Rock’n Roll: Manche Teilnehmer leben das Oldtimer-Fahren offensichtlich auch im Alltag. Foto: Braun

Spätsommerwetter bei "Baiersbronn Classic". Opa fährt mit Enkel zur Bergprüfung.

Baiersbronn-Obertal - Spätsommerwetter mit viel Sonne, zahlreiche Zuschauer sowie Hochbetrieb auf den Straßen und im ganzen Ort: Die Oldtimer-Rallye "Baiersbronn Classic" erlebte am Samstag ihren Höhepunkt.

Schon in den frühen Morgenstunden herrscht in Obertal Betrieb. Kaum hat sich der Nebel etwas gelichtet, hängen Benzinschwaden über dem Luftkurort. Die letzte Etappe der fünften "Baiersbronn Classic" ist wieder an den historischen Ort am Fuße des Ruhesteins zurückgekehrt – dort, wo 1946 das legendäre Ruhestein-Bergrennen seinen Lauf nahm. Auch der dritte Tag der "Baiersbronn Classic" findet bei bestem Spätsommerwetter statt, und am Start in Obertal herrscht Hochbetrieb.

Die glänzenden Karossen nehmen ihre Startposition ein und Bürgermeister Michael Ruf und Tourismusdirektor Patrick Schreib zählen begeistert die letzten Sekunden bis zum Start jeder Rarität. Die Neuerung in diesem Jahr ist die Zweiteilung von Start und Ziel, denn der Tross aus Oldtimern und Motorrädern findet sich im Ziel am Rosenplatz in Baiersbronn ein. "Wir haben uns entschieden, nur alle zwei Jahre das Fest und die große Bewirtung hier in Obertal zu machen, aus personellen Gründen. Nur wenn keine Buhlbachbeleuchtung ist, sonst springen uns die Helfer irgendwann ab", sagt Gemeinderätin Maike Weiss, die bei den Schwimmbadfreunden hilft. Diese sind traditionell im "Anno-dazumal-Look" dabei, die Damen haben das Haar zu schmucken Kränzchen zusammengebunden. Den Kaffee servieren sie wie früher: von Hand aufgebrüht.

Der Posaunenchor Obertal bewirtet mit kalten Getränken und roten Würsten. Nicht ganz so zahlreich sind die Zuschauer erschienen, dafür sind die Teilnehmer umso motivierter und voll des Lobes über die Schwarzwald-Rallye für Genießer. Willi und Christina Mayer sind mit ihrem Lagonda M 35 R Le Mans aus dem Jahr 1934 schon zum vierten Mal dabei und loben die Veranstaltung. "Unser Auto ist unser Hobby. Es macht einfach Spaß, damit zu fahren", so Christina Mayer. Auch ohne Radio gehe es sehr gut, denn bei der Rallye ist Konzentration von Anfang bis Ende gefragt, erklärt sie und verrät gleich noch eine Interna: "Mein Mann musste gestern eine Schmerztablette nehmen, denn das schwere Ankurbeln des Autos geht doch an die Substanz."

Derweil läuft Sprecher Johannes Hübner zur Hochform auf, spricht über drei Stunden ohne Pause und kennt scheinbar jedes Detail auch bei den Motorrädern. Diese stehen schon in Lauerposition. Auf Hochglanz poliert, warten die Oldie-Zweiräder auf ihren Einsatz, gleich nachdem das letzte der insgesamt 139 vierrädrigen Vehikel auf der Strecke ist.

Walter Möhrle ist nicht nur Motorrad-Fahrleiter von Beginn an, sondern passionierter Motorradfan. Er scheint jeden der 49 Starter persönlich zu kennen. Mit glänzenden Augen schwärmt er von den Gespannen wie der Horex Regina aus dem Jahr 1952 oder der Horex T6, die 1938 gebaut wurde. "Bei so einem Event geht es nicht nur ums Fahren, es geht um die Benzingespräche, um den Kontakt und um das Gefühl, jung geblieben zu sein", schwärmt Möhrle.

Der jüngste Mitfahrer, der fünfjährige Jakob Günter, sitzt derweil neben seinem Opa Helmut im Wagen. Die Matchless X2 aus dem Jahr 1929 fällt auf, nicht nur wegen des Opa-Enkel-Teams. Gleich in Reichweite steht der älteste Fahrer im Feld, der 79-jährige Willi Allmendinger, mit Beifahrerin Gudrun Schillinger parat und freut sich auf die Strecke. "Mein Vater ist noch mit 90 Jahren ein Gespann gefahren", erzählt er fröhlich. Er ist zum dritten Mal in Baiersbronn dabei.

Für Fritz Bischoff hingegen ist es eine Premiere. Zusammen mit seinem Fahrer Otto Dicht nimmt er auf der BMW R 60 Platz. Die neunjährigen Zwillinge Nelly und Ronja haben nicht nur ihren Vater Michael Hofheinz als Fahrer dabei, sondern auch der weiße Stoffhase darf mit der Horex T6 an der Rallye teilnehmen. "Sie fahren mit, seit sie drei Jahre alt sind, eigentlich schon im Bauch", erzählt ihre Mutter lachend. Fahrleiter Möhrle drückt dann aber auf die Tube. Die Zweiräder rollen rasant zum Start und fahren geräuschvoll den Prüfungen entgegen. "Für die Motorradfahrer ist es sehr schwierig, die Zeit einzuhalten. Sie haben beide Hände am Lenker und keinen Beifahrer wie in den Autos", erklärt Möhrle.

Bürgermeister Michael Ruf zieht ein positives Fazit. "Es war wieder toll, das Wetter spielte mit und wir haben viel Lob bekommen", so Ruf. Auch die Panne vom Vortag hat Ruf verkraftet, der mit seinem Vater Dieter Ruf mitfuhr. "Woran es gelegen hat, weiß ich nicht. Aber wir mussten abgeschleppt werden." Die tolle Schwarzwaldlandschaft habe ihn aber entschädigt, und Dank der vielen Helfer war so ein Event überhaupt erst wieder möglich.

Weitere Informationen:

www.baiersbronn-classic.de

Seite 2: Rennstall-Geflüster

Seit Anfang 2017 gibt es offiziell zwei neue Fahrleiter der "Baiersbronn Classic". Stefan Nowack und Richard Sturzel. Nowack ist diplomierter Maschinenbau-Ingenieur und seit über 20 Jahren in der Automobilbranche tätig. Richard Sturzel, der Vize-Tourismusdirektor von Baiersbronn, ist gelernter Gastronom und Touristiker und seit über 20 Jahren für die Tourismusgemeinde tätig. In die Planung haben beide viel Arbeit investiert. Die SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken suchte kurz vor der Wahl noch etwas Ablenkung bei der Schwarzwaldrallye für Genießer. Sie durfte im Lagonda M 35R Le Mans der Familie Mayer aus Hechingen Platz nehmen und den in ihrer Parteifarbe rot lackierten Wagen testen. Übrigens: Freudenstadts OB Julian Osswald landete diesmal auf Platz 60.

Seite 3: Sieger

Gesamtergebnis:

1. Willi und Christina Mayer, Lagonda M 35 R Le Mans Baujahr 1934, 917 Punkte

2. Holger Hanle und Sabine Rommel, Mercedes-Benz 230 SL Baujahr 1965, 1026 Punkte

3. Georg Weidmann und Curt Bloss, Fiat "Otto Vu" 8V, Baujahr 1953, 1061 Punkte

Mannschaftswertung:

1. Team WAC, 3586 Punkte

2. Das B-Team, 4217 Punkte

3. Lech-Zürs, 4412 Punkte