Beherrschen ihr Metier: die Messoudi Brothers (großes Bild) sowie (rechts, von oben nach unten) die "Flying Wulbers", Clown Henry und das Duo Medini. Fotos: Günther Foto: Schwarzwälder-Bote

Zirkus: Ensemble von "Charles Knie" bietet fulminante Show in der Manege / Nächste Station ist Horb

"Für jeden muss etwas dabei sein, die Show muss in sich stimmig sein, es muss viel zu lachen geben", sagt Sascha Melnjak, Direktor des Zirkus Charles Knie, über sein Konzept. In Baiersbronn zeigte sich: Er hat alles richtig gemacht.

Baiersbronn. Die zahlreichen Zuschauer – die Premiere war ausverkauft, die anderen beiden Vorstellungen nahezu – erlebten fast drei Stunden Zirkusgenuss der Extraklasse. Eine Fülle erstklassiger Artisten, Tierlehrer, Tänzerinnen und Musiker sorgte für enorme Spannung, beste Unterhaltung und übertraf die Erwartungen der Besucher sicherlich noch.

Die Show verband vortrefflich Elemente traditioneller Zirkuskunst mit neuen, unerwarteten und modernen Präsentationen. Beachtlich war die Zahl der Mitwirkenden aus aller Welt. Dass bei "Charles Knie" einige der besten Zirkuskünstler überhaupt vertreten sind, hatte sich zuletzt beim Internationalen Zirkusfestival von Monte Carlo gezeigt, bei dem der Chefdresseur Marek Jama mit seinem Team gleich vier hochkarätige Preise abgeräumt hatte.

Mutiger Zuschauer im Rollschuhwirbel

Deutlich war bei der Vorstellung die hohe Motivation aller Mitwirkenden zu spüren. Die charismatisch auftretenden Künstler überzeugten ausnahmslos. So das Duo Medini, das auf einer nur wenige Quadratmeter großen Plattform waghalsige Rollschuhartistik zeigte. Dass diese Vorführungen geradezu atemberaubend sind, musste ein spontan auf die Bühne gebetener mutiger Zuschauer aus der ersten Reihe miterleben: Auch mit ihm in der Mitte wirbelten die beiden Italiener geradezu über die Plattform.

Weniger schwungvoll, allerdings nicht weniger atemberaubend ging es weiter mit César Pindo, dem "Gummi-Mann" aus Ecuador. Bei den Darbietungen des "Extrem-Klischniggers", wie das extreme Verbiegen des Körpers bis zu eigentlich menschenunmöglichen Verrenkungen genannt wird, herrschte völlige Stille im Zelt. Schwungvoll wurde es wieder bei der Flugtrapez-Schau der sechsköpfigen italienischen Gruppe Flying Wulbers, die im legendären dreifachen Salto Mortale ihren Höhepunkt fand.

Tänzerinnen alles andere als Pausenfüller

Neu im Team von "Charles Knie" ist der deutsche Tierlehrer Jochen Träger-Krenzola. Für seine innovativen Leistungen auf dem Gebiet der alternativen und humanen Tierdressur mit seinen Hunden, Ziegen, Katzen, Zwergenten, Füchsen, Laufenten, Tauben, Papageien, Gänsen und Minischweinchen wurde er mehrfach ausgezeichnet. Überhaupt wurde bei der Vorstellung deutlich, dass das Thema Tierwohl bei "Charles Knie" von Bedeutung ist. Alle Tiere machten einen prächtigen Eindruck. Bei seiner Sommertournee hatte der Zirkus keine Elefanten, Löwen, Tiger und Co. dabei; die Show war anders konzipiert. Laut Pressesprecher Patrick Adolph sind diese aber beim Weihnachtszirkus in Offenburg und Heilbronn wieder zu sehen.

Unter dem Titel "United Afrika" präsentierte der Zirkus aber Zebras, Kamele, Lamas, Rinder und natürlich Pferde. Tierlehrer Marek Jama überzeugte – gemeinsam mit dem Showballett – unter anderem auch mit seiner Reitkunst. Und die jungen Tänzerinnen waren alles andere als Pausenfüller, sie ergänzten und umrahmten, passend gekleidet zur Darbietung und zur Musik des Charles-Knie-Orchesters, die Programmpunkte. Damit dies gelingt, stehen den Künstlerinnen 70 bezaubernde Kostüme zur Verfügung. Daher gibt es bei Charles Knie auch eine eigene Schneiderei und einen Garderobenwagen. Wer in der Pause über das Gelände schlenderte, konnte diese Entdeckung machen.

Clown Henry aus Venezuela wurde in seiner Heimat der Titel "Prinz der Clowns" verliehen. Gekonnt schaffte er es, die Zuschauer zum Lachen und Staunen zu bringen, sie sogar reihenweise in die Manege zu locken und dazu zu animieren, durchaus hörenswert mit ihm zu musizieren oder – durchaus sehenswert – Purzelbäume in der Manege zu schlagen. Herrlich seine Showeinlage als Aushilfskellner, der die Kundin mit seiner Tollpatschigkeit verzweifeln lässt. Die von ihm durch die Manege geworfenen Spaghetti hätte es bei dieser großen Pantomimekunst aber nicht unbedingt gebraucht.

Auch die vier australischen Topartisten Messoudi Brothers überzeugten. Ihrer Jonglage und vor allem ihrer Handstandartistik hätte man noch lange zuschauen können. Das Quartett zeigte eine geradezu unglaubliche Einheit aus Kraft und Ästhetik und formte lebende Skulpturen. Was bleibt, ist ein faszinierender Zirkusbesuch dank perfekter Darbietungen voller Leidenschaft und Hingabe.  Von Freitag bis Sonntag gastiert der Zirkus Charles Knie in Horb.