Auf den Höhen des Kälblings, der sich zwischen den Tälern von Calmbächle, Kleiner Enz sowie Würzbach/Blindbach erhebt und an dessen Fuß die B 296 startet, darf die EnBW wohl drei Windräder errichten. Foto: Schabert

Bad Wildbad wird zum Vorreiter für andere Kommunen. Entscheid über Windkraftanlagen nach neuen Standards.

Bad Wildbad - Ende 2016 oder im nächsten Jahr könnte die Errichtung von drei Windkraftanlagen auf den Höhen des Kälblings über Calmbach erwartet werden. Der Abstand zur Wohnbebauung ist mit mindestens einem Kilometer größer als rechtlich vorgegeben.

Von der Bergbahnstation der Sommerbergbahn werden die rotierenden Stromerzeuger nur teilweise zu sehen sein. Der Meisternrücken verdeckt sie. Der wirtschaftlichste Vertragspartner ist nach einem ganz besonderen Verfahren ermittelt worden.

Rechtssicheres und wissenschaftliches Verfahren

Dieses kann jetzt in anderen Gemeinden in Land und Bund als rechtssicheres, wissenschaftlich fundiertes Muster nach neuestem Stand angewendet werden. Es ist nach einer Anregung von Bürgermeister Klaus Mack aus dem Jahr 2014 unter wissenschaftlicher Federführung durch die Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl zusammen mit der Stadt entwickelt worden.

In eine Arbeitsgruppe eingebunden waren von Anfang an Vertreter des Gemeinderats und der Stadtwerke sowie des Landratsamts Calw als Rechtsaufsichtsbehörde.

Das Gemeindewirtschaftsrecht gibt vor, den für die Kommune wirtschaftlichsten Investor zu finden. Es galt, aktuellste rechtliche Entwicklungen bis hin zum Europarecht sowie kommunale und bürgerschaftliche Interessen zu berücksichtigen.

Beim Pressegespräch in der Bergstation der Sommerbergbahn berichtete Hochschul-Professor Michael Frey über die einzelnen Schritte. Dem Grundsatzbeschluss des Gemeinderates über die Verpachtung der Kälbling-Fläche folgte der Auftrag an ihn und seinen Professoren-Kollegen Heinz-Joachim Peters. Die Arbeitsgruppe entschied, den Vertragspartner im Verhandlungsverfahren mit vorangeschaltetem Teilnahmewettbewerb zu finden. Auf eine Anzeige meldeten sich eine Reihe Unternehmen. Sie erhielten einen Fragenkatalog. Die Ergebnisse wurden nach einem System gewichteter Bewertungskriterien verglichen.

Antworten waren zu fiskalischen Kriterien sowie zum Wirtschaftlichkeitskonzept über die gesamte Laufzeit zu geben.

Außerdem wurde nach der Qualität der Vorbereitung des Baus, einem Konzept für die Bürgerbeteiligung und nach der lokalen Wertschöpfung gefragt. Die Arbeitsgruppe traf eine Vorauswahl mit zwei Unternehmen. Die Angebote wurden verglichen. Das am Ende günstigste führte zur EnBW.

Der Gemeinderat folgte mit seinem Beschluss diesem Ergebnis. Von den am Tag nach der Entscheidung informierten Teilnehmern hat der unterlegene 15 Tage Zeit zur Prüfung. Gibt es keine Einwendung, kann der Vertrag mit der EnBW geschlossen werden.

Hinsichtlich der Bürgerbeteiligung unterstrich Stadtoberhaupt Mack, dass es dabei vor allem auch um eine wirtschaftliche Beteiligungsmöglichkeit Interessierter bei überschaubarem Risiko gehe. Den Stadtwerken sei dies ebenfalls offen gehalten.

Dass nach der öffentlich beschlossenen Ausschreibung die Vergabe nicht öffentlich erfolgte hat seinen Grund: Da musste naturgemäß über sensible Firmendaten und damit geschützte Betriebsinterna gesprochen werden.

Einbezogen waren Studierende der Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl in den Prozess zur Vergabe des Windkraft-Projekts auf dem Kälbling. Für sie sieht ihr Professor, Michael Frey, "einen Mehrwert durch praxisnahe Ausbildung". Carla Diez und Marius Uricher unterstreichen den Wert des Praxisbezugs. Ihre erforschten rechtlichen und praktischen Problemstellungen werden sie in Kürze in einem wissenschaftlichen Aufsatz publizieren.