Wolfgang Haag, dessen Vater Willy die Gedenktafeln versteckt hatte, Dietmar Haag und . Marina Lahmann (von links) mit der prächtigsten der drei Gedenkplatten zur Erinnerung an Alexander Frederic Dyce. Foto: Bechtle Foto: Schwarzwälder-Bote

Fundstücke kommen dann wieder in Englische Kirche / Wolfgang Haag aus Calmbach macht sich mit Sohn Dietmar auf Suche

Von Götz Bechtle

Bad Wildbad. In diesem Jahr kann die Englische Kirche im Kurpark Bad Wildbad auf ihr 150-jähriges Bestehen blicken. Die Ursache für den Bau eines ausländischen Gotteshauses im Heilbad war die ständig wachsende Zahl englischer Gäste.

Diese weilten meist mit Familie und Bediensteten in Wildbad und ihre sonntäglichen Gottesdienste feierten sie im Conversationssaal des K. Badhotels und in der evangelischen Stadtkirche.

Dass Wildbad in wohlhabenden englischen Kreisen so bekannt war, lag an einem Reiseführer über die Badeorte in Deutschland, welchen der englische Arzt Granville im Jahre 1837/38 herausbrachte. Wildbad musste ihm damals besonders gefallen haben, da er dem Schwarzwaldstädtchen sehr viel Platz widmete. Reiseliteratur war damals in England besonders beliebt, und so kamen in den folgenden Jahrzehnten immer mehr Engländer nach Wildbad.

Sieben Jahrzehnte lang verschollen

Ab 1863 bemühte sich der anglikanische Reverend Ludlow um den Bau einer anglikanischen Kirche in Wildbad – und an ihn wurde in diesen Tagen wieder erinnert, nämlich auf einer sieben Jahrzehnte lang verschollenen Tafel, die im Januar zusammen mit zwei weiteren Gedenktafeln im Rathaus der Stadt übergeben wurden. Der englische Text auf dieser Tafel lautet übersetzt: "Zur Ehre Gottes und zum Gedenken an Hochwürden W. Ludlow, Magister Artium, aus Kirton, und seit 25 Jahren anglikanischer Geistlicher hier. Durch dessen Bemühungen diese Kirche gebaut wurde. Das Altarkreuz und die Kerzenleuchter wurden 1891 geweiht."

Die Kirche trug dann den Namen "Holy Trinity Church" – Kirche zur Heiligen Dreifaltigkeit. Eine weitere sehr schön gestaltete Gedenktafel erinnert an den anglikanischen Geistlichen Alexander Frederick Dyce, der sozusagen Nachfolger von Ludlow war. In den Sommermonaten weilte Dyce als Pfarrer in Wildbad, den Rest des Jahres im französischen Kurort St. Raphaël und Valescure in Südfrankreich, wo es ebenfalls eine Englische Kirche gab.

Die dritte Tafel dürfte einem Sponsor und Unterstützer beim Bau der Englischen Kirche gewidmet sein, nämlich John Linklater (1817-1870), Gründer einer heute weltbekannten Anwaltsfirma, sowie seiner Ehefrau Georgeanna (1818-1881).

Und woher kamen beziehungsweise wo waren diese drei Gedenktafeln bisher? Wolfgang Haag aus Calmbach erinnerte sich, nachdem er einen Bericht über die Englische Kirche im vergangenen Jahr gelesen hatte, dass sein Vater Willy (1913-1972) aus Nonnenmiss davon erzählt hatte, dass in seiner Scheuer alte Tafeln aus der Englischen Kirche lägen.

Bei der Suche danach fand er zusammen mit seinem in Unterreichenbach wohnenden Sohn Dietmar drei Tafeln mit englischen Texten, die er im vorvergangenen Monat dem Bad Wildbader Bürgermeister Klaus Mack übergab.

Wie diese Tafeln allerdings nach Nonnenmiss kamen, ist nicht bekannt. Vermutlich ordneten nach der Besetzung im April 1945 die französischen Behörden an, alle Arten von Buntmetallen abzuliefern, da in Frankreich durch den Krieg nicht nur sehr viel zerstört wurde, sondern auch große Armut bestand. So waren ja auch in der französischen Zone, zu welcher der Kreis Calw gehörte, alle Autos, Radios, Fotoapparate, Schusswaffen, Ferngläser und andere Artikel abzuliefern. Wahrscheinlich wurden damals (1945) auch die Gedenktafeln abmontiert. Eine zerbrach dabei, jedoch wurden sie nicht abtransportiert oder eingeschmolzen. Ob es die Pietät der französischen Truppen gegenüber den Engländern war? Wer weiß.

Bislang keine Fotos von anno dazumal

Immerhin wurden die Gedenktafeln wahrscheinlich viel später, Willy Haag kam nämlich erst 1947 aus italienischer beziehungsweise amerikanischer Kriegsgefangenschaft zurück, von Willy Haag gefunden und dann versteckt. Jetzt befinden sie sich auf dem Rathaus und warten auf eine Renovierung.

Marina Lahmann, zuständig für Marketing und Archiv, freut sich natürlich über den Fund, weist aber auch gleichzeitig darauf hin, dass die Gedenktafeln von einem Fachmann gereinigt und aufgearbeitet werden müssen. Nach der Renovierung sollen die Gedenktafeln wieder in der Englischen Kirche angebracht werden.

Wo sie früher befestigt waren, ist unbekannt. Leider wurden bisher auch keine alten Fotos von damals gefunden, die den Innenraum der Englischen Kirche zeigen, sodass man etwa feststellen könnte, in welchem Kirchenbereich sie angebracht waren.