Auch in Callcentern wird fleißig an Sonntagen gearbeitet. Foto: dpa

„Sonntags gehören Mami und Papi uns“: Kirchen und Gewerkschaften haben im Kampf um Arbeit am Sonn- und Feiertag einen wichtigen Sieg vor Gericht errungen. Was heißt das für den Südwesten?

Stuttgart - Nach dem Urteil für mehr Sonntagsruhe in Hessen prüft auch das Land Baden-Württemberg Konsequenzen. Da es im Südwesten ähnliche Ausnahmen bei der Sonn- und Feiertagsarbeit gebe wie im Nachbarland werde die Begründung des Bundesverwaltungsgerichts unter die Lupe genommen, teilte das Sozialministerium am Donnerstag in Stuttgart mit. Unmittelbare Folgen habe der Richterspruch aber nicht. Die Gewerkschaft Verdi und der CDU-Sozialflügel riefen Grün-Rot auf, die Sonntagsarbeit auch im Südwesten weiter einzuschränken.

Nach Angaben des Ministeriums gibt es in Baden-Württemberg - anders als in Hessen und vom Gericht beanstandet - keine Ausnahmeregelung für Videotheken und öffentliche Bibliotheken. Im Südwesten gibt es jedoch ähnliche Regelungen für Callcenter und Lotto- und Totogesellschaften, allerdings mit anderem Zeitfenster. Weitere Ausnahmen gelten für Beschäftigte in Blumengeschäften, Gärtnereien, Brauereien und bei Eisherstellern.

Die Auswirkungen des Urteil auf die baden-württembergische Rechtslage werde auch davon beeinflusst, ob der Bund nun das Arbeitszeitgesetz ändere, erläuterte das Ministerium. In dem Bundesgesetz sind bereits Ausnahmen festgelegt, zum Beispiel für den Rettungsdienst. Es ermächtigt die Länder dazu, weitere Ausnahmeregelungen zu treffen.

Verdi-Landeschefin Leni Breymaier sagte: „Der Sonntag ist der Tag für Erholung und Gemeinschaft. Darauf muss eine Gesellschaft sich verlassen können.“ Für den reinen Kommerz brauche es keine Ausnahme. Auch nach Auffassung des CDU-Arbeitnehmerflügels muss der Kommerzialisierung der Sonn- und Feiertage Einhalt geboten werden. „Der Sonntag muss soweit wie möglich der Familie zur Verfügung stehen“, sagte Landeschef und Bundesvize Christian Bäumler. Darüber hinaus müssten die verkaufsoffenen Sonntage überprüft werden. Bisher sind in Baden-Württemberg drei verkaufsoffene Sonntage im Jahr möglich.

Nach Auffassung des Gerichts in Leipzig ist eine in der hessischen Verordnung erlaubte Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen in Callcentern, Brauereien und Videotheken nicht erforderlich, um besondere Bedürfnisse der Bevölkerung zu decken.