Der Andrang an die Hochschulen in Baden-Württemberg (wie hier in Hohenheim) ist groß. Auch Studierende aus dem Ausland kommen gerne. Foto: 7aktuell.de/Oskar Eyb

Als erstes Bundesland führt Baden-Württemberg im Herbst 2017 Gebühren für Studenten aus dem Ausland ein. Sie müssen pro Semester 1500 Euro bezahlen.

Stuttgart - Vom Wintersemester 2017/18 an sollen Studierende aus Ländern außerhalb der EU in Baden-Württemberg 1500 Euro Studiengebühren pro Semester bezahlen. Auch das Zweitstudium wird kostenpflichtig. Dafür werden 650 Euro pro Semester fällig. Den Gesetzentwurf hat das Kabinett am Dienstag zur Anhörung freigegeben.

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) betonte jedoch, die Gebühr für internationale Studierende sei nicht als Vorstufe für die Wiedereinführung allgemeiner Studiengebühren zu verstehen. „Allgemeine Studiengebühren schließt der Koalitionsvertrag aus, und der gilt“, bekräftigte Bauer.

45 Millionen Einnahmen erwartet

Sie erwartet aus den Gebühren Einnahmen in Höhe von 45 Millionen Euro im Jahr. Davon sollen 39 Millionen von internationalen Studierenden kommen. Diese Maximalhöhe wird allerdings erst im Jahr 2022 erreicht werden. Im Jahr 2017 rechnet Bauer damit, dass Studierende aus dem Ausland 5,4 Millionen Euro in die Kassen bringen.

Baden-Württemberg wird für internationale Studierende zunehmend attraktiver. Besonders Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften sind beliebt. Drei von vier Studierenden aus dem Ausland entscheidet sich für diese Fächer. Im vergangenen Jahr waren dem Wissenschaftsministerium zufolge insgesamt 33754 junge Menschen aus dem Ausland zum Studium im Südwesten. Das ist fast jeder zehnte Hochschüler. 15 350 haben ihr Studium im Jahr 2015 neu aufgenommen. Dazu zählen jedoch auch Studierende aus EU-Staaten. Das Ministerium kalkuliert mit 7000 Anfängern pro Jahr, die künftig einen finanziellen Beitrag zu ihrem Studium leisten würden.

Die Hälfte bricht ab

Wer sein Studium bereits begonnen hat, muss nicht bezahlen. Auch Flüchtlinge und Ausländer, die in Deutschland Abitur gemacht haben, fallen nicht unter das neue Gesetz. Gebührenfrei bleiben auch internationale Austauschprogramme. Ein Teil der Gebühren soll den Studierenden selbst zugute kommen. Etwa 300 Euro pro Semester sind für die Verbesserung der Betreuung vorgesehen. Das ist Bauer zufolge auch nötig. Etwa die Hälfte der internationalen Studierenden brechen das Studium ab. Das soll sich künftig ändern.

Ministerin will Kürzungen vermeiden

Mit den Gebühren will die Wissenschaftsministerin drastische Kürzungen in ihrem Haushalt vermeiden. Sie muss im Jahr 48 Millionen (ein Prozent ihres Etats) zur Haushaltskonsolidierung erbringen. Streichungen hätten vor allem die Kunst und die Forschung betroffen, weil ein Großteil der Mittel gebunden ist. Statt Einsparungen setzt Bauer nun auf Einnahmeerhöhungen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nannte die Gebühren „einen moderaten Eigenanteil von denjenigen, die zum Zweck des Studiums von außerhalb der EU an unsere Hochschulen kommen“. Der Beitrag sei gerechtfertigt gegenüber Inländern und EU-Bürgern, die die Hochschulen über ihre Steuern finanzierten.

Die meisten internationalen Studierenden (30 Prozent) kommen aus China und Indien. Bauer verweist darauf, dass in China bis zu 8000 Euro, in Indien bis zu 10000 Euro Gebühren erhoben werden. 60 Prozent der internationalen Studierenden kämen aus Ländern, die vergleichbare oder deutlich höhere Gebühren erheben würden. Kretschmann erklärte, „wir wollen, dass die Studierenden zu uns kommen, weil unsere Hochschulen attraktiv sind, nicht, weil es bei uns billig ist“.

Ministerin Bauer ergänzte, die Gebühren seien bewusst moderat gehalten. So verlange Schweden 10000 Euro im Jahr von internationalen Studierenden. Noch ist Baden-Württemberg im bundesweiten Vergleich Vorreiter. Doch Bauer geht davon aus, dass weitere Bundesländer dem Beispiel des Südwestens folgen werden.

Beim Zweitstudium zahlen alle

Unabhängig von der Nationalität müssen von Herbst 2017 alle zahlen, die nach einem abgeschlossenen Studium ein Zweitstudium anfangen. Als Zweitstudium gilt nicht der Master, der auf einen Bachelor folgt. Gebührenpflichtig wird ein zweites Masterstudium oder ein zweiter Bachelorabschluss. Damit werden Zweitstudien den Studien zur Weiterbildung angeglichen. Diese sind bereits gebührenpflichtig.

Abgesehen von den Studiengebühren müssen jedoch alle Studierenden einen Beitrag leisten. Der Verwaltungskostenbeitrag steigt von 60 auf 70 Euro pro Semester.

Kritiker befürchten Wiedereinstieg in allgemeine Gebühren

Von Jugendorganisationen der Parteien und von der Opposition kommt ebenso heftige Kritik wie vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Die DGB-Vize Gabriele Frenzer-Wolf befürchtet, „dass die Landesregierung mit dem jetzt vorgesehenen Schritt den Wiedereinsteig in allgemeine Studiengebühren betreiben könnte“. Das sieht auch der SPD-Nachwuchs so. „Dieser Schritt ist populistisch und unsozial und es ist absehbar, bis aus Studiengebühren für wenige Studiengebühren für alle werden“, wettert der Jusovorsitzende Leon Hahn.

Gabi Rolland, die Hochschulexpertin der SPD sieht Ministerin Bauer „auf dem Holzweg“. Das kostenfreie Studium sei ein „Riesenvorteil für die baden-württembergische Hochschullandschaft und die angestrebte Internationalisierung“. Durch die Gebühren sei eine Abschreckung internationaler Studierender zu erwarten. Das befürchtet auch Lena Schwelling, die Landesvorsitzende der Grünen Jugend. Sie betrachtet die Gebühren als „Haushaltskonsolidierung auf Kosten der Studierenden“. Den Ausgleich des Etats hält auch Klaus Hoher, der hochschulpolitische Sprecher der Landtags-FDP für „ein unlauteres Motiv für die Erhebung von Studiengebühren“.