Kurz nach dem Zebrastreifen am Bahnhof soll – in Richtung Freudenstadt gesehen – die neue Tempo-30-Zone enden. Foto: Haier Foto: Schwarzwälder-Bote

Verkehr: Lärmaktionsplan: Kompromissvorschlag zur Geschwindigkeitsreduzierung auf der Ortsdurchfahrt

Tempo 30 im Kernort Baiersbronn auf der Bundesstraße: Die Anordnung liegt vor, der Auftrag für die Beschilderung ist bereits beim Straßenbauamt. Doch jetzt kommt ein Kompromissvorschlag ins Gespräch.

Baiersbronn. Roland Günter, Inhaber der Firma Roland Günter Bauunternehmung in Mitteltal, hatte gemeinsam mit anderen Unternehmern bereits eine Unterschriftenaktion gegen die geplanten Geschwindigkeitsbeschränkungen im Kernort Baiersbronn gestartet. Die Aktion hat er nun in der Anfangsphase gestoppt. Denn Bürgermeister Michael Ruf habe ihm in einem Gespräch am Donnerstag zugesagt, dass sich die Gemeinde mit dem vorgebrachten Kompromissvorschlag befasst.

Die Umsetzung der Tempo-30-Zone im Kernort werde nun nicht zeitnah erfolgen, weil der Kompromissvorschlag geprüft werden solle, bestätigt Bürgermeister Michael Ruf im Gespräch mit unserer Zeitung. Und auch Peter Kuptz, Leiter des Amts für Ordnung und Verkehr beim Landratsamt, stellt fest: Ob der Kompromiss möglich sei, müsse die Straßenverkehrsbehörde beim Landratsamt prüfen. Erst dann könne entschieden werden.

Ein Kritikpunkt hat sich bereits erledigt

Er und vier weitere Unternehmer, so Günter im Gespräch mit unserer Zeitung, hätten sich Gedanken zum Lärmaktionsplan gemacht. Kernpunkt der Kritik ist dabei insbesondere die Tempo-30-Zone, die auf der Bundesstraße 462 etwa von Omnibus Klumpp über den Kreisverkehr hinweg bis zur Einmündung der Saarstraße eingerichtet werden soll. Der Vorschlag der Unternehmer: Tempo 30 ja, aber nur nachts in der Zeit von 22 bis 6 Uhr.

"Wir glauben, dass Tempo 30 tagsüber zu einem schlechteren Verkehrsfluss und damit zu vermehrtem Anhalten und Anfahren führt, was wiederum mehr Lärm bringt", erklärt Günter. Er ist außerdem davon überzeugt, dass die Temporeduzierung am Tag sich insbesondere negativ auf Handwerker und andere Unternehmen auswirkt, da mehr Zeit auf der Straße bleibe. Auch was den Nutzen angeht, seien er und andere Unternehmer skeptisch. "Wir haben kräftig recherchiert", sagt Günter. Und nach ihren Recherchen führe Tempo 30 zu einem höheren Stickoxid-ausstoß und höherem Spritverbrauch. "Wir wollen für die Gemeinde das Beste", damit Baiersbronn für Einheimische, Gäste, das Handwerk und den Mittelstand attraktiv bleibe, betont Günter. Und vielleicht sei der Kompromissvorschlag ja die beste Lösung.

Ein Kritikpunkt der Unternehmer hat sich bereits erledigt. Die Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit von 70 auf 50 Stundenkilometer auf der Bundesstraße 462 aus Richtung Freudenstadt von der Abzweigung Oberdorfstraße bis Abzweigung Im Lehen ist vom Tisch, so Bürgermeister Michael Ruf auf Anfrage unserer Zeitung. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat sein Einvernehmen nicht erteilt. Der Grund: Die Auswirkungen auf den Lärm wären zu gering. Ebenfalls vom Tisch ist das von der Gemeinde beantragte Durchfahrverbot von Lastwagen über 7,5 Tonnen (ausgenommen Anlieger) auf der Bundesstraße 462 ab Abzweigung Landesstraße 350 (Besenfelder Steige) bis Markungsgrenze Richtung Freudenstadt. Die Begründung des Regierungspräsidiums: Durch eine Sperrung für den Lkw-Durchgangsverkehr lasse sich nur eine sehr geringe Wirksamkeit in Sachen Lärmreduzierung erzielen und bei den Anwohnern keine subjektive Verbesserung bewirken. Außerdem wäre bei einer Sperrung durch erhebliche Verkehrsverlagerungen mit Nachteilen andernorts zu rechnen. Bürgermeister Michael Ruf betont, dass die Gemeinde in Sachen Lärmaktionsplan in der Pflicht gewesen sei (siehe Info). Da man wisse, wie wichtig die Bundesstraße 462 als Verbindung ist, sei nur das absolut Notwendigste getan worden. "Wir wollen alle das Beste für die Gesamtgemeinde", betont Ruf.

Der Bürgermeister hätte sich allerdings für den Kompromissvorschlag einen früheren Zeitpunkt gewünscht. Das Verfahren, in dem der Lärmaktionsplan erstellt worden sei, sei schließlich sehr transparent gewesen. Bei der Auslegung des ersten Entwurfs seien keine Einwände von Seiten der Bürger gekommen. Es werde selbstverständlich geprüft, ob man den Vorschlag Günters – Tempo 30 nur in den Nachtstunden – als Kompromiss einbringen kann. Aber letzten Endes liege die Entscheidung beim Landratsamt in Absprache mit dem Regierungspräsidium. "Den Objektschutz gibt es parallel", sagt Ruf zu der Anregung Günters, Zuschüsse für Schallschutzfenster zu erhöhen. Jeder, der in dem betroffenen Bereich wohne, könne Zuschüsse beantragen. Nähere Informationen dazu erteilt das Bauamt der Gemeinde.

Ziel von Lärmaktionsplänen ist die Verhinderung beziehungsweise Minderung von Umgebungslärm insbesondere dort, wo die Geräuschbelastung gesundheitsschädliche Auswirkungen haben kann. Dazu werden in den Plänen mögliche Maßnahmen zur Reduzierung der Geräuschbelastung zusammengestellt. Rechtsgrundlage zur Erstellung eines Lärmaktionsplans ist die EU-Umgebungslärmrichtline, die national im Bundes-Immissionsschutzgesetz umgesetzt wurde. Betroffene Kommunen wurden von der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz über Lärmkartierungen ermittelt. Diese Kommunen sind gesetzlich zur Erstellung eines Lärmaktionsplans und lärmentlastenden Maßnahmen verpflichtet. Ab einer bestimmten Lärmbelastung sind sie zudem verpflichtet, Tempo 30 einzurichten. Diese Belastung wurde im Kernort Baiersbronn auf der Bundesstraße 462 nachts erreicht. Die Gemeinde hatte ein Büro mit der Erstellung des Lärmaktionsplans beauftragt und den Plan im September beschlossen. Inzwischen liegen die Entscheidungen über die verkehrsrechtlichen Anordnungen vor, die das Landratsamt im Einvernehmen mit dem Regierungspräsidium getroffen hat.