Treffen zum Vesper besteht seit zehn Jahren / Stammtischkumpel sind oft keine echten Freunde

Von Götz Bechtle

Bad Wildbad. Seit einem Jahrzehnt gibt es im Oberen Enztal das Männervesper, sozusagen das Pendant zum schon länger bestehenden Frauenfrühstück.

Angeregt wurde dies damals von Pfarrer Peter Knop aus Gräfenhausen. Die Idee griffen Diakon Manfred Bertsch und Pfarrer Matthias Wegner aus Calmbach sowie Kai Heselschwerdt aus Sprollenhaus auf und luden im Oktober 2004 zum ersten gut besuchten Männervesper ins Sängerheim des Liederkranzes Calmbach ein – das Thema damals war "Männer mit Profil."

Zweimal im Jahr findet das Männervesper statt. Und zwar nicht nur von evangelischer Seite, sondern ökumenisch. In den Folgejahren waren es stets Themen, die vor allem Männer betrafen. So berichtete einmal ein Fußballpfarrer über seine Erlebnisse, beim Thema "Notfallfürsorge" war man beim Roten Kreuz in Calmbach. Über das Thema "Finanzkrise" sprach ein einheimischer Fachmann 2009 im Hotel Sonne.

Eine Premiere anderer Art gab es 2009, denn damals war der Referent eine Frau – Cornelia Mack aus Filderstadt, welche die Frage "Warum Frauen so kompliziert sind" zu erklären versuchte. 2013 fand das Männervesper gemeinsam mit Waldrennach im Neuenbürger Gemeindehaus am Schlossberg statt.

Ein weiterer Höhepunkt im vergangenen Jahr war das gemeinsam mit der Tischtennisabteilung Calmbach in der Enztalhalle durchgeführte Männervesper – auch für Frauen. Damals referierte Tischtennisspieler Martin Schmidt zum Thema "Lieber Arm ab, als arm dran!" was mehr als 100 Besucher interessierte.

Die Jubiläumsveranstaltung fand jetzt im Hotel Hirsch in Sprollenhaus statt. Zum Thema "Lonesome Cowboy? Männer brauchen Freunde!" sprach Stephan Burghardt, Diakon, Sozialarbeiter, Referent für Männerarbeit der evangelischen Landeskirche und Geschäftsführer des Landesausschusses für den Kirchentag 2015 in Stuttgart. Burghardt war bereits zum dritten Mal als Referent im Enztal.

Pfarrer Stefan Itzek stellte in seiner Begrüßung ein Bibelwort in den Raum: "Ein treuer Freund ist ein Trost im Leben; wer Gott fürchtet, der bekommt solchen Freund" (Jesus Sirach 6,16). Thomas Neuweiler vom Trägerkreis Männervesper wies einführend darauf hin, dass man auch als Mann Hilfe brauche, um mit jemandem über Männerprobleme zu sprechen. Der Vortrag sollte Anregungen und Impulse geben. Doch zuerst gab es ein Männervesper, das von Udo Treiber, dem Inhaber des Hotels Hirsch, sehr gut vorbereitet war.

Ist "Männer brauchen Freunde" ein Tabuthema? Sind die Einzelkämpfer Buffalo Bill, Tarzan, Zorro oder Billy the Kid Vorbilder? Robinson hatte seinen Freund Freitag, Lederstrumpfs Freund war Chingachgook, Sherlock Holmes war befreundet mit Dr. Watson, die Musketiere waren sogar zu dritt, ebenso im 1930 gedrehten Filmklassiker "Die Drei von der Tankstelle" mit Willy Fritsch, Oskar Karlweis und Heinz Rühmann, die in ihrem Lied "Ein Freund, ein guter Freund" die Männerfreundschaft besingen.

Männer, so Referent Stephan Burghardt, haben viele Bekannte, aber haben sie auch Freunde, mit denen man über alles reden kann? In "ersten Begegnungen" bleiben Männer für sich, denn sie sind mehr im Kopf programmiert als im Gefühl, das sie nicht gern zeigen, wodurch allerdings die Psyche nicht entlastet wird.

Männerfreundschaf braucht Offenheit, auch die Überwindung sich zu öffnen, Vertrauen, das nicht missbraucht wird, Verschwiegenheit und Zeit. Stammtischkumpel sind meist keine echten Freunde. Männerfreundschaften fordern Mut, Entscheidung, Durchhaltevermögen. Sie brauchen nicht nur Rituale, zum Beispiel regelmäßige Gespräche unter vier Augen, sondern müssen auch Konflikte aushalten. Freundschaft ist ein gutes Lernfeld zur Konfliktbewältigung, und ein guter Freund hat eine Art Vaterfunktion. Ein Freund zu sein bedeutet eigentlich, im Anderen sich selbst zu erkennen, deshalb sind echte Kontakte sehr wichtig, wobei Jugendfreundschaften auch aus der Ferne weiter gepflegt werden können.

Im anschließenden gemeinsamen Gespräch wurde als bestes Ziel eines Freundes genannt, Männer auf den Weg des Glaubens zu bringen, was nicht unmöglich, jedoch schwierig sei.

Den Abschluss des Männervespers machte Gerhard Schiele mit einem Gebet und dem Dank an den Referenten Stephan Burghardt. Der Trägerkreis, zu dem auch Rüdiger Hering und Heinz Riegger gehören, trifft sich im November, um Themen für das nächste Männervesper im ersten Halbjahr 2015 zu suchen.