Aus den früheren Räumen neben Lidl musste das Modecenter AWG ausziehen. Jetzt hat das Geschäft die Möglichkeit, ins Gebiet Biegel-Misse zu ziehen. Foto: Archiv: Braun

Mode-Center kann sich im Gebiet Biegel-Misse niederlassen. Neubau wird zugleich ausgeschlossen.

Baiersbronn - Das eine tun und das andere nicht lassen: Der Gemeinderat Baiersbronn hat für das AWG Mode-Center einen Beschluss gefasst, der es dem Unternehmen ermöglicht, weiterhin in Baiersbronn zu bleiben.

Der Gemeinderat Baiersbronn hat in seiner Sitzung am Dienstag aufgrund der Ergebnisse der Gutachten und der besonderen Situation von AWG der Verlagerung an den Standort Biegel-Misse – bei vier Gegenstimmen – zugestimmt. Somit wird der Antrag auf Zurückstellung des Baugesuchs zurückgenommen. Ausdrücklich vermerkt ist in dem Beschluss, dass einem eventuellen Neubau für die Verlagerung nicht zugestimmt wird. "Eine weitere Ansiedlung von zentrumsrelevantem Einzelhandel im Kernort Baiersbronn soll außerhalb des Ortskerns grundsätzlich ausgeschlossen werden", heißt ein weiterer Beschluss des Gremiums.

Das AWG Mode-Center sucht in Baiersbronn einen neuen Standort, weil es die bisherigen Räume neben Lidl nicht mehr nutzen konnte, und hat ein Baugesuch für das Gebiet Biegel-Misse gestellt. Nun war der Gemeinderat in der Zwickmühle, zum einen seine Zusage an den Regionalverband einzuhalten, in dem Gebiet keinen weiteren innenstadtrelevanten Einzelhandel zuzulassen, und sein Ziel, den Ortskern vor dem Ausbluten zu schützen, zu verfolgen, und zum anderen den Kunden von AWG nicht ein seit vielen Jahren bestehendes Angebot wegzunehmen und Kaufkraft an andere Kommunen zu verlieren (wir berichteten).

Es gehe nicht um die Frage AWG im Ortskern oder im Gebiet Biegel-Misse, sondern um die Frage: "AWG im Gebiet Biegel-Misse oder AWG ade", erklärte Bürgermeister Michael Ruf. Ruf ging auf die beiden Gutachten ein, die beide zu dem Ergebnis gekommen waren, dass sich durch die Verlagerung von AWG keine relevanten negativen Auswirkungen auf das Ortzentrum ergeben. Dagegen habe sich der Handels- und Gewerbeverein in einer Stellungnahme kritisch geäußert und für eine Ablehnung der Verlagerung plädiert. In der Stellungnahme beurteilt der HGV das Gesamtprojekt Biegel-Misse in Verbindung mit dem Trigema-Neubau als kritisch und fordert unter anderem keine Entscheidung für neue Flächen, bevor nicht ein ganzheitliches Konzept für den Ortskern fixiert ist, "auch und insbesondere im Hinblick auf die kommende Unterdorfsanierung".

Laut Ingo Christein, Vorsitzender des Bezirksbeirats, hätten die Argumente für die Zustimmung im Bezirksbeirat überwogen, schließlich gehe es nicht um eine Neueröffnung, sondern um die Verlagerung eines Geschäfts, das schon zehn Jahre in Baiersbronn ist. Der Bezirksbeirat hatte zudem empfohlen, den Beschlussvorschlag so zu ändern, dass eine weitere Ansiedlung von zentrumsrelevantem Einzelhandel außerhalb des Kernorts ausgeschlossen wird. Im Vorschlag der Verwaltung waren nur die Gebiete Biegel-Misse und Saarstraße aufgelistet.

"Ich denke, wir setzen kein falsches Zeichen, wenn wir ein bestehendes Angebot erhalten", erklärte Michael Ruoß (CDU). Seine Fraktion könne der Verlagerung zustimmen, sagte er, machte aber zugleich deutlich, dass für seine Fraktion das Unterdorf schon lange im Fokus stehe. Im Zentrum gebe es aber keine Fläche, die sich für AWG anbiete. Ein klares Nein gab es von Ulli Schmelzle (FDP/UBL). Es könnten nicht immer wieder Ausnahmen gemacht werden. Ernst Schleh (FWV) wollte – wie später auch beschlossen – sichergestellt wissen, dass AWG in ein bestehendes Gebäude zieht und keinen Neubau auf der grünen Wiese erstellt. Für seinen Fraktionskollegen Karlheinz Nestle ist es wichtig, dass das Gewerbegebiet bis auf wenige Ausnahmen auch dem produzierenden Gewerbe vorbehalten bleibt. Tourismusdirektor Patrick Schreib sprach die Koppelung des Unterdorfs an das Gebiet Biegel-Misse an. Die Gemeinde müsse sich der Unterdorfentwicklung stellen. Das tue sie, erklärte Schreib und wies auf die Gemeinderatssitzung am kommenden Dienstag hin, in der es um die Ergebnisse des Ideenworkshops Unterdorf geht.

Gerhard Gaiser erklärte, auch die SPD habe es sich nicht leicht gemacht, könne der Verlagerung aber zustimmen. Gaiser brachte zudem das Oberdorf ins Gespräch, auch das dürfe nicht vernachlässigt werden.

Ablehnend stand Lutz Hermann (FDP/UBL) der Verlagerung entgegen. Lasse man sie nicht zu, ergäben sich vielleicht andere Chancen. Es sei anmaßend, eine bestehende Firma einfach ziehen zu lassen, fand dagegen Christine Günter (FWV) und verwies auf die Arbeitsplätze bei AWG. "Wir sind froh, dass es jetzt weitergeht", erklärte nach der Entscheidung Ewa Speck, die die Filiale in Baiersbronn geleitet hatte. Die Frauen, die in der Filiale gearbeitet hatten – drei Vollzeitkäfte, eine Auszubildende und vier Teilzeitkräfte – würden zurzeit an anderen Stellen im Unternehmen arbeiten oder seien arbeitslos gemeldet. Alle wollten zurück in ihr altes Team, betonten Speck und ihre Kolleginnen, die gemeinsam die Sitzung besucht hatten.