Am Winnender Bahnhof (hier beim Halt einer Regionalbahn) steigen täglich viele Mitarbeiter der Firma Kärcher und künftig auch Patienten und Besucher der neuen Kreisklinik aus. Foto: Jan Reich

Empörung in Winnenden: Mit den künftigen Metropol-Express-Bahnen könnte die Stadt als Halt der Regionalbahn gestrichen werden.

Empörung in Winnenden: Mit den künftigen Metropol-Express-Bahnen könnte die Stadt als Halt der Regionalbahn gestrichen werden.

Winnenden - Es kann nie schaden, bei Verträgen ins Kleingedruckte zu schauen. So zum Beispiel beim kürzlich von Land, Region, Stadt Stuttgart und den VVS-Landkreisen verabschiedeten ÖPNV-Pakt 2025. Neben vielen Verbesserungen enthält dieser Plan offenbar „ein für Winnenden prekäres Vorhaben: Die Regionalbahn soll in Zukunft nicht mehr in Winnenden halten.“

Jedenfalls hat der entsprechende Hinweis eines kundigen Winnender Bürgers, der das Mitte Februar veröffentlichte Papier genauer gelesen hat, bei der Stadtverwaltung die Alarmglocken schrillen lassen. Rathauschef Hartmuth Holzwarth hat sich sogleich die Unterstützung von Landrat Johannes Fuchs und des Vorsitzenden der Geschäftsführung des Reinigungsgeräte-Weltmarktführers Kärcher, Hartmut Jenner, gesichert.

Und das Trio ist in Sorge. Denn Winnenden (27 500 Einwohner) ist nicht irgendeine Große Kreisstadt im Schwäbischen. Vielmehr ist es spätestens von diesem Sommer an die Gesundheitsstadt im Landkreis, wenn zu dem bestehenden Zentrum für Psychiatrie Klinikum Schloss Winnenden auch noch die neue Rems-Murr-Großklinik kommt. Zu beiden Häusern gehören mehr als 1250 stationäre Krankenhausbetten. Viele Patienten und Besucher sollen mit der S-Bahn oder Regionalbahn zu den Kliniken kommen.

Winnenden ist aber auch ein bedeutender Arbeitgeberstandort. Die Alfred Kärcher GmbH & Co. KG mit ihren weltweit 11 000 Mitarbeitern hat hier ihren Stammsitz, rund 2600 Beschäftigte arbeiten im nächsten Umfeld des Bahnhofs. Viele Mitarbeiter etwa aus dem Landkreis Schwäbisch Hall kommen bisher direkt mit dem Regionalexpress und müssten künftig in Backnang zweimal täglich auf die S-Bahn wechseln.

Bisher hält der Regionalexpress noch stündlich, im Berufsverkehr auch öfter. Doch mit der Einführung der Metropol-Express-Bahn, so hat man in Winnenden „mit Erschrecken" festgestellt, soll der dortige Halt gestrichen werden. Grund: Die neuen Züge werden gemäß diesem Papier im S-Bahn-Netz nur noch in Mittelzentren sowie im Stadtgebiet Stuttgart an wichtigen Verkehrsknotenpunkten halten. Sie ersetzen den bisherigen Regionalexpress ersatzlos.

Doch Winnenden ist eben kein Mittelzentrum, sondern nur ein Unterzentrum. „Damit ist der Bahnhof Winnenden als Haltepunkt künftig nach Umsetzung dieser Pläne gestrichen“, erklärt Holzwarth. Winnenden bleibt dann nur noch Haltepunkt für die S 3. Doch dies, so die klare Aussage an Landes-Verkehrsminister Winfried Hermann, „ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar“.

Unterstützung erfährt das Trio durch die beiden FDP-Landtagsabgeordneten aus dem Landkreis, Jochen Haußmann (Bezirk Schorndorf) und Ulrich Goll (Waiblingen). „Winnenden als Regionalbahnhalt zu streichen wäre ein Witz, aber ein ganz schlechter.“ Und: „Was wir im Landtag tun können, um diesen Schildbürgerstreich zu verhindern, werden wir tun.“ Haußmann hält den „unter Minister Hermann ausgekochten Kompromiss in Sachen ÖPNV“ ohnehin für nicht „so ganz koscher“. Winnenden sei womöglich „nur die Spitze des Eisbergs“.

Eine Reaktion auf das Schreiben ist im Winnender Rathaus bisher nicht eingegangen. Allerdings scheint es ein kleines Licht am Ende des Tunnels zu geben. Eine Anfrage unserer Zeitung beantwortet die stellvertretende Ministeriumssprecherin Julia Pieper per Mail in zwei kurzen Sätzen: „Zur Weiterentwicklung des Metropolexpress’ können wir klarstellen, dass die Haltepolitik sich an den einzelnen Regionalzughalten (Regionalzug = Regionalexpress und Regionalbahn) orientiert. So gibt es keine Überlegung, Halte wie Winnenden auszulassen.“

Übersetzt heißt das wohl: Gemäß dem ÖPNV-Pakt sind Unterzentren wie Winnenden zwar nicht mehr als Haltepunkte vorgesehen. Doch Papier ist geduldig, und ein Ministerium kann das Kleingedruckte anders interpretieren als eine Große Kreisstadt. Falls es so käme, wird die positive Entwicklung den Winnendern trotzdem recht sein.