Otto Jägersberg überraschte bei seiner Lesung mit unerwarteten Wendungen. Foto: Braun Foto: Schwarzwälder-Bote

Literaturtage: Otto Jägersberg bezaubert bei seiner Lesung im Kulturpark Glashütte Buhlbach das Publikum

Eigentlich hätte es Stampfkartoffeln statt Kaffee und Kuchen geben müssen, denn der gebürtige Westfale und bekennende Kartoffelliebhaber Otto Jägersberg machte mit seiner Lesung nicht nur literarisch Appetit.

Baiersbronn-Obertal. Im Rahmen der sechsten Literaturtage Nordschwarzwald war der Dichter und Buchautor Otto Jägersberg zu Gast im Kulturpark Glashütte Buhlbach und bezauberte mit seiner unaufgeregten und sympathischen Art die zahlreichen Gäste. Dora-Luise Klumpp, Vorsitzende des Fördervereins Glashütte Buhlbach, begrüßte stilecht gekleidet das Publikum und übergab das Wort an Signe Sellke, die den Autor ankündigte.

"Ich traf Otto Jägersberg vor 30 Jahren in einer Dorfkneipe in meiner Heimat, dort schwärmte er so von den hervorragenden Bratkartoffeln, dass sogar die Wirtin lachen musste", erzählte die Autorin über Jägersbergs Kartoffelleidenschaft. "Otto Jägersberg ist ein Genießer und Kenner des Lebens in all seinen Facetten, seine Werke haben ganz große poetische Wucht", so Signe Sellke.

Autor steigt mit einem fremden Text in den Abend ein

Gespannt erwartete das Publikum dann den Auftritt des Autors und wurde nicht enttäuscht. Mit einer angenehmen Lesestimme wusste Jägersberg sein Publikum zu begeistern. "Die Winter im Schwarzwald sind lang und kalt, deswegen erfinden die hier so viel", erklärte er gleich zu Beginn. Denn für den Einstieg in seine Lesung hatte er einen fremden Text über den Erfinder der Spanplatte, Max Himmelheber, mitgebracht. Doch auch wenn dieses Werk nicht aus der Feder Jägersbergs stammte, lauschten die Zuhörer gespannt den Worten über das Kunstholz, das die Welt eroberte.

Aus seinem Gedichtband "Keine zehn Pferde" gab Jägersberg vieles zum Besten. Seine kurzen Gedichte wirkten nach, hatten Tiefgang und regten zum Lachen an. Wortgewandt und treffend in einer klaren Sprache ließ er die Zuhörer teilhaben an seiner Sammlung von Erzählungen, Anekdoten und Grotesken, Wort- und Gedankenspielen zu Themen aus ganz verschiedenen Gebieten.

In seinen Geschichten geht es um Menschen, um das Küssen von falschen Frauen und natürlich um sein Verhältnis zur Kartoffel. Das sei immer noch einwandfrei, betonte er. "Wer vor einer Portion Stampfkartoffeln nicht in die Knie geht, den meide", riet der Westfale und teilte auch gleich die richtige Zubereitung seiner Leibspeise den Spätzle liebenden Schwaben mit. Vom Thema Bier ging es zur Erfindung der Dauerwelle, vom Lustigen schweifte Jägersberg ins Ungewöhnliche und schuf mit seinen Werken einen neuen Blickwinkel auf Alltagssituationen, sehr zum Vergnügen seiner Leser und Zuhörer.

Die Feinstrumpfhose, noch in der Hitler-Zeit erfunden, sehe doof aus über den Kopf gezogen, erklärte Jägersberg und überraschte damit einmal mehr mit der unerwarteten Wendung seiner Überlegungen. Nach einer kurzen Geschichte aus seinem neuesten Werk "Die Frau des Croupiers", die ebenso unterhaltsam war wie der Rest der Lesung, schloss Jägersberg mit Kafka und Ganghofer – da trifft der Volksschriftsteller Ganghofer Kaiser Wilhelm, Kafka kommt einmal fast bis nach Baden-Baden. Jägersberg nannte knappe historische Fakten, die er mit allerlei Phantasievollem ausschmückte.

Am Ende gab es viel Applaus für einen gelungenen Vormittag und eine Lesung, die nachwirkt.