Alkohol und Drogen bestimmen den Lebenslauf der Angeklagten. Foto: dpa

28-Jährige wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Bedrohung vor Gericht. Sucht in den Griff bekommen.

Baiersbronn - Sieben Monate Freiheitsstrafe und die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt lautete das Urteil von Richter Axel Benz gegen eine 28-jährige Angeklagte. Sie stand wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sowie Bedrohung und übelster Beschimpfungen vor Gericht.

20 Zeugen waren bei der Verhandlung vor dem Freudenstädter Amtsgericht geladen. Die Verhandlung dauerte über vier Stunden. Staatsanwalt Karl Jauch verlas die Anklagepunkte, die der jungen, dreifachen ledigen Mutter vorgeworfen wurden. Es war die Weihnachtsnacht vom 24. auf den 25. Dezember, als es in der gemeinsamen Wohnung der Angeklagten und ihres damaligen Lebensgefährten in Baiersbronn nach ausschweifendem Alkoholkonsum der beiden zu Streitereien, Schlägereien, Randale und Zerstörungswut kam.

Kraftausdrücke aus unterster Schublade

Die beiden riefen selbst die Polizei. Als zwei Beamte des Freudenstädter Polizeireviers zur Wohnung kamen, fanden sie diese "verwüstet und zerlegt" vor. Das Paar beschuldigte jeweils den anderen, aggressiv zu sein. Nachdem die Frau stark alkoholisiert gedroht hatte, sich umzubringen, verständigten die Beamten das Krankenhaus und forderten einen Krankenwagen an. Daraufhin eskalierte die Situation in der Wohnung weiter. Die Angeklagte schleuderte den beiden Polizisten ihr Blut aus einer klaffenden Wunde entgegen, versuchte sie zu beißen, zu treten und spuckte nach ihnen. Als die Beamten die Frau bis zum Eintreffen des Krankenwagens gewaltsam festhielten, wurden sie aufs Übelste mit Kraftausdrücken aus der untersten Schublade beleidigt. Sie sei nicht mehr Herr ihrer Sinne gewesen, total außer sich und habe nicht mehr gewusst, was sie sagt und tut, sagte einer der Polizeibeamten im Zeugenstand aus.

Der zweite Anklagepunkt betraf die Situation nach Eintreffen der Angeklagten im Krankenhaus Freudenstadt, nachdem ihr eine diensthabende Ärztin der psychologischen Abteilung eröffnete, dass sie über Nacht im Krankenhaus zur Beobachtung bleiben müsse. Die Beleidigungen richteten sich wieder gegen die noch anwesenden Polizisten und gegen die Ärztin und die Krankenschwestern. Die junge Frau drohte unter anderem, "Ich bring euch alle um, jeden einzelnen". Der Strafantrag wurde von den Polizeibeamten gestellt. Hinzu kam ein weiterer Anklagepunkt zu einem Vorfall im Juni dieses Jahres, ebenfalls in der Wohnung des Paars in Baiersbronn und wieder nach Alkoholkonsum. Beleidigungen, Drohungen, Aggressionen gegen die Wohnungstür einer Untermieterin des Hauses führten zu einer weiteren Anzeige. Auch in diesem Fall wurde ein Polizist bespuckt, nachdem er von einem Nachbarn hinzugerufen worden war.

Ein weiterer Anklagepunkt betraf einen Vorfall Anfang 2013, als die Frau bei ihrem damaligen Freund in Schiltach auszog, wo sie kurzzeitig gewohnt hatte, und sein Handy, seinen Internet-Stick und sein Notebook mitnahm. Dieser Vorfall wurde vom Gericht aber nicht weiterverfolgt.

Bei der Befragung konnte die Frau nicht viel beisteuern. Sie und ihr damaliger Freund hätten an Weihnachten zusammen getrunken, an mehr könne sie sich nicht mehr erinnern, sie habe einen Filmriss, sagte sie. Aufgewacht und wieder zu sich gekommen sei sie im Krankenhaus am nächsten Tag, festgebunden ans Bett. Ihr Ex-Freund, der jetzt in der Erlacher Höhe wohnt, bezeichnete seine ehemalige Freundin als "echt mörderisch, wenn sie getrunken hat". Sie hätten damals schon häufig und extrem viel getrunken.

Die Angeklagte gab zudem zu, die Ersatzdroge "Subutex" zu nehmen. Ihre Alkoholprobleme hätten schon mit 14 Jahren begonnen. Mehrere Kurz- und Langzeittherapien, Aufenthalte in Kliniken und der Psychiatrie liegen hinter ihr. Hinzu kam ein schwerer Treppensturz im alkoholisierten Zustand im Jahr 2010, bei dem sie sich schwere Schädelverletzungen zuzog. Die Verletzungen machten mehrere Operationen erforderlich, eine Epilepsie blieb.

Eine Ausbildung als Einzelhandelskauffrau hatte die junge Frau abgebrochen. Ihre Kinder leben bei ihrer Mutter und in einer Pflegefamilie. Ein psychologischer Sachverständiger diagnostizierte bei der angeklagten Frau eine emotionale Instabilität und eine Persönlichkeitsstörung als Grunderkrankung, die therapiert werden sollte. Dazu kämen eine Borderline-Störung, die zu Selbstverletzungen führe sowie die Alkohol- und die Drogensucht. Der Sachverständige empfahl eine stationäre Langzeittherapie. Verminderte Schuldfähigkeit könne wegen des alkoholisierten Zustands der Angeklagten in beiden Fällen beim Strafmaß in Erwägung gezogen werden.

Seitens der Staatsanwaltschaft wurde als Maßregelung eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten empfohlen, zudem Entzug und Therapie. Gerade an Weihnachten hätten sich die Polizeibeamten und das Bereitschaftspersonal im Krankenhaus aufs Übelste beschimpfen lassen müssen wegen alkoholbedingten Auseinandersetzungen, sagte Richter Benz.

Er, so Benz, habe die Freiheitsstrafe mit sieben Monaten bewusst nicht zu hoch angesetzt, um der Angeklagten die Chance zu geben, ihre Süchte und Erkrankungen therapieren zu lassen und danach den Kontakt zu ihren Kindern wieder verbessern zu können.