Robert Treiber war in der vierten Generation Inhaber des Ladengeschäftes im Haus König-Karl-Straße 45. Einen Nachfolger konnte er nicht finden. Ans Herz gewachsen ist ihm die große antike Registrierkasse, mit der schon sein Urgroßvater gearbeitet hat und das Essigfass aus dem Jahr 1880. Foto: Ziegelbauer

Tradition geht zu Ende: Treiber nach 135 Jahren geschlossen. Fast ausschließlich auswärtige Kunden.

Bad Wildbad - In der Kurstadt gibt es seit Montag ein Ladengeschäft weniger – und zwar nicht nur irgendeines, sondern das mit seinen 135 Jahren wahrscheinlich älteste in Familienbesitz.

Robert Treiber (76) hat am Sonntagabend alters- und krankheitsbedingt die Ladentüre im Geschäftshaus König-Karl-Straße 45 für immer abgeschlossen.

Hotels versorgt

Das Ladengeschäft wurde im Mai 1881 von Daniel Friedrich Treiber, Urgroßvater des bisherigen Betreibers, eröffnet. Schwerpunkte des Angebotes waren damals Kolonial- und Haushaltswaren sowie Bürsten und Besen.

Der Großvater von Robert Treiber mit demselben Namen wie er als gelernter Einzelhandelskaufmann übernahm das Geschäft im Jahr 1910 und hatte hauptsächlich Käse, Kaffee, Teigwaren sowie Porzellangeschirr im Angebot, mit dem er Hotels versorgte. Aber auch Enzanlagensessel gab es bei ihm. Sein Sohn Robert (1908 bis 1980), ebenfalls gelernter Kaufmann, kehrte mit einer Verletzung aus dem Zweiten Weltkrieg zurück, übernahm das Geschäft im Jahr 1945 und führte es bis 1970.

Spezielle Schuhe

Einige Jahre zuvor hatte Sohn Robert als jetzt letzter Inhaber seine Ausbildung zum Kaufmann abgeschlossen und nach dem Besuch einer weiterführenden Fachschule in Neuwied einige berufliche Stationen, unter anderem in Berlin, Hamburg, Köln, München und Stuttgart, absolviert.

Er übernahm das Ladengeschäft mit neuen Angebotsschwerpunkten wie Geschenkartikel, Souvenirs und Schwarzwälder Spezialitäten.

Im Jahr 1983 erweiterte er sein Sortiment nicht nur um alltägliche Schuhe, sondern um spezielle Luftpolsterschuhe sowie um Fellartikel aller Art. Und nachdem die klassischen Schuhmacher immer seltener geworden waren, konnte man bei ihm Schuhe zur Reparatur durch einen Fachmann abgeben.

Gerne hätte Treiber den Laden in die fünfte Familiengeneration übergeben. Seine drei Kinder haben allerdings beruflich mit der Tradition der drei Roberts gebrochen und andere Wege eingeschlagen. "Ich musste mich vor einem Jahr einer Operation unterziehen, seither geht es gesundheitlich abwärts. Ich hätte eigentlich schon vor zehn Jahren aufhören und mein Leben genießen sollen", bedauert Treiber den Hintergrund seiner Geschäftsaufgabe erst jetzt.

Mit etwas Wehmut hat er schon im Juni den Ausverkauf eingeleitet und sich entschlossen, den Laden zum 1. August zu schließen. Wobei er das Ende der 135-jährigen Geschäftstradition im Familienbesitz bedauert.

Etwas traurig

Diese hätte allerdings schon viel früher zu Ende sein können, wenn er sich mit seiner guten Stimme beruflich dem von ihm favorisierten Gesang hätte verschreiben können. Allerdings hatte er dafür bei seinem Vater kein Verständnis gefunden, sodass ihm seinerzeit nichts anderes übrig blieb, als den Beruf des Kaufmannes zu erlernen.

Und welche Erfahrungen hat er damit in Bad Wildbad gemacht? Im Prinzip gute, allerdings hauptsächlich, ja fast ausschließlich mit auswärtigen Kunden aus den Räumen Stuttgart, Pforzheim und Karlsruhe, wie er betont. Etwas traurig ist er rückblickend darüber, dass sich der Kundenkreis aus Bad Wildbad mit Ausnahme einiger Stammkunden aus Sprollenhaus in Grenzen gehalten hat.

Drei Dinge sind ihm in den vielen Jahren seiner geschäftlichen Aktivitäten ans Herz gewachsen, von denen er sich jetzt trennen muss: eine Registrierkasse aus dem Jahr 1902 mit dem Schild "Daniel Fr. Treiber, Colonial&Material-Waaren, Wildbad a.Enz", ein ganz spezieller, 124 Jahre alter Schrank, kunstvoll bemalt im Jahr 1940 von Robert Schlegel, und ein Essigfass aus dem Jahr 1880.