Auf dem Bild ist der erste Steg über die Enz bei der Alten Linde, vermutlich 1876 gebaut, zu sehen. Rechts steht das alte Gebäude des Wasserkraftwerkes, links verläuft die Wilhelmstraße.                                                                                                               Foto: Stadt Bad Wildbad Foto: Schwarzwälder-Bote

Steg erspart Umwege / Heimische Arbeiter beim Bau beschäftigt / Übergang früher nach Hindenburg benannt

Von Marina Lahmann

Bad Wildbad. Eine Skizze "zu einem Laufsteg über die Enz, bei der alten Linde" vom September 1875, die sich im Stadtarchiv Bad Wildbad befindet, belegt anhand der Unterschrift des Bauherrn, dass der erste Steg an dieser Stelle vom damaligen Wirt des Gasthauses Zur Alten Linde, Friedrich Fraenkel, gebaut und finanziert wurde.

Unklar ist, wann der Steg errichtet wurde, aber klar ist sein Zweck: Die Gäste mussten nicht mehr die Umwege über die Brücke beim Bahnhof oder beim Gasthaus Wilder Mann in Kauf nehmen, um zum Gasthaus zu gelangen, sondern überquerten vor dem Gebäude die Enz.

Nach etwa 40 Jahren war dieser Holz-Steg baufällig geworden. Der Gemeinderat beschloss im September 1914 einen Neubau aus Eisenbeton. Das Stadtbauamt wurde beauftragt, Pläne anzufertigen und Angebote einzuholen. Dabei sollte den ausführenden Firmen zur Auflage gemacht werden, hiesige Arbeiter beim Bau zu beschäftigen. Diese Auflage ist zu jener Zeit üblich und kommt auch an weiteren Bauten in Wildbad zum Tragen, weil im Ort große Arbeitslosigkeit herrschte und der Gemeinderat bei jeder sich bietenden Gelegenheit darauf bedacht war, den Bürgern Verdienstmöglichkeiten zu beschaffen.

Im Oktober 1914 vergab der Gemeinderat den Auftrag zum Brückenbau an die Firma Ludwig Bauer Beton- und Eisenbetonbau in Cannstatt. Der Vertrag wurde allerdings erst am 12. April 1915 geschlossen, ein erster Teilbetrag der insgesamt 4500 Mark Baukosten am 25. Juni 1915 für "fertiggestellte Arbeit" an die Firma überwiesen. Vermutlich wurde die Brücke also zwischen April und Juni 1915 erbaut.

Generalfeldmarschall muss zustimmen

Im August 1915 beschloss der Gemeinderat auf Vorschlag des Stadtvorstands, der neuerbauten Brücke "zu Ehrung des Generalfeldmarschalls Paul von Hindenburg, dem Befreier Ostpreußens, den Namen Hindenburg-Brücke beizulegen und eine Inschrift an der Brücke hierüber anzubringen." Aber natürlich musste der potenzielle Namensgeber zuvor noch um Zustimmung gebeten werden. Am 1. September 1915 formulierte der Stadtschultheiß Carl Baetzner die Anfrage an Paul von Hindenburg: "Die bürgerlichen Kollegien … haben anlässlich der Wiederkehr des Tages der Schlacht von Tannenberg beschlossen, der Brücke über den Enzfluss zum ewigen Gedächtnis der unsterblichen Verdienste Eurer Excellenz um das deutsche Vaterland und zum Zeichen tiefster Verehrung und nie erlöschender Dankbarkeit den Namen Hindenburg-Brücke zu geben …". Bereits acht Tage später antwortete der Angeschriebene: "Hauptquartier Ost, den 9. September 1915. Der Stadtgemeinde Wildbad (Württemberg) danke ich herzlichst für den freundlichen Beschluß, der über den Enzfluß führenden neuen Brücke meinen Namen geben zu wollen. Ich erblicke hierin nicht nur eine Ehrung meiner Person, sondern auch der mir anvertrauten Truppen, in deren Reihen viele Söhne Ihrer schönen Heimat Hervorragendes leisten. Mit Gottes Hilfe werden wir einen ehrenvollen Frieden erringen. Möge Ihrer Stadtgemeinde, in der so mancher Genesung von den Anstrengungen des Krieges findet, dann ferneres Blühen und Gedeihen beschieden sein. Von Hindenburg, Generalfeldmarschall und Oberbefehlshaber der gesamten deutschen Streitkräfte im Osten."

Den Namen Hindenburg-Brücke trug der Fußgängersteg bis 1946. In jenem Jahr wurde vom Bürgermeister verfügt, dass die Ehrenbürgerrechte für Adolf Hitler und Paul von Hindenburg mit deren Tod erloschen seien und die im Jahr 1933 vorgenommenen Plätze-Umbenennungen rückgängig gemacht werden: Aus dem Adolf-Hitler-Platz wurde wieder der Kurplatz, aus dem Hermann-Göring-Platz wieder der Bahnhofsplatz. In der Verfügung ist der Steg bei der Alten Linde nicht explizit erwähnt. Aber Vermerke in einer Akte drei Jahre später lassen wahrscheinlich erscheinen, dass auch dieser Name kurz nach Kriegsende geändert wurde, denn von amtlicher Seite wird seitdem wieder der Name Linden-Brücke verwendet.