Graf Eberhard (Michael Schmid) mit dem kratzenden falschen Rauschebart sowie die übrigen Akteure der Turnabteilung des TSV Wildbad, die dem "Grafen" beim großen Festumzug am Sonntag als Gefolge begleiten werden. Fotos: Kunert Foto: Schwarzwälder-Bote

Umzug: Theater-Gruppe der Turnsparte des TSV Wildbad holt schon mal ihre historischen Outfits hervor

"Eigentlich" – ja, eigentlich wollte die Theater-Gruppe der Turnsparte des TSV Wildbad in diesem Jahr ihr Erfolgsstück "Der Überfall im Wildbad" auf großer, na ja, zumindest "ordentlicher" Bühne aufführen. Wie 2008 zum 100-jährigen Jubiläum der Bergbahn der Stadt.

Bad Wildbad. "Aber irgendwie hat es mit den Terminen nicht so geklappt", erzählt Claus Jocubeit, Abteilungsleiter Turnen beim TSV – während er sich in die Hose von "Hirte Hans von Wildbad" zwängt, seiner großen Rolle im genannten Stück. "Oh, das kneift aber etwas", muss "Hans" sich und dem Rest der ebenfalls anwesenden lustigen Theater-Truppe eingestehen. "Hans" hat doch etwas in den vergangenen neun Jahren zugelegt, "aber nur am Poppes", wie er zur allgemeinen Erheiterung im Anprobenraum, dem Wohnzimmer der Jocubeits, präzisiert.

Großer Spaß

Dass sich "Hans" und all die anderen Rollen aus dem historischen Bühnenstück – es wurde 1908 von Ernst Hoffmann-Hemmingen gedichtet – überhaupt an diesem Abend hier getroffen haben und die alten Kostüme durchprobieren, hat natürlich mit dem bevorstehenden Stadtfest "650 Jahre Überfall im Wildbad" zu tun. Auch wenn es keine Wiederaufführung des eigentlich ja sehr passenden Bühnenstücks geben wird, beim großen Festumzug am kommenden Sonntag ist die Turn-Theater-Gruppe auf jeden Fall dabei – in absolut passenden Kostümen eben, denen aus der Aufführung von 2008. Allesamt damals eigenhändig genäht von der Akkord-Näherin der Truppe, Gerlinde Frey senior.

Gerlinde Frey (senior) ist natürlich auch jetzt dabei, um den richtigen Sitz ihrer kleinen (manchmal, wie bei "Hans" gerade, "zu kleinen") Kostüm-Schätze zu überwachen. Hier zupft sie einen Gürtel am Wamst von Grafen Eberhard "der Rauschebart" (Michael Schmid) zurecht, dort ist sie mit dem Sitz eines brutal engen Beinkleids beim Vogt vom Zavelstein (Wolfgang Treiber) noch nicht 100-prozentig zufrieden. Aber das wird. Zumal man ja auch lustig die verschiedenen Kostüme noch mal hin und her tauschen kann, bis man ein auch heute wieder perfekt passendes gefunden hat.

Indes – Claus Jokubeit hat seinen Stolz. Und bleibt einstweilen in seinen zu engen Hosen. Auch wenn man den leichten Eindruck hat, er spräche jetzt eine viertel Oktave höher als sonst. Aber, falls noch nicht erwähnt, hier geht es in erster Linie um den ganz großen Spaß am gemeinsamen (Theater)Spiel. Da gehört auch solcher Slapstick ab und an natürlich dazu.

Wie auch die Sache mit dem "Rauschebart" von Graf Eberhard-Schmid: der stammt nicht von Gerlinde Frey (senior), sondern aus irgendeinem Fundus. "Und kratzt wie die Pest."

Komödiantisches Talent

Wie gut, dass diese Kostüm-Anprobe eigentlich nur fürs Foto ist. Und um präventiv zu schauen, ob denn beim großen Umzug am Sonntag alles auch gut klappen kann mit der Teilnahme der TSV-turnenden Theater-Freunde.

Nach ein paar Minuten kann sich Michael Schmid von dem nicht wirklich gut sitzenden Rauschbart wieder befreien. "Die Zeit reicht wohl nicht, um sich noch einen echten Bart wachsen zu lassen." Nein, eher nicht. Daher sieht man den Sorgenfalten von Schmid an, dass er nun überlegt, wie lange der Umzug am Sonntag wohl dauern wird. Gerade, wenn es auch noch vielleicht ordentlich heiß wird an diesem Festtag. Das wird ganz sicher eine Quälerei. Aber was tut man nicht alles für die Kunst!?

Und während sich die Turner wieder aus ihrem mittelalterlichen Outfits herauspellen, bleibt Zeit, darüber nachzudenken, dass es eigentlich wirklich schade ist, dass diese Laien-Schauspieler mit dem Abriss des alten Güterschuppens ihre einstige Spielstätte unwiederbringlich verloren haben. Und ihr zweifellos vorhandenes komödiantisches Talent so nun weitgehend brach liegt. Da kann vielleicht ihre Teilnahme beim Umzug am Sonntag ja so etwas wie ein Werbe-Lauf für ein neues eigenes Theater für sie werden. Verdient hätten sie es. Schon deren Kostümproben haben maximalen Unterhaltungswert!