007 ihre rund 1000 Hektar große Farm auf ökologische Landwirtschaft umstellte. Heute ist Knuthenlund das größte Bio-Gut Dänemarks. Für seine Käseproduktion aus Ziegen- und Schafsmilch hat es bereits viele internationale Auszeichnungen erhalten.

Beim Wettbewerb waren diesmal neben Dänemark auch Belgien, Frankreich, Schweden und Deutschland am Start. Für den Wettbewerb in der Natur steht jedem Team ein Warenkorb zur Verfügung. Diesmal waren darin ein halbes Schwein, Erbsen, Kartoffeln, Lamm- und Ziegenkäse, Joghurt, Champignons, dunkles Bier und Honig sowie Salz. "Back to the roots" heißt das Motto, deshalb kochen die Teams ihr Drei-Gänge-Menü auf offenem Feuer. Auf die Fahrt ins Grüne durften Fahrräder, Plastikbehälter und eine Axt für die Holzsuche mitgenommen werden.

Das deutsche Quartett mit Nico Sackmann (Baiersbronn), Gunnar Hesse (Seeblick, Amrum), Daniel Kluge (Chardonnay, Wolfsburg) und Daniel Schmidthaler (Alte Schule Fürstenhagen, Feldberger) telefonierte vorab, um die Stärken jedes Einzelnen auszuloten. "Ich kenne mich als Amrumer gut in Salzwiesenkräutern aus", sagt Gunnar Hesse, Mitglied bei "Feinheimisch" in Schleswig-Holstein. Daniel Kluge kocht in seinem Wolfsburger Restaurant Chardonnay ausschließlich Bioküche und kennt sich bei Wildkräutern bestens aus, nachzulesen in seinem Buch "Die feine Küche der wilden Kräuter". Für seine regionale Hochküche erhielt Daniel Schmidthaler einen Michelin Stern.

Schon als Kind hat sich Nico Sackmann für Wildkräuter interessiert, da sie so aromatisch sind und die Geheimwaffe für Gesundheit. Bis heute sammelt er sie im Schwarzwald für das mit zwei Sternen ausgezeichnete Familienrestaurant Schlossberg im Hotel Sackmann.

Jeder im Team bekam seine Aufgabe: Gunnar Hesse sauste zuerst zum Spargelbeet, Nico Sackmann sammelte alle Rhabarberdolden ein und kümmerte sich um den Grill. Daniel Schmidthaler radelte in den Wald, um Holz zu hacken und Waldknoblauch und Fichtentriebe zu suchen. Den weitesten Weg mit über acht Kilometern an die Ostsee hatte Daniel Kluge auf dem Fahrrad zu meistern. Er zupfte Wiesenkräuter, buddelte Strandgräser und Pastinaken aus und holte frische Algen aus der See.

Ihre Vorspeise "Sommerwiese" aus wildem Spargel, zweierlei Lammkäsecreme mit Champignons, 15 verschiedenen Wildkräutern und Blüten, aufgegossen mit Erbsen-Brennnessel-Sud, lag auch bei den Juroren, darunter der Deutsche Thomas Merkle, ganz vorn. Der Hauptgang "Knuthenlunds Schweine auf dem Weg zum Strand" war eine Genussoffensive: mit einer in Algen eingewickelten Tatarpraline im Kartoffelmantel auf Baumrinde, geschmorter Schweineschulter im Rhabarberblatt mit Bienenwachs und krossem Speck sowie rosa in Waldknoblauch gebratenem Schweinekarree mit feinem Kartoffelpüree und Fichtentrieben. Dann kam der fatale Fehler: Für das Dessert mit Rhabarber, Ziegenkäse, Honig, gegrillten Zuckerrüben, Melisse und Mohnblüten sowie marinierten Rhabarberdolden in sauer eingelegten Brennnesseln gab es den KO-Schlag.

Was war passiert? In der Hektik hatten die Vier die mitgeführte Landkarte falsch interpretiert und die Zuckerrüben vom Nachbarfeld geerntet. Die Juroren merkten den Fehler und verbannten das Team auf den letzten Platz. Außer Spesen nichts gewesen? "Auf keinen Fall", sagte Teamchef Nico Sackmann, der im Jahr zuvor erstmals beim "Native Cooking Award" mitgemacht und die Silbermedaille geholt hatte: "Wir haben dazu gelernt, viel Spaß gehabt und neue Freundschaften geschlossen."