Willi Gohl (rechts) und Wolf P. Henning im Königlichen Kurtheater bei der Lesung über das literarische Werk von Theodor Fontane. Foto: Bechtle Foto: Schwarzwälder-Bote

Zuhörer bekommen im Königlichen Kurtheater Zugang zum Leben sowie Schaffen Theodor Fontanes

Von Götz Bechtle

Bad Wildbad. Nicht durch den Wildbader Kurpark, sondern durch das Werk des Schriftstellers Theodor Fontane führte in einer Benefizveranstaltung für den Förderverein Kurtheater ein literarischer Spaziergang am Freitagabend im Königlichen Kurtheater.

Fontanes bekannteste Balladen sind sicher "Die Brück‘ am Tay", "Gorm Grymme" oder "John Maynard". Aber damit wird der Schriftsteller zu einseitig interpretiert, denn er war mehr ein Literat des Realismus. Dies zeigt sich daran, dass sein Schaffen sehr vielseitig war. Er war Kriegsberichterstatter, Journalist, Theaterkritiker, Dichter, Romancier, Reisender und ein durchaus sozial engagierter Mensch, der in seinen literarischen Werken auch die Schattenseiten des Lebens seiner Zeit darstellte.

Willi Gohl ist Fontane-Kenner. Er hat selbst alle Orte und Länder, in denen Fontane war und lebte, ebenfalls kennen gelernt, um dessen Schaffen besser nachempfinden zu können. Kurz gesagt: Gohl ist ein Fan des in Neuruppin geborenen Schriftstellers. Dies stellten auch die Besucher im Königlichen Kurtheater fest, die dadurch einen intensiveren Zugang zu Leben und Werk des Schriftstellers bekamen.

Fontane, der eigentlich ausgebildeter Apotheker war, diesen Beruf jedoch nur kurz ausübte, hatte eine ausgeprägte Liebe für Schottland. So nahm er den Einsturz der Eisenbahnbrücke am Firth of Forth über den Tay bei einem schweren Sturm Ende Dezember 1879 zum Anlass, bereits im Januar des folgenden Jahres dies in seiner Ballade "Die Brück‘ am Tay" literarisch und dichterisch zu verarbeiten.

Fontanes Aphorismen, viel zu wenig bekannt, sprach Gohl im Wechsel mit Wolf P. Henning, der diesen Literaturabend organisiert hatte. Dass Fontane auch ein Genießer war, erfuhr man durch seine Geschichten "Berliner Landparty" und "Die Leber ist von einem Hechte."

Erst spät begann Fontane Romane zu schreiben. In "Der Stechlin" geht er auf das Leben der Menschen unter der Herrschaft des Freiherrn von Stechlin ein und stellt das schwierige Leben der ländlichen Bevölkerung in jener Zeit durchaus kritisch dar.

Bereits 1862 entstanden seine "Wanderungen durch die Mark Brandenburg", in denen er die Spreewälder beschreibt und die Existenzprobleme der Tagelöhner. Durchaus ins Heute übertragbar ist "Die Alten und die Jungen", ebenfalls Lyrik in Reinkultur.

Die ganze Weite von Fontanes literarischem Schaffen wurde in dieser mit viel Beifall bedachten Lesung erkennbar. Der Schriftsteller selbst hat einmal gesagt: "Ich hasse die Annahme, dass der Mensch alles kann. Aber manches kann er schon!"