Bad Wildbad im Schwarzwald bemüht sich darum, Nachfolger des Bodensee-"Tatorts" zu werden. Foto: Stadt Bad Wildbad

Kommunalpolitiker, Polizisten und Schauspieler können sich Region gut als Kulisse für TV-Krimi vorstellen.

Bad Wildbad - Seitdem feststeht, dass der "Tatort" vom Bodensee im nächsten Jahr eingestellt wird, hat der Wettkampf um die Nachfolge begonnen. Besonders im Schwarzwald machen sich einige Kommunen Hoffnungen, das Erbe von Konstanz anzutreten. Passende Kulissen für Leichenfunde hat die Region zwischen Pforzheim und Lörrach allemal. Als düster und deshalb unheimlich empfanden bereits die Römer die Gegend. Sie nannten sie Silva Nigra, das heißt schwarzer Wald, und gaben ihr damit den Namen, der in aller Welt zum Markenzeichen wurde.

In Stellung brachte sich zunächst Freiburg. Die südbadische Metropole bietet nach Meinung von Wirtschafts- und Tourismusförderer Bernd Dallmann die nötige Kulisse und Infrastruktur. Auch Ulm, Mannheim, Heidelberg, Baden-Baden sowie Karlsruhe sehen sich als geeignet an.

Doch warum immer nur Metropolen? Bad Wildbads (Kreis Calw) Bürgermeister Klaus Mack (CDU) machte sich zum Fürsprecher derjenigen, die den neuen "Tatort" künftig aus dem gesamten Schwarzwald sehen möchten. Und wer hat die besten Chancen? "Es gibt ein großes Interesse", so Annette Gilcher, eine Sprecherin des SWR. Entschieden werde im Laufe dieses Jahres. Eine Tendenz gebe es noch nicht. Nach ihren Worten gibt es nur eine Bedingung: "Die Stadt muss ein Polizeipräsidium haben."

Das Königliche Kurtheater, eine Art Festspielhaus, böte sich als hervorragender Ort an, um einen Sänger zu meucheln

Fraglos lassen sich spannende Krimis auch in kleineren Städten produzieren, wie das Beispiel "Der Bulle von Tölz" in Sat. 1 zeigt. Die oberbayerische Kreisstadt südlich von München hat gerade einmal 18.000 Einwohner. Bad Wildbad bringt es immerhin auf fast 10.000.

Eine Prachtmeile mit schönen alten Häusern wie die Tölzer Marktstraße hat Bad Wildbad zwar nicht zu bieten, dafür aber mit dem Forum König-Karls-Bad einen Prachtbau, den das Land erst vor Kurzem für fünf Millionen Euro standesgemäß aufmöbeln ließ. Das grundlegend sanierte Königliche Kurtheater, eine Art Festspielhaus, böte sich ebenfalls als hervorragende Kulisse an, um einen Sänger hinterrücks zu meucheln. Werner Rath, ein Ur-Bad Wildbader, kann sich Morde im Baumwipfelpfad auf dem Sommerberg oder auf einsamen Parkplätzen vorstellen.

Nicht vergessen werden darf, dass im Kurort Enzklösterle und damit in unmittelbarer Nachbarschaft von Bad Wildbad schon eine Szene für den Bodensee-"Tatort" mit Kommissarin Klara Blum, gespielt von Eva Mattes, gedreht wurde. Der in Wildberg (Kreis Calw) lebende Schauspieler Walter Schultheiß kann sich den im maurischen Stil erbauten Badetempel Palais Thermal in Bad Wildbad als Filmkulisse vorstellen – etwa als Fundort einer Leiche.

Diesen Einfall hatte auch Bürgermeister Klaus Mack. Er stellte dem SWR seine Idee für eine "Tatort"-Folge "Tod im Thermalbad" vor. In dieser Szene findet eine Putzfrau, gespielt von der Sekretärin des Rathauschefs, den toten Kurdirektor. Schultheiß hat ebenfalls "Tatort"-Erfahrung: Er spielte zwischen den Jahren 2000 und 2007 beim "Tatort" aus Stuttgart die Rolle des Vermieters Rominger, der Kommissar Bienzle (Dietz-Werner Steck) beherbergte.

Doch der Schauspieler hat nicht nur Bad Wildbad im Sinn. Auch der Mummelsee (Ortenaukreis) bei Nacht wäre eine schöne Kulisse für einen Mord, findet er. An seinen eigenen Wohnort hat Schultheiß ebenfalls gedacht. So hat Wildberg einen Hexenturm. Da lässt einem allein schon der Name erschaudern und an politisch motivierte Morde denken, die es bereits in früheren Jahrhunderten gab.

An Politik und Geschichte denkt Schauspielerin Ursula Cantieni ebenfalls. Sie ist von Beruf eng mit dem Schwarzwald verbunden, spielt sie doch in der SWR-Serie "Die Fallers – Eine Schwarzwaldfamilie" die Hauptrolle der Johanna Faller. Wegen ihrer Verdienste um die Region ernannte sie der Kurort Dobel (Kreis Calw) zur Schwarzwald-Lady. Mit dem schwarzen Wald verbinde man Unheimliches, sagt sie. Die Täler verbergen etwas, was lange braucht, bis es an die Oberfläche kommt. Das Stichwort heißt Altlasten. Vielleicht werden diese mit der Einrichtung eines Nationalparks ans Tageslicht gespült. Spätestens da wird es politisch. Und schließlich empfindet der Mensch die wilde Natur als Bedrohung, weshalb er sie beherrschen will. "Ich denke, da sind heftige Sachen möglich", findet die Schauspielerin.

Sabine Doll, Pressesprecherin im Präsidium Karlsruhe: "Auch die ländlichen Dienststellen sind mit Morden konfrontiert"

Und was meinen Polizeibeamte? Sabine Doll, Pressesprecherin im Präsidium Karlsruhe, erinnert daran, dass die Dörfer im Schwarzwald in der Realität längst keine beschaulichen Orte mehr sind: "Auch die ländlichen Dienststellen sind mit Morden konfrontiert." Das reiche vom Eifersuchtsdrama bis zum Auftragsmord. Ihr Kollege in der Pressestelle des Präsidiums in der Fächerstadt, Frank Otruba, sieht sich gerne die "Tatort"-Folgen an. Er vergleicht sie mit dem Alltag der Beamten. Die Übereinstimmung mit der Realität gelinge meistens ganz gut, bescheinigt Otruba den Machern der Krimi-Serie. Freilich würden die meisten echten Polizisten mehr Zeit am Schreibtisch verbringen, als dies in den Filmen der Fall sei. Zudem seien die Kommissare manchmal doch recht auffällige Figuren – Singles, die Probleme hätten, mit Frauen zusammenzuleben beispielsweise.

Otruba fände Karlsruhe als "Tatort"-Stadt nicht schlecht. Dessen OB Frank Mentrup (SPD) hatte sogar als Erster seine Stadt als Konstanz-Nachfolgerin ins Gespräch gebracht. Dabei müsste nach seiner Vorstellung nicht alles in der Fächerstadt gedreht werden. Man könnte das eine oder andere auch in Bad Wildbad, das zum Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Karlsruhe gehört, drehen, zumal die dazu notwendigen Absperrungen nicht so aufwendig wären als in einer Großstadt.

Geeignete Laienschauspieler für Nebenrollen gibt es im Schwarzwald auch noch. Holger Wessinger aus Baiersbronn (Kreis Freudenstadt) etwa spielte im Ludwigshafener "Tatort" eine wichtige Rolle. Der Chef des Modehauses Mutschler, zudem Opernsänger, hatte ohnehin schon Gastrollen im Fernsehen. Im 60. Fall von Ulrike Folkerts gab er den Architekten Justus Wagner, der junge Mädchen mit K.-o.-Tropfen gefügig macht und am Ende das Mordopfer ist. Wessinger, nebenbei auch HGV-Vorsitzender Baiersbronns, würde jederzeit wieder eine Rolle übernehmen. Die Botschaft des Schwarzwalds an den SWR lautet also: Hier sterben die Leut’ auch – vielleicht sogar etwas mysteriöser als im Großstadt-Dschungel.