Rund 800 Gegner haben sich im Verein „Unser Nordschwarzwald“ zusammengetan. Foto: Archiv

Diskussion um einen Nationalpark erhitzt die Gemüter. Furcht vor Borkenkäfern.

Bad Wildbad/Baiersbronn - Missmutig stapft Friedrich Stotz durch sein früheres Revier bei Bad Wildbad. Fast 40 Jahre lang ging der Förster im Ruhestand „immer gut gelaunt“ durch den Schwarzwald, wie er sagt. „Jetzt bin ich häufig traurig, wenn ich daran denke, was mit meinem Wald bald passieren könnte“, sagt er und wischt sich Tannennadeln aus dem Haar. Der Unmut des 76-Jährigen richtet sich gegen die Pläne der Landesregierung, im Nordschwarzwald den ersten Nationalpark Baden-Württembergs einzurichten.

Auf einer Fläche von 10 000 Hektar könnte die Natur dann Schritt für Schritt sich selbst überlassen werden. Wann und wo steht noch nicht fest. Rund 17 000 Hektar Staatswald zwischen Bad Wildbad und Freudenstadt sind zum „Suchgebiet“ erklärt worden. Ein Gutachten und sieben regionale Arbeitskreise beschäftigen sich zurzeit mit Vor- und Nachteilen für Tiere, Hoteliers und Sägewerke. Stotz hat sein Urteil über die Pläne schon gefällt. Mit dem Nationalpark drohe eine altbekannte Landplage: die Rückkehr des Borkenkäfers. „Schauen Sie“, sagt Stotz und zeigt auf eine vertrocknete Baumgruppe. „So wird es fast überall aussehen, wenn der Nationalpark erstmal eingerichtet ist.“ Wird der Fichtenwald, der inzwischen den größten Teil des Nordschwarzwalds bedeckt, nicht gepflegt, dann droht nach Einschätzung von Stotz eine Käferplage.

800 Gegner gründen Verein

Sein zwölfjähriger Forsthund Aaron bellt kurz auf, als wolle er sein aufgebrachtes Herrchen unterstützen. Stotz ist mit seinen Bedenken nicht allein. Rund 800 Gegner haben sich im Verein „Unser Nordschwarzwald“ zusammengetan. Sie fürchten zudem Einschränkungen im Tourismus und wirtschaftlichen Schaden für die Holzindustrie. Mit Aufklebern, Unterschriften und Plakaten blasen sie zum Sturm gegen die Pläne der Naturschützer. Rund 80 000 Aufkleber, 70 000 Flyer und über 200 „wetterfeste Transparente“ habe man schon unter die Leute gebracht, sagt Vereinssprecher Andreas Fischer stolz.

Fischer, der eine Kommunikationsagentur betreibt, hat ganze Arbeit geleistet. Wer durch die kleinen Orte am Fuße des Nordschwarzwaldes fährt, kommt an den grünen Plakaten der Gegner an Hauswänden und auf den Wiesen kaum vorbei. Auf die „Materialschlacht“ der Projektgegner wolle man sich nicht einlassen, sagt Christina Schneider von der Pro-Initiative „Freundeskreis Nationalpark Schwarzwald“ in Baiersbronn (Kreis Freudenstadt). „Man kann ja nicht alles mit Plakaten zupflastern.“. Allerdings fehlten ihnen auch die Mittel für eine großflächige Kampagne, gibt sie zu und zeigt auf vereinzelte Kartons mit Aufklebern und Plakaten. Schneider und die rund 350 Mitglieder des Vereins erhoffen sich durch den Nationalpark mehr Natur und Artenvielfalt sowie eine Steigerung der Marke „Schwarzwald“. „Davon werden alle hier profitieren, nicht nur der Wald selbst“, sagt Schneiders Tochter Friederike.

Die 22-Jährige studiert Forstwirtschaft und engagiert sich auch im Gemeinderat für das Projekt. Ihren Kindern wolle sie später einen „natürlichen, unberührten Wald zeigen“ und keinen „fichtendominierten künstlichen Forst.“ Ein unberührter Wald - das wäre für Sägewerksmeister Axel Züfle eine Katastrophe. Der Geschäftsführer der Züfle Holzwerk GmbH in Baiersbronn-Mitteltal fürchtet massive Einbußen für seinen Betrieb mit 20 Mitarbeitern, sollten die Naturschützer sich durchsetzen.

„Wir beziehen mehr als die Hälfte unseres Holzes aus der Region“, sagt der 36-Jährige und blickt auf die frischen Buchenstämme draußen im Hof. Dieses Holz müsse dann aufwendig und teuer aus Skandinavien oder Russland bezogen werden. „Das ist dann kein Holz der kleinen Wege mehr und schont sicher nicht die Umwelt.“ Jörg Möhrle, Chef des Schwarzwald-Hotels „Tanne-Tonbach“, erhofft sich hingegen positive Effekte von einem Nationalpark. Die Übernachtungszahlen in der Region Nordschwarzwald seien seit Jahren rückläufig. Für das Hotel- und Gaststättengewerbe sei das Projekt eine Chance. „Wir sind dann das Tor zum Nationalpark Nordschwarzwald“, sagt er. „Das bringt uns einen riesen Vorteil gegenüber der Konkurrenz aus dem Süden.“