Im Film über Calmbach konnte man auch Einblick in den Betrieb der Firma Gauthier um 1960 erhalten. Foto: Schabert Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatgeschichte: Calmbach vor gut einem halben Jahrhundert

Gleich zu Beginn des Filmnachmittags im Kino Wildbad (KiWi) gestand Monatsreff-Leiter Helmut Buck vom Schwarzwaldverein Neuweiler (SWV) den 40 Besuchern, dass es mit Kampfgetümmel in dem Film "Überfall im Wildbad" auf der Leinwand nichts wird.

Bad Wildbad/Neuweiler. Ein Missverständnis habe zu der ihm im 650. Jubiläumsjahr des Attentats auf den Grafen Eberhard selbstverständlichen Annahme geführt, dass es sich nur um einen Streifen handeln könne, der das historische Ereignis nachstellt. Der SWV hatte das Kino samt vereinbarter Vorstellung gemietet. Nach einem Spaziergang durch den Kurpark sahen die Besucher aus dem Oberen Wald zusammen mit ihren Wanderkameraden aus Altensteig-Wart und weiteren Zuschauern vor allem aus Calmbach zunächst einen Stummfilm.

Es handelte sich um eine kunstvoll musikalisch unterstrichene Liebesgeschichte, die durchaus auch stellenweise turbulente Szenen aufwies. Der gleiche Film war im KiWi zu sehen.

Bilder und Einrichtungen aus der Zeit um 1928 in der Bäderstadt beeindruckten. Damit die Handlung gut verfolgt werden kann, hatten die frühen Filmemacher durch erklärende Textabschnitte – teils durch eingeblendeten Briefwechsel – für die Zuschauer aufgehellt, was nun einmal in einem Stummfilm nicht zu hören ist.

Die meisten Calmbacher Besucher hatte wohl vor allem der folgende Farbfilm "Sommer in Calmbach" aus der Zeit Anfang der 1960er-Jahre gelockt. Denn allerhand war in dem Streifen auch über die Firma Gauthier zu erfahren. Bei dieser hat, wie viele Pendler aus der ganzen Umgebung, auch Reinhold Ölschläger aus Neuweiler Jahrzehnte seines Arbeitslebens verbracht.

"Der Lehrlingsausbilder war der Vater von Fritz Eitel", konnte er einen Arbeitskollegen aus alten Zeiten erkennen. Außer dem Vater des langjährigen späteren Bad Wildbader Bürgermeister-Stellvertreters begegnete dem über 80-Jährigen zwar kein namentlich Bekannter mehr, aber es war ihm noch das eine oder andere Gesicht vertraut.

200 Einzelteile

"Das größte Foto-Verschlusswerk der Erde", wie der Kommentator im Film berichtete, hatte damals 2500 Mitarbeiter. Zu sehen waren die seit 1902 aufgebauten Abteilungen. Sage und schreibe 200 Einzelteile, die um die Linse eines Fotoverschlusses benötigt wurden, stellte man her.

Im Versand wurde gerade eine große Kiste mit einer Lieferung nach Sydney reisefertig gemacht. Ein Blick wurde in Lehrwerkstätte, Werksküche und Kantine geworfen. Auch die Kreuzung am Rathaus nach Arbeitsende war zu sehen. Viele VW-Käfer und noch mehr Fußgänger strebten dem Feierabend entgegen. Auf der B 294 regelte ein Polizist den Verkehr, der in einer größeren Stadt damals kaum stärker war. Die Fünftälergemeinde wurde ebenso als Ziel für Touristen oder Kunden des Einzelhandels wie für Kinofreunde mit den einstigen "Enztal-Lichtspielen" präsentiert.

Einen riesigen Besucheransturm gab es beim langen Umzug aus Anlass des 100-jährigen Bestehens des Liederkranzes. Kaum kürzer war der Kinderumzug mit bunt gekleideten Liedthemen-Gruppen am nächsten Tag. Ein Hochzeitszug durch den Ort, Trachtentänzer, eine Feuerwehrübung, Aufnahmen vom Fußball, die Arbeit in Sägewerken, das Fußballerheim und die katholische Kirche im Bau, Schul- und Kindergartengeschehen oder Freibadbetriebe zeigten das Leben in einer pulsierende Gemeinde Calmbach mit den vor gut einem halben Jahrhundert dort lebenden Menschen.