Es ist schwierig, die Tannenbergstraße zu finden. Foto: Bechtle Foto: Schwarzwälder-Bote

Bezeichnung hat nichts mit dem Schwarzwald zu tun / Erinnerung an eine Schlacht im Ersten Weltkrieg zwischen Russen und Deutschen

Von Götz Bechtle

Bad Wildbad. Im Schwarzwälder Boten berichtete Marina Lahmann über die 100 Jahre alte Linden-Brücke. Sie trug von 1915 bis 1946 den Namen Hindenburg-Brücke. Mit dem Namen Hindenburg ist auch der Ort Tannenberg verbunden. In Bad Wildbad gibt es eine Tannenbergstraße.

Paul von Hindenburg war zu Beginn des Ersten Weltkriegs vor allem in der Schlacht um Tannenberg (26. bis 30. August 1914) in Ostpreußen als Generalfeldmarschall erfolgreich. In dieser Schlacht der 8. deutschen Armee mit circa 153 000 Mann gegen die 2. russische Armee mit 191 000 Mann kamen 3436 deutsche Soldaten ums Leben, etwa 6800 wurden verletzt. Auf russischer Seite gab es rund 30 000 Tote und Verwundete, etwa 95 000 russische Soldaten kamen in deutsche Kriegsgefangenschaft.

Die Schlacht fand eigentlich in der Nähe von Allenstein statt, doch Paul von Hindenburg gab ihr den Namen "Schlacht von Tannenberg", einem Dorf, das etwa 15 Kilometer vom eigentlichen Schlachtort entfernt war und nur am Rande in die Kämpfe mit einbezogen war.

Dieser Name war sozusagen die "Revanche" für die im Jahr 1410 stattgefundene Schlacht bei Tannenberg. Damals unterlag ein Heer des Deutschen Ordens mit Aufgeboten der preußischen Landstände sowie einer großen Anzahl von mitteleuropäischen Rittern, etwa bis zu 34 000 Mann, der gemeinsamen Streitmacht des Königreichs Polen und des Großherzogtums Litauen mit bis zu 27 000 Mann. Für den Deutschen Orden war dies der Beginn des Verlustes der Territorialherrschaft in Preußen.

Diese Auseinandersetzung wird inzwischen als eine der größten Schlachten zwischen mittelalterlichen Ritterheeren betrachtet. Sie gehört zudem seit dem 19. Jahrhundert zum Nationalmythos Polens und Litauens.

Schon bald nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde, vor allem unter den Tannenbergkämpfern, der Wunsch laut, den gefallenen Kameraden ein Denkmal zu setzen. Es bildete sich der "Tannenberg-Nationaldenkmal-Verein". Zwischen 1926 und 1935 entstand ein achteckiges Bauwerk (rund 100 Meter Durchmesser), in dem Paul von Hindenburg nach seinem Tod 1934 in einer Gruft beigesetzt wurde. Das Dritte Reich bezeichnete das Tannenberg-Denkmal als "Reichsehrenmal."

Dass es in Bad Wildbad eine Tannenbergstraße gibt, hat nichts mit dem Schwarzwald zu tun, sondern eben mit dieser Schlacht im Ersten Weltkrieg. Im Jahre 1915 stellte ein Mann Namens Fischer bei der Stadtverwaltung den Antrag, seinem Privatweg, der von der Olgastraße zu seinem Haus, der Villa Lichtenstein, sowie zur Villa Waidmann führt, "zur Erinnerung an die ruhmreiche Schlacht im Jahr 1914" den Namen Tannenbergstraße zu verleihen. Diesem Antrag folgte damals der Gemeinderat gerne, hatte er doch fast zur gleichen Zeit der in Beton neu erbauten Linden-Brücke den Namen Hindenburg-Brücke verliehen.

Nach dem Ende des Dritten Reichs verschwanden die braunen Ortsbezeichnungen Adolf-Hitler-Platz und Hermann-Göring-Platz. Auch die Hindenburg-Brücke erhielt wieder ihren früheren Namen Linden-Brücke. Warum man auch diese Rückbenennung vornahm, ist nicht bekannt. Schließlich war Hindenburg neun Jahre deutscher Reichspräsident. Zur Information: In Deutschland gibt es noch mehr als 400 Straßen, Wege, Alleen, Plätze, Ufer und Dämme, die den Namen Hindenburg tragen.

Dass die Tannenbergstraße ihren Namen behielt, lag sicherlich daran, dass der Name durchaus schwarzwald-typisch erschien. Und die Einwohner, die nach 1945 noch wussten, wie und wodurch die Tannenbergstraße ihren Namen hatte, schwiegen. Heute wissen die meisten Bewohner an dieser Straße nicht mehr, woher deren Name kommt.