Ulrike Jarolimeck überreicht die Zertifizierung an Regina Ascheron, .Peter Flachenecker und Geschäftsführerin Margarete Janson (von rechts). Foto: Bechtle Foto: Schwarzwälder-Bote

Post-Poliomyelitis: Behandlung von Spätfolgen der Kinderlähmung

Von Götz Bechtle

Bad Wildbad. Die "spinale Kinderlähmung" (Poliomyelitis oder kurz Polio) war in den 1950er- und 1960er-Jahren das Schreckgespenst für junge Menschen – eine von Viren ausgelöste Infektionskrankheit der Nervenzellen des Rückenmarks mit schweren Lähmungen. Durch die Schluckimpfung konnte in Europa diese Krankheit bis 1990 nahezu vollständig "ausgerottet" werden. Aber es gibt noch viele Länder, in denen diese Krankheit grassiert.

Auch wenn es in Deutschland (fast) keine Neuerkrankungen mehr gibt, hat die Poliomyelitis Jahrzehnte nach der eigentlichen Erkrankung Spätfolgen, die sogenannte Post-Poliomyelitis.

Erwachsene im fortgeschrittenen Alter, die in ihrer Kindheit oder Jugend an Kinderlähmung erkrankten, leiden an den Spätfolgen: Extreme Müdigkeit, Kraftverlust durch Muskelschwäche oder Muskelschwund sowie Atem- und Schluckbeschwerden sind einige dieser Folgen.

Ulrike Jarolimeck, seit vielen Jahren regelmäßig als Patientin im Neurologischen Rehabilitationszentrum Quellenhof in Bad Wildbad in Behandlung, leidet an dem Post-Polio-Syndrom. Sie ist Vorstandsmitglied und Beirat im Bundesverband Poliomyelitis. Über den Quellenhof berichtet sie nur Positives. Vor allem auch deshalb, weil das Wildbader Rehazentrum unter den sechs bundesweit zur Behandlung des Post-Polio-Syndroms zugelassenen Rehazentren das einzige ist, das diese Spätfolgen der Kinderlähmung vor allem unter neurologischen und nicht nur unter orthopädischen Gesichtspunkten behandelt.

Eine Standardisierung der Behandlung des Post-Polio-Syndroms ist allerdings nicht möglich. Es ist notwendig, für jeden Patienten individuelle Therapieziele und die hierfür nötigen Maßnahmen zu definieren, erklärt Peter Flachenecker, Chefarzt des Quellenhofs.

Ein wesentlicher Teil der therapeutischen Bemühungen liegt dabei in der Veränderung der Lebensgewohnheiten und der Anpassung der Erwartungen an die eigene Leistungsfähigkeit – eine Aufgabe, die im Quellenhof mit dem Patienten erarbeitet und geübt wird. Wichtig, so Jarolimeck, sei auch die Kommunikation und der Wissensaustausch der Betroffenen untereinander. Deshalb habe man im Quellenhof stets Gruppen von Post-Polio-Patienten in der Rehabilitation.

"Die Rollstuhlabteilung ist ein absoluter Leuchtturm im Quellenhof", lobt Jarolimeck die Behandlung. Dieses Lob beweist auch die dritte von ihr überreichte Zertifizierung des Neurologischen Rehabilitationszentrums Quellenhof durch den Bundesverband Polio.

Im Zertifikat heißt es: "Die geprüfte Rehaklinik ist nach den Vorgaben des medizinischen Beirats des Bundesverbands geprüft worden. Die Prüfung umfasste die Strukturqualität, die Prozessqualität und die Qualifikation des Ärztlichen Leiters und des Personals." Das Zertifikat hat eine Gültigkeit bis zum Februar 2018.

Über die nun zum dritten Mal zertifizierte Qualifikation freuen sich natürlich besonders die leitenden Ärzte. Beratung, Training und Empfehlungen gehören als wesentlicher Teil zur Behandlung nicht nur der Rehapatienten mit Post-Polio-Syndrom. Schließlich ist man bestrebt, die gesundheitliche Situation aller Patienten nach dem Aufenthalt im Quellenhof zu verbessern.