Thomas Faißt arbeitet leidenschaftlich gern als Köhler. Foto: Faißt Foto: Schwarzwälder-Bote

Filmstart: Thomas Faißt aus Baiersbronn ist Köhler – wie der Held aus dem neuesten Fantasy-Film "Das kalte Herz"

Der Fantasy-Film "Das kalte Herz" startete in Kinos in ganz Deutschland. Ein Film, der sich um das Schicksal des Köhlers Peter Munk um das Jahr 1800 dreht. Anlass genug, seinen modernen "Bruder" Thomas Faißt aus Baiersbronn zu treffen.

Baiersbronn. Es ist Donnerstag mittag. Das Café "Neue Mühle" in Baiersbronn. Der Tag des Bundesstarts von "Das kalte Herz". Szenen davon wurden auch hier in der Nähe gedreht. Auch Thomas Faißt wurde vom Filmteam angesprochen. Denn er ist der einzige Köhler in Baiersbronn, der noch so wie Peter Munk im Film nach der alten Methode arbeitet.

Erste Frage: Geht er heute abend gleich ins Kino? Faißt lacht: "Eher nicht." Seit 15 Jahren produziert er die Holzkohle so wie Filmheld Peter Munk. Die "Magie des Meilers" hat Thomas Faißt zu einem anderen Menschen gemacht. Ganz anders als Köhler Peter im Film, der endlich reich und bei Frauen begehrt sein will und sich deshalb ein Herz aus Stein einpflanzen lässt. Faißt: "Wenn ich das Feuer im Meiler starte, beginnt ein Prozess, den ich nicht mehr verlassen kann. Ich bleibe die ganze Zeit am Meiler, muss Tag und Nacht wach bleiben. Verpuffungen innerhalb des Meilers drohen, der Meiler könnte zusammenfallen. Und da kommt man dann in einen transzendenten Zustand."

Mit dem Aufbau und Abbrennen des Meilers verändere er sich: "Ich wachse hinein in die Szenerie und das Element Feuer." Für den Köhler ist es ein immerwährender Kampf gegen die Glut. "Sie hat viel mehr Macht als ich. Doch ich muss sie kontrollieren und im Zaum halten, damit durch den Prozess des Feuers aus dem Holz im Inneren des Meilers Kohlenstoff wird – der Grundstoff des Lebens." Dieser Prozess, das ewige Wachwerden. Durch Feuer, was eigentlich zerstört, wird im Meiler ein Stoff, aus dem etwas aufgebaut werden kann.

Das Sitzen am Meiler hat den "Peter Munk des 21. Jahrhunderts" zufrieden gemacht. Faißt: "Man muss das unbedingte Wollen am Meiler loslassen. Im Inneren passiert ein Prozess, den ich nicht richtig begreifen kann. Dem muss ich die Möglichkeit geben, sich zu entwickeln. Das ist wie in einer Beziehung: Man kann natürlich dauernd Aktionismus fahren. Doch das bringt nichts. Deshalb ist das Wichtigste, was mich der Meiler gelehrt hat, Mut zur Gelassenheit. Viele Dinge passieren von allein, wenn man sie mit gelassenem Mut begleitet."

Im Film deutlich zu sehen: Köhler Peter Munk geht es ganz anders. Er ist unzufrieden. Wird dauernd rumgeschubst, die hübsche Henriette Confurius bändelt zwar mit ihm an, doch Munk glaubt, dass er keine Chance hat.

Faißt: "Ich weiß nicht, wie die Menschen vor 200 Jahren hier im Wald gelebt haben. Hauff schreibt dazu: Die Köhler fuhren zum Abscheu der Menschen hinab in die Städte, um dort ihre Kohlen zu verkaufen. Mir ist nicht bekannt, dass die Köhler damals einen Stand wie andere Handwerker hatten. Sie galten wenig, waren gesellschaftlich wenig anerkannt."

Doch was bedeutet die Vorlage für den neuesten Fantasy-Film "Das kalte Herz" für den "Peter Munk des 21. Jahrhunderts"? Faißt: "Hauff war damit der erste Mahner zu Beginn einer gewinnversessenen Epoche." Das Märchen zeige: Wenn sich alles immer mehr an Gewinn und Wachstum orientiert, geht das Mitgefühl verloren. Der Köhler sieht sogar eine Parallele zur Weltwirtschaftskrise. Faißt: "Im Märchen fängt Peter Munk mit kaltem Herzen an, mit Geld zu handeln. Geliehenes Geld wird beliehen. Das beschreibt Dinge, die seit Jahren die Weltwirtschaft zum Wanken bringen." Im Film wird das leider nicht gezeigt. Nicht nur deshalb wird Thomas Faißt wohl eher nicht ins Kino gehen: "Ich lese selbst ›Das kalte Herz‹ in meinem Kulturprogramm rund um den Meiler. Ich habe mich intensiv mit dem Text beschäftig und habe Bilder entwickelt, die für mich greifbar sind. Das ist meine Imagination – und keine Bildsprache durch einen Film, der im Zweifel auch manipulieren kann."