BLick auf den Oberrieder Ortsteil Hofsgrund am Schauinsland. Foto: Slazer-Deckert

UNESCO-Anerkennung ist unter Dach und Fach. Deutschlands 17. Biosphärenreservat.

Freiburg - Seit Mittwoch ist es amtlich: Der Südschwarzwald darf sich nun mit dem Prädikat „Biosphärenreservat Schwarzwald“ schmücken.

28 Gemeinden aus drei Landkreisen sowie die Stadt Freiburg sind auf einer Fläche von rund 630 Quadratkilometern an dem Projekt beteiligt, für welches das Land im vergangenen Jahr bei der UNESCO die entsprechende Anerkennung beantragt hatte.

Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) sprach nach der Entscheidung, die bei einer Tagung in Paris fiel, davon, dass die gesamte Region von dem Titel in wirtschaftlicher, touristischer und naturschutzfachlicher Hinsicht profitieren werde. Das Biosphärenreservat gliedert sich in drei Zonen: Drei Prozent des Gebiets, allesamt im Staatswald liegend, werden wie in einem Nationalpark als Urwald belassen bleiben, 17 Prozent der Fläche werden zur besonders geschützten „Pufferzone“, im überwiegenden Teil des Gebiets aber wird es darum gehen, typische Siedlungs- und Wirtschaftsformen der Region wie Landwirtschaft und Tourismus auszubauen, zu erhalten und zu fördern und die Interessen der Menschen und ihrer Umwelt in Einklang zu entwickeln.

Interview

Nun ist es soweit: Der Schwarzwald ist Deutschlands 17. Biosphärenreservat. Die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur, UNESCO, hat am Mittwoch in Paris im Rahmen einer Tagung des Projektes „Man And The Biosphere“ („Der Mensch und die Biosphäre“) dem entsprechenden Antrag des Landes Baden-Württemberg aus dem vergangenen Jahr zugestimmt. Vor Ort dabei war der südbadische Regierungsvizepräsident Klemens Ficht, mit dem wir nach der Entscheidung gesprochen haben.

Herr Ficht, herzlichen Glückwunsch, der Südschwarzwald ist ab sofort ein UNESCO-Biosphärenreservat. Was genau verbirgt sich eigentlich hinter diesem Prädikat?

Wir sind sehr froh, dass wir jetzt die Anerkennung erhalten haben. Wir sind allen dankbar, die uns auf diesem weiten Weg unterstützt haben. Mit der UNESCO-Anerkennung schließen wir acht Jahre an Vorbereitungen erfolgreich ab. Aber damit sind wir noch lange nicht am Ziel, denn jetzt gilt es, diese Anerkennung auch praktisch zu untermauern: Die UNESCO erkennt damit die hervorragenden Leistungen für eine unvergleichliche Kulturlandschaft und ein vorbildliches Miteinander zwischen Mensch und Natur, aber auch für den vorbildlichen Beteiligungsprozess der letzten Jahre, an. Mit dem Antrag haben wir uns verpflichtet, klare Qualitätskriterien einzuhalten und das Gebiet im Sinne der UNESCO voranzubringen.

Der Südschwarzwald darf sich nun in einer Riege sehen mit dem zentralen Amazonasgebiet in Brasilien, dem Wattenmeer in den Niederlanden und der Wüste Gobi in der Mongolei. Das klingt toll, aber was bringt es der Region konkret an Vorteilen?

Die Erfahrung aus anderen Biosphärengebieten zeigt, dass durch die UNESCO-Anerkennung der Blick auf den südlichen Schwarzwald ein anderer wird. Das bringt positive Impulse für Tourismus, innovative Produkte und vor allem Motivation für die Menschen, die an der Entwicklung beteiligt sind. Durch die UNESCO-Auszeichnung wird das Gebiet auch für private Geldgeber und Stiftungen interessant, die zu einer höheren Wertschöpfung im Gebiet beitragen können. Die Bevölkerung im Biosphärengebiet profitiert durch das Know-How der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Geschäftsstelle und die umfangreichen Fördermittel für Projekte. Allgemein trägt das UNESCO-Label zur Steigerung der Attraktivität des Ländlichen Raums bei und macht die Region auch interessant für Fachkräfte aller Art.

Und was muss die Region im Gegenzug einbringen, um sich Unterstützung für ihre Projekte und Ideen zu sichern?

Die Region kann sich kreativ einbringen und so das Miteinander von Mensch und Natur gezielt weiterentwickeln. Das UNESCO-Biosphärengebiet Schwarzwald kann hier beispielgebend für andere Regionen sein. Die internationale Anerkennung ist die Anerkennung für das bisher Geleistete: den Schwarzwald als eine einzigartige Kulturlandschaft, die es so anderswo nicht gibt. Wir wollen sie gemeinsam mit der Region, weiter veredeln und als Marke stärken. Unser Ziel ist es, Wohlstand und Wachstum im Einklang mit der Natur zu schaffen.

28 von 37 möglichen Gemeinden aus den Kreisen Lörrach, Waldshut und Breisgau-Hochschwarzwald sowie die Stadt Freiburg machen mit, es gibt also noch Leerstellen in der 630 km² umfassenden Biosphärenkarte, die immerhin knapp größer ausfällt als der Bodensee. Wie wird es für die Gemeinden weitergehen, die bisher nicht mitmachen wollen?  

In mehr als 30 Gemeinden haben intensive Beratungen und Diskussionen stattgefunden. Wir sind froh über jeden, der dabei sein wollte. Wir respektieren aber auch die Entscheidung, diesen Weg nicht mit zu gehen. Das war nicht immer leicht, aber irgendwann haben wir eine Entscheidung gebraucht. Die jetzige Kulisse ist somit das Ergebnis eines intensiven Prozesses. Allen war klar, dass der Zuschnitt für die nächsten zehn Jahre festgelegt ist. Diese Zeit brauchen wir, um eine nachhaltige Entwicklung anzustoßen – danach sind Veränderungen in der Gebietskulisse möglich. Wir gehen davon aus, dass unser Biosphärengebiet ein großer Erfolg wird. Die Gemeinden, die zur Zeit noch nicht dabei sind, werden nach meiner Einschätzung später auf jeden Fall mitmachen wollen.

Info

Biosphärenreservate

Als Biosphärenreservate zertifiziert die UNESCO seit den Siebzigerjahren in mittlerweile rund 120 Ländern auf der Welt knapp 700 Modellregionen, die sich auf dem Weg hin zu einer nachhaltigen Entwicklung, die den Natur- und Umweltschutz im Einklang mit sozialer und wirtschaftlicher Entwicklung der jeweiligen Gebiete befinden.

Dabei werden jeweils drei Prozent der Gebietsfläche als „Urwald“ erhalten, 17 Prozent werden besonders geschützt und die verbleibenden 80 Prozent in ihrer regionaltypischen wirtschaftlichen Entwicklung gefördert.

Die Kosten hierfür werden zu 70 Prozent vom Land beigesteuert und zu 30 Prozent von den beteiligten Gemeinden gestemmt. Die Zertifizierung durch die UNESCO wird nach zehn Jahre überprüft und kann auch wieder verloren oder aberkannt werden. Die offizielle Übergabe der Biosphären-Urkunde für den Schwarzwald soll im Rahmen eines Bürgerfests in Bernau/Kreis Waldshut am 8. Oktober erfolgen.