In der Beerdigungsszene wird Antonias Bruder zu Grabe getragen. Fotos: Braun Foto: Schwarzwälder-Bote

Sommertheater: "Neue Studiobühne" inszeniert gesellschaftskritisches Stück vor atmosphärischer Kulisse

Der wolkenverhangene Himmel, der bei der Vorstellung düster über Gästen und Akteuren hing, passte inhaltlich zum Sommertheaterstück der "Neuen Studiobühne": Mit "Antonia" präsentierte der Verein eine aussagekräftige und gesellschaftskritische Vorstellung.

Baiersbronn. "Wir spielen bei jedem Wetter", hatte die "Neue Studiobühne" vor dem ersten Termin ihrer Inszenierung verkündet – doch die Premiere musste wegen eines Unwetters ausfallen. Otto Gaiser, Vorsitzender des Vereins, musste zerknirscht mitteilen, dass angesichts des über Baiersbronn wütenden Gewitters keine Vorstellung stattfinden konnte. Aufgrund ihres neuen Spielorts im Baiersbronner Oberdorf vor dem Hauff Märchen- Museum war auch kein Ausweichen möglich.

"Antigone" interpretiert

Auch am darauffolgenden Tag schien es zunächst eine Regenvorstellung zu werden, denn pünktlich zum Spielbeginn hingen dicke Regenwolken über dem Oberdorf. Sie brachten kurze Schauer, im Laufe des Stücks hörte der Regen aber auf. Die Zuschauertribüne war gut besucht, und die Akteure präsentierten mit  "Antonia – vergessen und vergessen werden" schwere Kost. Die von Friederike Geiger Wingerter geschriebene, moderne Interpretation der griechischen Tragödie Antigone wurde von Regisseur Rob Doornbos inszeniert.

Antonia, gespielt von Julia Kotsch, kommt zur Beerdigung ihres Bruders Paul, der im Drogenrausch Selbstmord begangen hat. Auf der Suche nach Verständnis und Mitgefühl trifft sie auf oberflächliche Beileidsbekundungen und Unverständnis.

Antonias Onkel Derick (Carl Seitz) verschweigt Familiengeheimnisse, und die Dorfbewohner bedienen alle Klischees einer biederen und gefühllosen Gesellschaft. "Die Lügen überdecken alles wie Nebel, sie haben mich einfach alleine gelassen", schreit Antonia – im grellen Scheinwerferlicht mit künstlichem Nebel ist sie die tragische Heldin des Stücks.

Ausdrucksvolles Spiel

Schwäbischer Dialekt und der Bezug zu Baiersbronn spannten eine Brücke zur heutigen Zeit, besonders bei Dämmerung ließ die Kulisse die passende Atmosphäre aufkommen: Wechselnde Beleuchtungen und Musik untermalten die Szenerie; Beerdi-gungsszenen und ein spekta-kulärer Sturz in den Brunnen wurden perfekt integriert.

Die Schauspieler zeigten ihr Können, wobei insbesondere die beiden Hauptdarsteller Julia Kotsch und Carl Seitz durch ausdrucksvolles Spiel überzeugten. Die Monologe der nach Verständnis suchenden Antonia stimmten nachdenklich, ihre Gefühlsausbrüche rüttelten auf. Auch der Rest des Ensembles spielte mit viel Talent.

Es servierte ein Stück mit Tiefgang, das nachdenklich stimmte und ein Publikum hinterließ, das wohl noch auf dem Heimweg über das Gesehene nachdachte. Am Ende gab es viel Applaus für alle Darsteller.

Weitere Informationen: Zusätzliche Vorstellungen am 28., 29., und 30. Juli sowie am 4.,5. und 6. August; Beginn um 20.30 Uhr, sonntags um 20 Uhr; eine Eintrittskarte kostet 17 Euro, ermäßigt elf Euro.