Christof Haberstroh erklärt interessierten Besuchern eine alte Schilderuhr. Neben ihm (in Tracht) Ursula Robbe vom Förderverein Glashütte Buhlbach Fotos: Günther Foto: Schwarzwälder-Bote

Handwerk: Christof Haberstroh stellt in der Glashütte seinen vom Aussterben bedrohten Traumberuf vor

Bei jedem Besuch im Kulturpark Glashütte Buhlbach begibt sich der Besucher auf eine Reise in die Vergangenheit, und die Zeit scheint stehen zu bleiben. Beim Tag des historischen Handwerks am Wochenende blieb die Zeit in doppelter Hinsicht stehen.

Baiersbronn-Obertal. Uhrmacher Christof Haberstroh war mit mehr als 50 historischen Uhren in die Glashütte gekommen, um vor dem interessierten Publikum einige der stehen gebliebenen alten Zeitmesser zu reparieren und zu vermitteln, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten für seinen Beruf notwendig sind.

Haberstroh bezeichnet sich selbst als Uhrmacher aus Leidenschaft. Seinen Traumberuf erlernte er bei der Firma Junghans in Schramberg, wo er auch bis zum Jahr 2000 arbeitete. Inzwischen ist der heute 50-Jährige in Schönmünzach verheiratet und hat seinen Beruf zum Hobby gemacht. Hauptberuflich repariert er keine Uhren mehr, sondern Nivelliergeräte für eine Dornstetter Firma.

Ursula Robbe vom Förderverein Glashütte Buhlbach erläuterte die Grundkonzeption der Tage des historischen Handwerks in der Buhlbacher Glashütte: "Wir wollen, dass man die alten Berufe in Erinnerung behält." Immer am dritten Sonntag eines Monats werden in der Glashütte historische Handwerksberufe vorgestellt. Ein Bürstenmacher und eine Spinnerin waren bereits zu Gast, eine Klöpplerin, ein Krippenbauer und ein Holzschnitzer folgen.

Christoph Haberstroh berichtete anhand der mitgebrachten Uhren am Ausstellungssonntag geradezu mit Leidenschaft von seinem Beruf. Neben den großen Regulatoren hat er Büfett- oder Kaminuhren, Küchenuhren, Wanduhren, Wecker und Armbanduhren dabei.

Bei Bedarf assistiert ihm seine Frau Christel in der Werkstatt zuhause

Im Internet hat er eine alte Schwarzwälder Schilderuhr erstanden. Für deren Reparatur hat er 80 Stunden gebraucht, denn er musste alleine acht neue Lagerbuchsen und sieben neue Rollentriebe einsetzen. Weshalb dies notwendig war, erklärt er fachkundig: "Die alten Lagerbuchsen werden mit der Zeit oval. Dann muss ich neue Lagerbuchsen aus Messing drehen und einbauen." Dies sei notwendig, weil bei zu viel Spiel zwischen Buchsen und Zahnrädern nicht mehr genug Kraft in das Pendel kommt. Am Ende musste noch das Ziffernblatt neu bemalt werden.

Für die mechanischen Arbeiten hat er sich zu Hause eine kleine Werkstatt mit Drehbank eingerichtet. Bei Bedarf assistiert ihm seine Frau Christel – "bis die Unruhen wieder drin sind", wie sie berichtet.

Haberstroh repariert grundsätzlich nur mechanische Uhren. Wie genau eine große Reparatur aussehen kann, erklärt er an einer französischen Burgunder-Uhr, die zwischen 1880 und 1910 hergestellt wurde. In mühevoller und filigraner Handarbeit musste er hier jeden einzelnen ausgebrochenen Zahn wieder erneuern. Pro Zahn braucht er rund drei Stunden. Schnell kommen dann für die Reparatur einer solchen Uhr Dutzende von Arbeitsstunden zusammen. Deshalb repariert er auch grundsätzlich keine Kuckucksuhren mehr, denn: "Das lohnt sich einfach nicht. Ein gutes neues Uhrwerk aus Polen kostet nur 90 Euro."

Wochenlohn für Arbeiter nach dem Krieg: eine Armbanduhr

Was die Berufsaussichten im Uhrmacherhandwerk anbelangt, macht er sich keine Illusionen: "Gundsätzlich ist Uhrmacher in Deutschland ein aussterbender Beruf." Zudem bezweifelt er, ob es überhaupt genügend potenzielle Auszubildende gäbe, denn: "Seit der Smartphone-Generation hat keiner mehr eine ruhige Hand." An seine eigene Uhr hat er als Fachmann natürlich große Ansprüche. Deshalb hat er sich für eine Seiko-Automatik entschieden, die keine Batterie braucht und sich durch die Handbewegungen selbst aufzieht.

Interessant war auch die Präsentation seiner mitgebrachten Uhren-Raritäten, unter anderen eine Junghans-Kartoffel-Uhr, die zwischen 1946 und 1948 angefertigt wurde. Haberstroh zeigte stolz ein Original-Exemplar und berichtete aus der Geschichte: Die Firma Junghans konnte nach dem Krieg ihren Arbeitern keinen Lohn ausbezahlen. Gleichzeitig gab es aber in Amerika eine riesige Nachfrage nach Junghans-Uhren. Daher wurden Uhren produziert und die Arbeiter in Naturalien entlohnt: Der Wochenlohn betrug eine Armbanduhr. Und weil man auf dem Schwarzmarkt für jede Uhr zwei Zentner Kartoffeln erhielt, wurde sie einfach Kartoffel-Uhr genannt. Auch eine der ersten Blinden-Armbanduhren und eine original Junghans-Olympiauhr von 1972 gehören zu seinen Schmuckstücken.

Was seinen Beruf angeht, kommt er noch heute ins Schwärmen. Auf jeden Fall würde er wieder Uhrmacher lernen, ist sich Haberstroh sicher. Heute sei es für ihn ein wunderschönes Hobby, wobei man natürlich die Zeit nicht rechnen dürfe.